Guten Abend, Gute Nacht

weitläufige alte Ranch auf einem viel zu kleinen Grundstück. Die Hecke war kümmerlich, der Rasen, schlecht gemäht, hatte große braune Flecken. In der Auffahrt stand ein relativ neuer Cadillac. Als ich zum Haus hinaufging, bemerkte ich allerdings, daß der linke vordere Kotflügel des Caddy eingedrückt war. Außerdem zogen sich ein paar tiefe Kratzer von der Fahrertür bis fast zum hinteren Kotflügel.
    Ich klingelte. Keine Reaktion.
    Ich klingelte wieder. Aus dem Inneren des Hauses eine Männerstimme: »Oooo-kay, ooo-kay. Ich komme, ich komme.«
    Der Mann in der Tür hielt ein Longdrink-Glas in der Hand, das zur Hälfte mit einer klaren Flüssigkeit gefüllt war. Er war Anfang vierzig und mittelgroß, hatte einen Spitzbauch, trug ein Golfhemd und Bermuda-Shorts. Sein Gesicht war schmal und gerötet, seine immer noch vollen schwarzen Haare zuviel für das Gesicht, das sie einrahmten.
    »Mr. Ramelli?«
    »Ich wähle nicht, ich kaufe nichts, und ich gebe nichts, nicht mal im Büro.«
    Es klang einstudiert, also lachte ich. Er lachte auch.
    »Mein Name ist John Cuddy, Mr. Ramelli. Ich untersuche den Mord an Jennifer Creasy. Ich würde Ihnen gern ein paar Fragen stellen.«
    Er schwankte zurück, hielt mir aber die Fliegentür auf. »Alles klar, kommen Sie rein. Die Sox sind gerade in der Kiste, unten.«
    Wir stiegen in einen Keller hinab, der, anders als bei Linden, im wesentlichen Bar, ein wenig Arbeitszimmer und keine Turnhalle war. Ein Projektionsfernseher mit einer Bildschirmdiagonale von einem Meter zwanzig stand in einer Ecke. Jim Rice holte gerade mit dem Schläger aus. Die Decke hatte Wasserflecken, und der Schimmelgeruch wurde nur unzureichend von einem Luftverbesserer mit Kiefernnadelduft überdeckt.
    Er ging hinter die Theke. »Was trinken Sie?«
    Nicht »Hätten Sie gern einen Drink?« Der verbeulte Wagen, der Teint in der Farbe eines Sonnenaufganges und die geöffnete Flasche Wodka auf der Theke malten ein ziemlich vollständiges Bild.
    »Einen Screwdriver?«
    »Klar.« Er machte den Kühlschrank auf. »Scheiße, sie hat schon wieder den O-Saft vergessen. Wie wär’s mit einem Wodka-Tonic?«
    »Fein.«
    Er mixte ihn schnell und stark. Keine Limone. Er füllte sein Glas nach. Eine gute Ladung. Pur.
    Er kam hinter der Theke hervor, drückte mir den Drink in die Hand. »Setzen Sie sich, setzen Sie sich doch.« Er deutete auf den Fernseher. »Ein Doppelspiel, für den Ausfall von neulich wegen Regen. Schon drei zu eins für Oakland.«
    Ich schaute zu, wie Rice im Fenway Park Stadium den nächsten Wurf in das linke Außenfeld pfefferte. Der Ball prallte auf halber Höhe ins Netz. Vor ihm stand niemand auf einem Mal.
    »Himmel, das ist ein Mordskerl, was? Aber auch wenn sie acht Burschen von seiner Sorte hätten, würden sie immer noch jedes Spiel zehn zu neun verlieren. Die können einfach nicht werfen. Konnten sie noch nie.«
    Ich erinnerte mich an Lonborg und Radatz und ein halbes Dutzend andere, sagte aber nur: »Soweit ich weiß, waren sie an dem Abend, als Jennifer Creasy erschossen wurde, bei Marek?«
    »>Soweit Sie wissen?< Sind Sie kein Cop aus Calem?«
    »Nein, bin ich nicht.«
    »Von welchem Revier sind Sie dann? Von hier jedenfalls nicht.«
    »Nein, überhaupt nicht von der Polizei. Ich bin Privatdetektiv.« Ich kramte meinen Ausweis raus. Er musterte ihn aus verschiedenen Blickwinkeln, gab ihn dann zurück.
    »Für wen arbeiten Sie?«
    »Willa Daniels, Williams Mutter.«
    »Huuh, dann sind Sie aber besser so was wie Magnum, Kumpel. Die haben Daniels so am Wickel, nicht mal Houdini würde ihn da wieder rauskriegen.« Er nahm einen Schluck aus seinem Glas, als wäre es Limonade. »Armer Sack.«
    »Kannten Sie William gut?«
    »Nur durch die Gruppe«, sagte Ramelli. Beim Antworten verfolgte er aber weiter das Spiel. »Komm schon, Tony. Einmal daneben, einmal daneben.«
    »Was halten Sie von ihm?«
    »Was ich von ihm halte? Scheiße, das war total daneben. Schieri, das war total daneben! Was ich von ihm halte? Tja, ich fand, er war ein anständiger Junge, der bis über beide Ohren in einer Sache steckte, die eine Nummer zu groß für ihn war.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Also« — er trank — »hier ist er, ein Junge, der in seinem eigenen Element, auf der U Mass, wahrscheinlich unter den besten Zehn gewesen wäre, Sie verstehen, was ich meine, ja, und statt dessen kommt er hier raus, und sehen Sie nur.« Ramelli spreizte die Hände, verschüttete dabei etwas von seinem Stoff. Er nahm das Glas in