Guten Abend, Gute Nacht
sicher bist, daß er es getan hat, wieso fragst du mich dann?
»Weil ich nicht sicher bin, und das ist es, was mir keine Ruhe läßt. Der junge Verliebte macht sein Geständnis unter Hypnose. Der Psychiater, der die Hypnose durchführt, erinnert sich, das Licht gedimmt und wieder heller gedreht zu haben, hat aber vergessen, die Videokamera einzuschalten. Ein Patient war früher mal Detektiv, hat eine Menge Bücher über Hypnose gelesen und vergewissert sich nicht mal, ob ein Revolver geladen ist. Ein weiterer Patient ist Alkoholiker. Von daher geben seine Wahrnehmungen Anlaß zu Zweifeln. Die Frau dieses Alkoholikers und ein weiterer Patient amüsieren sich in einer Bar für in die Jahre gekommene Singles. Dazu kommen dann noch ein College-Student und ein Cop, beides Ex-Freun-de des toten Mädchens.«
Ich sehe nicht ganz, was du damit sagen willst.
»Ich will damit sagen, daß es eine Menge loser Enden gibt, von denen einige wahrscheinlich reiner Zufall sind, aber alle zusammengenommen erscheinen doch sehr unwahrscheinlich.«
Was wiederum bedeutet, daß jemand lügt?
»Nicht, daß ich es erkennen könnte.«
Einen Augenblick lang war es still. Der Hafen unter uns war genauso bar aller Aktivität wie ich aller Einfälle. Dann kam eine Maschine der Eastern mit ohrenbetäubendem Lärm niedrig über den Berg und drehte zum Logan Airport auf der anderen Seite des Hafens ab.
Im Grunde, sagte sie, macht es dir zu schaffen, daß vielleicht jemand anderer das Mädchen umgebracht haben könnte.
»Im Grunde, ja.«
Also, wenn du bei William in einer Sackgasse steckst, vielleicht solltest du mit diesem unbekannten Anderen weitermachen. Wenn du nicht beweisen kannst, daß William es nicht getan hat , vielleicht kannst du dann beweisen, daß jemand anderes es getan hat.
»Ja, vielleicht.«
ZWÖLF
Um Viertel nach zwei fuhr ich auf den Goreham-Campus. Ich parkte auf einer für den Lehrkörper reservierten Stellfläche, und mir fiel auf, wie leer das Gelände war. Dann erinnerte ich mich an die Bemerkung des Zimmergenossen über die Examenszeit.
Ich fand McCattys Wohnheim. Ein Junge mit einem alten QUEBEC LIBRE-T-Shirt, der aussah, als wäre er gerade erst aufgestanden, sagte mir, daß McCatty auf der obersten Etage wohnte, »in der Ecke« — und zeigte in eine Richtung.
Ich ging die Treppe hinauf. Die Tür in der Ecke war geschlossen. Ich klopfte an. Keine Antwort. Ich versuchte den Türknauf, und er ließ sich mühelos drehen.
Die beiden Jungs in dem Zimmer lagen angezogen auf ihren Betten, jeder mit einer glimmenden Marihuana-Zigarette in der Hand. Beide hatten Walkman-Kopfhörer auf, die Augen geschlossen. Kabel liefen zu einem zwischen ihnen auf dem Boden stehenden Recorder. Ich klopfte lauter an die offene Tür, doch keiner nahm mich zur Kenntnis.
Ich ging hinein, setzte mich auf einen der Schreibtischstühle und beobachtete sie ein paar Minuten. Der Marihuana-Geruch war intensiv und süßlich. Abgesehen von Ziehen, Luft Anhalten und Ausatmen keine sichtbare Aktivität. Der eine war kleiner, pummelig, trug Jeans und ein Pat Benatar-Muscleshirt. Der andere trug Shorts und ein Ralph Lauren-Polohemd. Polo hatte Fußballerbeine und sah nach Geld aus. Ich wettete mit mir selbst, daß Polo McCatty war und der Tentakel-Blaster ihm gehörte.
Ich wollte schon rübergehen, als das kleine Gerät auf dem Boden klickte.
Polo fluchte und sagte laut: »Joey, dreh um.«
Pummelchen setzte sich auf und hätte mich beinahe nicht gesehen, als er mich doch noch bemerkte, zuckte er erschreckt zusammen. »Wer sind Sie denn?« sagte er, schob den Kopfhörer zurück, so daß er ihm um den Hals hing.
»John Cuddy. Ich habe schon mal angerufen. Ich möchte mit Ihrem Freund sprechen.«
Polo fluchte wieder und stützte sich auf einem Ellbogen hoch. »Joey, was, verdammt noch mal...« Dann sah er mich. »Wer sind Sie denn?«
»John Cuddy. Ich untersuche eine Sache, bei der Sie mir möglicherweise helfen könnten.«
McCatty ließ sich aufs Bett zurücksinken und schloß die Augen. »Hab jetzt keine Zeit. Ich habe morgen ein Examen. Kommen Sie im September wieder.« Er hustete. »Joey, dreh die Scheißkassette um, okay?«
Joey beugte sich zu dem Recorder hinunter, hielt seinen Blick aber weiter auf mich gerichtet. Ich schüttelte sehr langsam, ja, melodramatisch den Kopf. Joey hielt inne, schluckte. Ich deutete mit dem Daumen zur Tür und formte mit den Lippen: »Sofort!«
Joey warf McCatty einen kurzen Blick zu. Ich
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