Guten Abend, Gute Nacht
ein bißchen Angst eingejagt, damit er von hier verschwindet. Der Kerl hat genervt. Hat versucht, uns in den Arsch zu kriechen, als er hier aufgekreuzt ist. So hat er auch Jennifer kennengelernt. Hier, in diesem Zimmer. Er hat Musik gehört und ist einfach reingekommen. Echt!«
»Ach, sieh mal einer an.«
»Ich hab ihm gesagt, er soll Leine ziehen. Er hat mich mit diesem hinterhältigen Blick angeglotzt, ist aber gegangen. Moon... Er ist gegangen, aber nein, sie mußte ihm natürlich hinterher. Scharf, wie die auf jeden Kerl war. Um sich zu entschuldigen. So hat’s mit den beiden angefangen. Sie hat sich für mich entschuldigt.«
»Haben Sie eine neue Freundin?«
Er wollte mich schon wieder mit diesem streitlustigen Blick anfunkeln, überlegte es sich dann jedoch anders. »Nein, habe ich nicht.«
Ich kam bis zu »Wo waren Sie an dem Abend...«, als ein kräftiger Arm von hinten unter meiner Achsel durchgriff und sich eine Hand brutal auf meinen Nacken legte, meinen Kopf in einem Nelson nach unten und meine Schulter nach oben drückte. Der Arm war schlüpfrig und roch nach Schweiß. »Moon... war in... der Turnhalle«, hörte ich Joeys Stimme. »Ich mußte... rennen.« Er war außer Atem.
In McCattys Stimme lag jetzt ein zufriedener, aalglatter Unterton. »Moon ist Ringer, du Arschloch. Schwergewicht.« Moon sagte nichts. Ich ließ ihm das Gefühl, mich sicher im Griff zu haben, wartete, daß er sich bewegte, um mich auf die Knie zu drücken. Dann hob ich den rechten Fuß und ließ ihn dicht unterhalb seines Knies mit aller Gewalt runterkrachen, benutzte die Außenkante meines Absatzes, um über sein Schienbein bis zum Spann zu schrammen, auf den ich fest trat.
Moon löste seinen Griff sofort und umklammerte sein Schienbein. Ohne mich umzudrehen, riß ich den linken Ellbogen auf seine linke Wange hoch, setzte schnell mit dem rechten Ellbogen auf die rechte Wange nach. Der erste Schlag ließ ihn schwanken, der zweite brachte ihn zu Boden.
»Das ist nicht fair...«, keuchte Moon. Er war stämmig und stark behaart, ein Bärenfell-Bettvorleger in Turnhose. »Du kannst doch nicht... das ist gegen die Regeln.«
McCatty starrte mich ungläubig an. Weder er noch Joey sagten ein Wort.
»Der Abend, an dem sie ermordet wurde«, sagte ich. »Wo waren Sie da?«
»Hier«, sagte McCatty, und dann noch mal: »Hier. In diesem Zimmer. Habe mich auf meine Abschlußprüfung vorbereitet. «
»Stimmt«, sagte Joey. »Wir waren zusammen hier. Seit dem Abendessen.«
»Joey«, sagte ich, sah immer noch McCatty an, »von wem reden wir hier?«
»Jennifer, stimmt’s? Jennifer Creasy? Wen kennen wir sonst, der ermordet worden ist?«
Das Alibi, und wichtiger noch, Joeys Stimme, klang aufrichtig. Ich machte einen Schritt über Moon hinweg, vorbei an Joey und ging.
DREIZEHN
Ich stieg in meinen Wagen und fuhr Richtung Calem. Ich fand das Haus der Creasys, neu und modern, aber auf einem alten Farmgrundstück gelegen. Obstgarten, kleiner Teich, die Ecke eines Stalles verdeckt hinter Bäumen. Teures Land, aber eine Beverly Hills-Villa völlig fehl am Platz, fallengelassen ins ländliche Vermont.
Die Auffahrt machte einen Bogen, weit und breit waren keine Wagen zu sehen. Ich parkte und ging zur Haustür. Der große Messingklopfer, ein Löwenkopf, war schwer und fiel mit dem Geräusch eines Schmiedehammers.
Eine zierliche Frau in der typischen Uniform einer Hausangestellten öffnete die Tür. Mit leichtem spanischen Akzent ließ sie mich wissen, daß Mrs. Creasy, bitte, niemanden empfinge. Ich nahm eine Visitenkarte und schrieb auf die Rückseite: »Bitte sprechen Sie mit mir, Jennifer zuliebe.« Widerwillig nahm das Dienstmädchen die Karte und schloß die Tür.
Ich wartete fünf Minuten. Die Haustür wurde wieder geöffnet. Das Mädchen bat mich herein, Mrs. Creasy würde mich in der Bibliothek empfangen, bitte.
Die Eingangshalle war groß. Das Haus besaß mehrere, versetzt ineinander übergehende Etagen, die jeweils durch ein halbes Dutzend Stufen voneinander getrennt waren. Ich wurde zwei Ebenen in ein etwa neun mal neun großes Zimmer geführt: Einbauregale aus Teakholz und eine geschmackvolle, schwere Ledergarnitur. Eine streng wirkende Frau, vielleicht Anfang vierzig, erhob sich. Sie war schrecklich dünn; hohe Wangenknochen markant in ihrem verhärmten Gesicht. In der rechten Hand hielt sie meine Karte, die sie der Länge nach mit den Fingern zusammendrückte.
»Mr. Cuddy, bitte, nehmen Sie Platz. Ich bin
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