Guten Morgen, meine Schoene
einsam werden.«
Er wandte sich von ihr ab, ging zum Fenster und sah hinaus.
»Verdammt einsam!«
Sarah stand an ihrem Schlafzimmerfenster und sah blicklos in die dunkle Nacht. Wehmütig rief sie sich noch einmal in Erinnerung, wie sie sich gefühlt hatte, als sie in Jeds Armen lag und sie sich küssten. Für wenige Augenbli-cke waren alle Ängste und Sorgen vergessen gewesen, und sie hatte nichts als reines Glück empfunden.
Sie liebte diesen Mann so sehr, aber er durfte es nie erfahren.
Oh, natürlich war ihm nicht entgangen, dass sie sich sexuell zu ihm hingezogen fühlte. Aber er ahnte nicht, wie verzweifelt sie sich wünschte, hier bei ihm in Morgan’s Hope bleiben zu können.
Und doch konnte ihr Zusammensein jeden Tag enden.
In wenigen Tagen würde die Straße repariert werden, und dann hieß es für sie, Vicky und Jamie und ihre wenigen Habseligkeiten in den Kombi zu packen und diesen para-diesischen Flecken Erde zu verlassen.
Sie öffnete das Fenster und atmete in tiefen Zügen die klare Nachtluft ein. Im Wald hörte sie eine Eule rufen. Es war ein klagender, einsamer Schrei, der nur allzu gut zu ihrer eigenen verzweifelten Lage passte.
Von jetzt ab werde ich in jeder Beziehung Distanz zu Jed wahren, nahm sie sich vor. Sie durfte sich nicht noch tiefer in Gefühle verstricken, die keine Zukunft hatten. Und auch für Jed war es so besser, denn je näher sie sich kamen, desto enttäuschter würde er sein, wenn er die Wahrheit erfuhr.
Jed stand an der Tür seines Arbeitszimmers und beobachtete Sarah, die seine Anwesenheit noch nicht bemerkt hatte.
Drei Tage waren seit dem leidenschaftlichen Intermezzo in der Küche vergangen, und seit drei Tagen behandelte sie ihn so unpersönlich wie ein Möbelstück. Nein, noch schlimmer, denn momentan polierte sie ja seinen Maha-gonischreibtisch mit einer Hingabe, von der er nur träumen konnte.
»Sarah…«
Sie wirbelte herum. »Jed. Ich habe dich gar nicht kommen hören. Wie war der Spaziergang mit den Kindern?«
Sie sah zauberhaft aus in der grünen Bluse und den schwarzen Jeans, und ihr Haar schimmerte golden im von der Sonne durchfluteten Zimmer. Jed musste sich beherr-schen, um sie nicht einfach in die Arme zu nehmen und…
Nein, daran wollte er lieber nicht denken. Waren alle Frauen während der Schwangerschaft so wunderschön, oder war er nicht ganz normal?
»Findest du nicht, dass du ein wenig übertreibst?« sagte er, obwohl er ihr viel lieber ein Kompliment gemacht hät-te.
»Nein, ich fühle mich blendend!« Sie schüttelte das gelbe Tuch aus. Im Strahl der Sonne konnte man die flirrenden Staubkörnchen sehen. »Ich bin richtig energiegeladen!«
»Warum bist du dann nicht mit uns spazieren gegangen, sondern hast behauptet, müde zu sein?«
Sie wurde rot. »Ich, nun ja… ich wollte…« Ganz offensichtlich wusste sie nicht weiter.
»Du wolltest allein sein«, beendete er den Satz mit leiser Ironie. »Oder vielmehr, du wolltest nicht mit mir zusammen sein, stimmt’s?«
Ruhig erwiderte sie seinen Blick. »Nein, das stimmt nicht.«
Er ließ sich jedoch nicht beirren. »Der Kuss ist daran schuld, habe ich Recht?«
Sie sah aus, als wollte sie am liebsten aus dem Zimmer flüchten, blieb aber tapfer stehen. »Er war… ein Fehler.«
Sie sprach so leise, dass sie kaum noch zu verstehen war.
»Ein Fehler, den ich nicht wiederholen möchte.«
»Wäre es nicht ehrlicher gewesen, das vorher zu sagen?«
»Vielleicht ehrlicher«, sie senkte den Blick, »aber auch schwieriger.«
»Ja. Es ist sicher nicht einfach für eine Frau, einem Mann zu sagen, dass ihr seine Küsse zuwider sind.«
Entsetzt sah sie ihn an. »Das stimmt nicht!« Zu spät merkte sie, dass sie ihm in die Falle gegangen war. Ihre Wangen färbten sich glutrot.
»Ertappt!« Jed lachte leise. Er ging zu ihr hin, nahm ihr den Staublappen aus der Hand und warf ihn auf den Schreibtisch.
»Da wir nun geklärt haben, dass ich dich nicht abstoße, würde ich gern wissen, was an ein paar Küssen so schlimm ist.«
Sie räusperte sich. »Küsse können zu… mehr führen.«
»Sarah, ich bin doch kein Tier! Um Himmels willen, du bist im neunten Monat schwanger!«
»Darum… geht es nicht.« Sie stieß einen Seufzer aus, der aus tiefster Seele zu kommen schien. »Ich meinte… Ge-fühle.«
Was für unglaublich lange Wimpern sie hat! dachte Jed bewundernd, als sie nun erneut den Blick senkte. Und wie zart und seidig ihre Haut war! Er ballte die Hände zu Fäusten, um sich davon abzuhalten,
Weitere Kostenlose Bücher