Guten Morgen, meine Schoene
sie sind nach draußen gegangen?« Sarah sprang vom Bett auf.
Auch Jed erhob sich. Er legte den Arm um sie, als sie leicht schwankte. Die Leidenschaft, die sie soeben noch verspürt hatte, war jäh in Angst umgeschlagen. Auch Jed fühlte sich unversehens ernüchtert.
»Max wollte raus, und da ist Vicky mit ihm gegangen«, erzählte Jamie mit finsterer Miene. »Aber ich durfte nicht mit.«
»Wahrscheinlich steht sie vor der Tür und wartet auf den Hund«, meinte Sarah und eilte nach draußen. Doch weder von ihrer Tochter noch von Max war weit und breit etwas zu sehen.
»Vielleicht sind die beiden schon zum Haus zurückgekehrt«, sagte Jed, der Sarah gefolgt war. »Am besten sehen wir gleich nach.«
Im Haus waren die beiden leider auch nirgendwo zu finden.
Jed und Sarah durchkämmten das ganze Anwesen nach Vicky, aber sowohl sie als auch Max waren spurlos verschwunden.
»Wo kann sie nur hin sein?« wandte Sarah sich ratlos an Jed, als sie ihre vergebliche Suche vor dem Hauseingang beendeten.
»Glaubst du, sie ist Max in den Wald gefolgt?«
»Möglich wäre es.«
Sarahs Verzweiflung wuchs.
Jed, der Jamie auf den Schultern trug, setzte den Kleinen ab.
»Geh du mit Jamie ins Haus, Sarah. Ich werde Vicky suchen.«
»Ich komme mit!«
»Nein, du würdest mich nur aufhalten.« Sein Ton war sanft.
»Allein komme ich schneller voran.«
Sie musste einsehen, dass er Recht hatte. »Na gut. Aber es ist nicht leicht, untätig herumzusitzen.«
Er legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie beruhigend an sich. »Wir werden schneller zurück sein, als du denkst.«
Doch es war schon dunkel, und Jamie lag bereits im Bett, als Jed zurückkehrte.
Sarah, die abwechselnd am Fenster stand oder ruhelos im Wohnzimmer auf und ab ging, entdeckte ihn, als er vom Lichtkegel der Eingangslampe erfasst wurde. Er strebte mit kraftvollen Schritten auf die Haustür zu und trug eine leblose Gestalt auf den Armen. Es war Vicky.
8. KAPITEL
Jed hatte Sarah am Fenster bemerkt, als er die Ein-gangsstufen hinaufging.
Sie kam ihm nun in der Halle entgegen, schwankte dann aber plötzlich und stützte sich mit der Hand an der Wand ab. Er konnte nur zu gut nachempfinden, wie ihr zu Mute sein musste, und bewunderte, wie schnell sie sich wieder fing, die Schultern straffte und auf ihn zueilte.
»Was ist mit ihr passiert?« fragte sie besorgt und wurde aschfahl, als sie Vickys tränenverschmiertes Gesicht und ihre geschlossenen Augen sah.
»Beruhige dich, Sarah, es geht ihr gut.« Jed trat zur Seite, um Max ins Haus zu lassen, der hinter ihm hergehum-pelt war. »Sie ist nicht unterkühlt und hat sich auch nicht erkältet.«
»Dem Himmel sei Dank!«
»Sie ist nur müde und schläft schon halb.« Jed stieß mit der Hüfte die Haustür zu.
»Wo hast du sie gefunden?«
Vicky schlug die Augen auf. »Ich bin in ein Loch gefallen.
Max wollte mir heraushelfen, ist aber ausgerutscht und hat sich das Bein unter einer Baumwurzel eingeklemmt.
Er ist verletzt, und ich bin daran schuld.« Die letzten Worte wurden von Schluchzen begleitet.
»Sein Bein wird schnell heilen«, tröstete Sarah ihre Tochter und umarmte sie. »Und dir ist zum Glück auch nichts passiert.
Nur gut, dass du deinen Anorak anhattest…«
»Und dass es in dem Loch trocken war«, fügte Jed hinzu.
»Aber ein wenig Wärme kann jetzt nicht schaden. Würdest du ihr oben eine Decke holen?«
»Sofort.« Sarah strich ihrer Tochter zärtlich über das zerzauste Haar, ehe sie zur Treppe eilte.
Jed trug Vicky ins behaglich warme Wohnzimmer. Max kroch sofort auf den Ofen zu, drehte sich einige Male unbeholfen im Kreis, ehe er sich niederließ, und begann, sich das verletzte Bein zu lecken. Es war nicht gebrochen, davon hatte Jed sich gleich überzeugt, nachdem er ihn befreit hatte.
Mit Vicky auf den Armen ließ Jed sich auf einem Polstersessel nieder. Er war ungeheuer erleichtert, dass alles so glimpflich ausgegangen war. Obwohl er das kleine Mädchen erst wenige Tage kannte, liebte er es bereits wie eine eigene Tochter und hätte es sich nie verziehen, wenn Vicky etwas zugestoßen wäre.
Sarah spürte einen Kloß im Hals, als sie von der Tür aus beobachtete, wie liebevoll Jed ihre Tochter ansah. Er liebte das Kind, daran bestand kein Zweifel. Und auch Vicky schien ihren Onkel schon jetzt förmlich anzubeten.
Beide ahnten noch nichts von dem Kummer einer baldi-gen Trennung.
Als Jed vorhin mit Vicky auf den Armen zurückgekommen war, erschien er Sarah als Verkörperung des
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