Guten Morgen, meine Schoene
Sarah zu berühren.
»Sprichst du etwa von… Liebe?«
»Davon kann keine Rede sein!« widersprach sie schnell und schien Schwierigkeiten mit dem Atmen zu haben, so gepresst klang ihre Stimme. »Ich habe nur gesagt…«
»Sarah, sprechen wir es doch offen aus. Wir mögen uns und fühlen uns zueinander hingezogen. Es ist durchaus möglich, dass wir uns ineinander verlieben. Und falls nicht, werden wir eben gute Freunde bleiben.«
»So einfach ist das nicht.«
»Weil du noch immer meinen Bruder liebst?«
»Ich habe dir bereits gesagt, dass es nicht so ist.«
»Wo liegt dann das Problem?«
Sie drehte an ihrem Ehering. Sicher unbewusst, wie Jed vermutete. »Einer von uns beiden könnte verletzt werden.«
»Das Risiko nehme ich gern auf mich. Du nicht?«
»Du weißt doch so gut wie nichts von mir«, antwortete sie ihm ausweichend. »Irgendwann funktioniert dein Ge-dächtnis wieder und…« Sie schluckte und redete rasch weiter, als wollte sie es hinter sich bringen. »Vielleicht willst du mich dann gar nicht mehr um dich haben.«
Er fasste nach ihren Händen, um sie abzuhalten, nervös am Ehering herumzudrehen. »Sarah, wir sind doch Freunde geworden und kommen prima miteinander aus. Zumindest, solange du mich nicht wie einen Aussätzigen behan-delst, wie du das momentan tust.«
»Tut mir Leid!« Sie verzog das Gesicht. »Ja, wir kommen gut miteinander aus.«
»Dann lass uns doch weiterhin Freunde bleiben und abwarten, was sich daraus entwickelt. Ich verspreche dir, von jetzt ab keinen Annäherungsversuch mehr zu machen.
Falls du jedoch den unwiderstehlichen Drang verspürst, mich küssen zu wollen«, er lachte ein wenig unverschämt, »werde ich mich nicht wehren, sondern kooperieren. Abgemacht?«
Sie schien mit sich zu kämpfen, doch letztendlich nickte sie lächelnd. »Abgemacht.«
Jed störte nur, dass ihr Lächeln nicht ganz echt wirkte.
Aber wenn du verletzt wirst, dann gib bitte nicht mir die Schuld.
Das hatte Sarah gedacht, aber nicht ausgesprochen, als sie sich mit Jeds Vorschlag einverstanden erklärte. Ihr war keine andere Wahl geblieben, da sie sich ja wohl kaum hatte weigern können, weiterhin mit ihm befreundet zu bleiben.
Abgesehen davon, lief es ja auch gar nicht so schlecht, wie sie sich nun eingestand. Auf dem gemeinsamen Spaziergang mit den Rindern und Max, von dem sie soeben zurückgekehrt waren, hatte Jed versucht, sich an die Ab-machung zu halten. Er hatte sie freundschaftlich an der Hand genommen, als sie bergabwärts gewandert waren, damit sie auf der streckenweise noch matschigen Straße nicht ausrutschte.
Alles war gut gegangen, bis sie zu der Stelle kamen, an der die Schlammlawine niedergegangen war. Dort hatten zwei Arbeiter von der anderen Seite aus den Schaden be-gutachtet.
»Gleich morgen früh beginnen wir mit den Aufräumarbei-ten«, beantwortete einer der Männer Jeds laut gerufene Frage. »Am Freitag sind wir schätzungsweise fertig.«
Sarah hatte es einen Stich ins Herz gegeben. Nur noch drei Tage, bis sie zum letzten Mal hier herunterfahren würde.
»Drei Tage«, sagte Jed auf dem Rückweg leise zu ihr, und sein Griff wurde fester. »Ich hatte gedacht… gehofft…
wir hätten noch etwas mehr Zeit.«
»Zeit wofür?«
»Um uns näher zu kommen«, antwortete er. »Bevor du abreist, möchte ich dir noch etwas Geld geben.«
»Nein, Jed. Vielen Dank, aber du hast mir schon genug von deinem Geld geliehen.«
»Ich habe nur die Wettschulden meines Bruders bezahlt.«
»Er war auch mein Mann, und ich werde für seine Schulden aufkommen und dir das Geld eines Tages zurück-zahlen. Für mich selbst würde ich nie Geld von dir nehmen.«
»Verdammt, Sarah, es ist nicht nur für dich, sondern auch für die Kinder!«
»Versuche doch zu verstehen, Jed. Ich will nicht aus-gehalten werden. Was immer du auch sagst, ich werde kein Geld von dir nehmen.« Und da seine Miene immer finsterer wurde, hatte Sarah hinzugefügt: »Keine Angst, Jed, ich bin wie eine Katze und lande immer wieder auf den Füßen.«
Er schien gespürt zu haben, dass sie in diesem Punkt nicht nachgeben würde, da er nicht mehr nachhakte.
Als sie dann beim Haus ankamen, sagte er plötzlich: »Stell dir vor, heute Morgen bin ich im Atelier auf einen Karton mit Briefen, Rechnungen und sonstigem Schrift-kram gestoßen. Vermutlich handelt es sich um die Post der letzten Jahre. Wer weiß, vielleicht finden sich dort Hinweise auf meine Vergangenheit. Es wäre schön, wenn du mir heute Abend beim Durchsehen
Weitere Kostenlose Bücher