Guten Morgen, Tel Aviv
müssen, dass man im August, im Hochsommer, überall hinfahren kann – nur nicht ans Tote Meer. Stattdessen kam er vor wenigen Tagen mit der Idee nach Hause, ein Wochenende im Biankini-Club zu verbringen. Die Internetseite versprach Indien-Flair und Entspannung am Wasser. Als wir schließlich nach kurvenreicher, langer Fahrt auf dem Parkplatz des Ressorts ankamen, stellten wir zu unserer Überraschung fest, dass wir das einzige Auto mit gelbem israelischem Nummernschild waren.
An allen anderen Vehikeln hingen grüne Plaketten. Grün bedeutet unter palästinensischer Autorität. Wir waren offensichtlich im Lieblingshotel von Bewohnern der palästinensischen Autonomiegebiete gelandet. Kein Wunder, liegt das Westjordanland doch nur fünf Kilometer entfernt von hier. Trotz deutlicher Skepsis meines israelischen Begleiters betraten wir, fest entschlossen zu bleiben, das Ressort. In Israel kämpft man ja ständig gegen aufkeimenden Rassismus gegenüber den manchmal sogenannten Feinden an. Ich versuchte also das unwohle Gefühl, als einzige sommerlich gekleidete Frau mit offenen Haaren durch ein Meer von Verhüllten zu laufen, zu unterdrücken. Fünf Minuten später hasteten wir eiligen Schrittes zurück in unser Auto mit gelben Kennzeichen.
Jetzt blieb uns nur noch das Zelt. Es war spät und dunkel. Wir waren über zwei Stunden an den äußersten Zipfel im Norden des Toten Meeres gegurkt und brauchten dringend einen der Zeltplätze, die eher im Süden lagen. Während wir unser Zelt auf dem erstbesten Platz zusammenbauten, dröhnte uns von links arabische und von rechts russische Musik in die Ohren. Auch das Lagerfeuer, vor dem wir so romantisch sitzen wollten, war nicht so einfach zu entfachen, wie wir dachten. Versuchen Sie einmal, im Hochsommer in der Wüste Holz zu finden. Mein Begleiter hätte es wissen müssen. Doch er schaute nur stumm in unsere drei brennenden Stöcke. In der Hand sein Taschenmesser. Er legte es die ganze Nacht nicht aus der Hand. Gott allein weiß, wovor er Angst hatte.
Und dann war die eh schon äußerst unruhige Nacht (ich erinnere: russischer Techno und arabische Popmusik) um fünf Uhr früh vorbei. Die stickige Luft im Zelt unerträglich. Der Sonnenaufgang umso schöner. Wenn das noch geholfen hätte, denn ich war nur müde und angestrengt. Mein Wunderbarster ist normalerweise voller toller Einfälle, wie man so einen Tag in seinem Heimatland retten kann. Es war nicht sein Tag. 20 Minuten später schleppte er mich durch die Wüste auf der Suche nach erfrischenden Quellen, von denen er »irgendwann einmal gehört hatte«. 50 erfolglose Minuten später krochen wir nach Masada. Keine Quellen, dafür noch mehr Hitze. Der Masada-Berg, auf dem einst die berühmte jüdische Festung stand, steht symbolisch für den jüdischen Freiheitswillen. Vor 1938 Jahren starben hier 973 Sikarier den Freitod, um nicht in die Hände der römischen Eroberer zu fallen.
Mich hatte man, so schien es mir, hierhergebracht, um den Hitzetod zu sterben. Immerhin brüteten wir nun noch weitere 300 Meter näher an der Sonne als in unserem Zelt. Es gab keinen Fleck Schatten, nur alte Steine, die Sonne knallte gnadenlos auf unsere Häupter. »Masada darf nie wieder fallen«, proklamieren die jüdischen Streitkräfte gerne. Das Einzige, was hier noch fiel, war mein Blutdruck. Kurz vor dem Sonnenstich ruckelten wir mit der Seilbahn zurück in Richtung Wasser. Ich wollte nur noch ins kühle Nass. Ein bisschen Erfrischung.
Das Tote Meer fühlte sich an wie heißes Öl. Als würde man langsam in eine heiße Bratpfanne gleiten. In meinem Kopf tönten die Stimmen von all den Tote-Meer-Begeisterten. Sie erzählten, wie wahnsinnig erholt sie nach Hause gekommen seien. Die Haut weich wie ein Babypopo. Die Seele wie vom Meeresschlamm gereinigt. Mit dahinsiechender Kraft schleppte ich mich zur Stranddusche. Der Himmel über mir drehte sich bereits. Ich hatte nur noch einen letzten tröstenden Gedanken. Immerhin weiß ich jetzt, warum sie es das Tote Meer nennen.
Olé
Im Sommer passierte etwas Eigenartiges. Ich wurde zur deutschen Fußballexpertin in Israel.
Es ist nicht so, dass ich Fußball wie andere Frauen totalitär ablehne. Außerdem war ich als Kind manchmal mit Vater und Bruder bei Hansa-Rostock-Spielen. Aber das kann ja nun in Israel wirklich kein Argument sein. Denn ehrlich gesagt, habe ich von Fußball ungefähr so viel Ahnung wie vom Fischezüchten. Ich weiß, was möglich ist, aber wenn etwas nicht funktioniert, habe
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