Guter Rat ist leise
wieder zu überprüfen.
Menschliche Unzulänglichkeit – Dein Hund versteht nicht, warum er auf dem Hundeplatz „funktionieren“ muss.
(Foto: Tierfotoagentur.de/M. Häupl)
Hierzu ein Beispiel aus der Praxis:
Irgendwann brachte eine unserer Klientinnen eine Freundin mit. Diese Freundin – Babsi – hatte sich als ersten Hund vom Züchter einen kleinen Tibet Terrier namens Bobby geholt. Babsi hatte sämtliche Hundeschulen und Trainer im Umkreis von etlichen Hunderten von Kilometern „durch“ – ihr „Problem“ mit Bobby wurde schlimmer und schlimmer: Er kam nicht auf Rufen und wenn er dann nach etlichen langen Minuten doch in ihre Richtung kam, blieb er immer mehrere Meter von ihr entfernt und raste davon, sobald sie versuchte, ihn „einzufangen“. Das war entsetzlich, denn Babsi hatte sich so sehr einen Hund gewünscht, der sie bei ihren vielen sportlichen Aktivitäten begleitet (Joggen, Bergwandern, Schwimmen im Meer). Wenn der Hund dabei niemals von der Leine kann, ist das natürlich für beide kein Vergnügen.
Eines Tages lief wirklich gar nichts mehr – das Verhältnis der beiden bestand nur noch aus Misstrauen, Angst und Vorsicht. In dieser Situation kamen Babsi, Bobby, die kleine zierliche Tochter (5) und der Sohn (7) bei uns an. Das kurze Gespräch zwischen Babsi und mir möchte ich hier wiedergeben:
Ich: „Was habt Ihr für Sorgen?“
Babsi: „Der Hund kommt nicht, wenn ich ihn rufe.“
Ich: „Und das ist alles?“
Babsi: „Nein, der Hund knurrt mich an.“
Ich: „Ach?“
Babsi: „Ich habe Angst, dass er die Kinder beißt.“
Ich: „Der Hund?“
Babsi: „Ja, der wird richtig böse.“
Ich: „Erzähl mal genauer.“
Babsi: „Der Hund ist jetzt ein Jahr bei uns – wir haben ihn vom Züchter. Dort wurde uns gesagt, diese Rasse sei für uns das Beste, der Hund sei kinderlieb, leicht abzurichten und sehr sportlich. Am Anfang war ja noch alles gut, aber dann kam er nicht mehr, als ich ihn rief, also fing ich an, ihn jedesmal einzufangen. Es wurde immer schlimmer. Ein Jäger riet mir, ich solle ihm ein Kettenhalsband auf Zug umlegen, eine lange Leine dran machen und ihn, sobald er auf Rufen nicht sofort kommt, so kräftig ziehen, dass er auf den Rücken fällt.“
Ich: „Stopp – hast Du das getan?“
Babsi, knallrot im Gesicht: „Zweimal. Dann tat er mir leid, er war ja erst vier Monate alt.“
Ich (mühsam ruhig): „okay – erzähl weiter.“
Babsi: „Seither wird es immer schlimmer. Ich war bei etlichen Trainern, jetzt kommt er, wenn überhaupt, nur auf zwei Meter an mich ran – sogar im Haus. Seit ein paar Wochen knurrt er mich an, wenn ich ihm etwas wegnehmen will.“
Ich: „Wie verhält sich Bobby mit den Kindern?“
Babsi: „Noch tut er ihnen nichts, das wird sich aber sicher auch noch ändern.“
Nun hatte ich endgültig genug gehört. Ist Dir etwas an dem Gespräch aufgefallen? Nicht? Babsi hat nicht ein einziges Mal ihren Hund beim Namen genannt. Und alles war sehr vorwurfsvoll: „Der Hund hat …“
Wir gingen also zunächst einmal auf unseren eingezäunten, einen Hektar großen Platz. Dort sollte Babsi ihren Bobby von der Leine lassen. Sie tat das und warf mir einen Blick zu, aus dem die nackte Verzweiflung sprach. Ich versprach ihr, Bobby einzufangen – und wenn es bis in die Nacht dauern würde (es war zehn Uhr in der Früh). Bobby entfernte sich nur ganz langsam, aber weiter und weiter. Er rannte nicht, er ging. Weiter und weiter. Er schnüffelte sich vor bis an den Zaun uns gegenüber – also mehrere Hundert Meter von uns entfernt. Nun sollte Babsi ihn rufen. Sie tat das auch: „Bobby – Hiiiiier!“ Bobby schaute sich um – und blieb, wo er war. Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis Bobby dann auf zwei Meter an Babsi herankam. Babsi wollte ihn „einfangen“ und warf sich ihm entgegen. Ich hatte genug gesehen, schickte Babsi vom Platz und bat die kleine Tochter, den Hund zu rufen. Sie zwitscherte mit ihrem kleinen Stimmchen: „Bobbyle – komm zu mir?“ Du kannst Dir nicht vorstellen, was sich dann abspielte: Bobbyle schaute sich um, schaute, wo Babsi war und raste wie wild zu dem kleinen Mädchen hin. Die lachte laut und kraulte ihren Bobbyle.
Aus einiger Entfernung hatte Babsi zugeschaut, ich sah, wie ihr eine Träne über die Wange lief. Babsi hatte schnell verstanden.Es folgten drei lange Gespräche – nur zwischen mir und Babsi, während die Kinder draußen unter Aufsicht meiner Tochter mit den Hunden
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