Guter Sex Ohne Stress
Erektionsproblemen sind schnell erklärt. Die Erektion verschlechtert sich schleichend und bleibt eines Tages eventuell ganz aus. Der Mann kann auch bei bester Entspanntheit seinen Penis nicht mehr zur Standfestigkeit überreden – weder nachts oder morgens noch bei der Selbstbefriedigung.
Für Männer mit einer psychisch bedingten Erektionsstörung bringt der Weg zum Organmediziner auf lange Sicht keine Hilfe. Wie Jochen stecken sie in einem Teufelskreis. Hat ein Mann beim Sex erst einmal das Aus erlebt, baut sich häufig Leistungsdruck vor dem nächsten Mal auf. Je mehr er sich mit dem negativen Erlebnis beschäftigt, desto wahrscheinlicher tritt das Versagen wieder auf. Zum Leistungsdruck gesellt sich dann Versagensangst hinzu, die mit jedem erneuten Misserfolg größer wird. Der Mann fühlt sich schließlich ganz und gar gelähmt. Dass sich diese Lähmung wie bei Jochen in bleierner Müdigkeit äußert, erlebe ich bei den Betroffenen sehr oft. Das Gemeine daran ist: Alle diese Prozesse laufen vor allem im Unterbewusstsein ab. Die meisten Männer erkennen sich in ihrem veränderten sexuellen Empfinden und Vermeidungsverhalten kaum wieder. Besonders trifft es die sogenannten starken Typen, die sonst im »normalen Leben« alles im Griff haben und locker mit zehn Bällen auf einmal jonglieren. Gerade diese Männer deuten die rätselhafte Verweigerung ihres Penis nicht als Signal der Angst. Sie fordern von ihm genauso wie von sich selbst allzeit Einsatzbereitschaft, überwachen deshalb die Funktion ihres besten Stückes mit Argusaugen und untergraben so ihre sexuelle Genussfähigkeit noch weiter.
Die hartnäckige Verweigerung des Penis sich als Signal der Angst bewusst zu machen gehört zum ersten Schritt auf dem Weg der Besserung. Wenn ich mit den Betroffenen gemeinsam Stück für Stück die Geschichte hinter der Erektionsstörung beleuchte, fallen den meisten Männern die Erkenntnisse wie Schuppen von den Augen. Da wird auf einmal glasklar, dass das wahre Problem nicht im Verhalten des Penis, sondern in den Erwartungen seines Trägers liegt. Warum sollte ein Mann beispielsweise eine Erektion bekommen, wenn er kein Verlangen auf die Partnerin spürt oder der Kopf mit anderen Gedanken blockiert ist? Viele Männer sind regelrecht erleichtert, dass es normal ist, eine Erektion nicht herbeizwingen zu können. Denn auch wenn alle wissen, dass die landläufigen Rollenbilder Wunschvorstellungen entspringen – Männer lassen nur ungern los vom Klischee des immer bereiten Typs mit dem Superwerkzeug für alle Fälle.
Aber auch moderne Frauen drehen sich nicht selten das Bild vom Angebeteten je nach Situation mal in Richtung sensibler Versteher, mal in Richtung Macho zurecht. Konservative Rollenbilder werden oft dann rausgeholt, wenn man eine eigene Unsicherheit nicht allein beseitigen will. Da ist zum Beispiel der Klassiker, den ich oft bei meinen Paaren erlebe: Obwohl die Frau im Bett irgendwie nicht ganz zufrieden ist, soll er ihre Wünsche von den Augen ablesen und beim Sex den Ton angeben. Eine schier unlösbare Aufgabe für Männer, wenn Frauen häufig selbst nicht wissen, was und wie sie es wollen.
In diese Falle tappten auch Jochen und Silvia. »Ich komm doch sexuell gar nicht auf meine Kosten, wenn Jochen keine Erektion hat!«, erzählt mir Silvia, als die beiden mich in der nächsten Sitzung zusammen besuchen. Wie sie das denn genau meinen würde, frage ich nach. Zu meinem Erstaunen erfahre ich, dass seit einem Jahr nicht nur kein Geschlechtsverkehr stattfindet, sondern gar nichts läuft. Schmusen und küssen würden sie schon viel. Aber andere sexuelle Techniken hätten sie noch nicht ausprobiert. »Da kann ich mir gut vorstellen, dass Sie beide unzufrieden sind. Was steht Ihnen denn eigentlich im Weg, dass Sie auch mit anderen Spielarten Ihre Befriedigung finden?« – »Eigentlich nichts, wenn Sie so fragen«, antwortet Silvia. »Aber bisher hatte ich damit noch keine Erfahrungen. Und was Neues anzufangen trau ich mir nicht von allein zu.« – »Dann ist ja jetzt genau der richtige Zeitpunkt, Ihre sexuellen Praktiken gemeinsam mit Jochen zu erweitern!«, sage ich zu den beiden und bespreche mit dem Paar, wie die Therapie genau abläuft.
Manchmal ist Egoismus
auch positiv
Um bei Erektionsstörungen eine stressfreie Sexualität wieder zu entdecken, eignen sich am besten die Übungen aus dem Kapitel »Sex mit allen Sinnen«. Den sexuellen Leistungsdruck kann das Paar gleich im ersten Schritt durch das
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