Guter Sex Trotz Liebe
Erregungsstörungen
Störungen der Plateauphase: frühzeitiger Samenerguss (Ejaculatio präcox)
Störungen der Orgasmusphase: Orgasmusstörungen
So scheint die Welt der sexuellen Störungen geordnet. Aber dieses Modell ist zu Recht kritisiert worden: Man sieht schnell, dass es ausschlieÃlich am sexuellen Funktionieren, am Können, orientiert ist: Männer müssen beim Sex eine Erektion haben können und sie sollen beim Geschlechtsverkehr nicht zu schnell zum Orgasmuskommen. Frauen sollen erregt sein und feucht werden â und sie sollen dann einen Orgasmus haben. Wenn sie das nicht können, wenn es nicht funktioniert, haben sie eine Störung. Hier werden sexuelle Normen gesetzt â unter der Ãberschrift der Natürlichkeit: Man kann es richtig machen, dann »klappt es« â andernfalls hat man eine Störung, die dann auch genauso heiÃt: eine sexuelle Funktionsstörung.
Wer wirklich will, kann trotzdem nicht immer
Solange wir unseren Körper und seine Fehlfunktion heranziehen können, um zu erklären, warum etwas nicht passiert, bewegen wir uns im tolerierbaren Rahmen eines Mangels, den der Partner nicht persönlich zu nehmen braucht: Ich kann eben nicht. Damit bekommt meine Störung den Status einer Krankheit und dann kann von mir auch nicht so viel verlangt werden. Dabei ist es egal, ob die Ursache bei körperlichen oder bei psychischen Störungen gesehen wird. Der Mangel hilft, die eigenen Erwartungen zu reduzieren und nicht über Gebühr enttäuscht zu sein, wenn einmal wieder erotische Funkstille herrscht. Diese Sicht ist für den partnerschaftlichen Frieden in der Beziehung enorm entlastend. Niemand kann etwas dafür, wenn der Körper die sexuelle Erregung versagt. Keiner ist verantwortlich.
HeiÃt das: Wer wirklich will, kann auch? Natürlich nicht. Ganz abgesehen von körperlichen Krankheiten, Behinderungen und Unfallfolgen gibt es genügend situationsabhängige Gründe dafür, von Zeit zu Zeit sexuell »nicht zu können«, sich nicht erregt zu fühlen, kein Verlangen nach Sex zu haben. Beruflicher Stress, persönlicher Kummer, Belastungen in jedem Lebensbereich können zu bedrückter Stimmung führen, die dann auch das sexuelle Interesse beeinträchtigt.
Ob sich beim Sex eine Erektion einstellt, ob die Scheide feucht wird, ob er oder sie zum Orgasmus kommt oder nicht, das entscheidet der Körper unwillkürlich und ungefragt. Ob sich das Paar dadurch an sexueller Aktivität hindern lässt, entscheiden die beiden Partner, willkürlich und bewusst. Und hier liegt der entscheidende Unterschied, ob man sexuelle Störungen und sexuelle Lustlosigkeit als Probleme des Nicht-Könnens oder des Nicht-Wollens versteht. Wenn ich keinen Sex haben kann, habe ich eine gute Ausrede, hinter der ich mich verstecken kann: Ich bin unschuldig, ich bin das Opfer meiner Störung. Wenn ich keinen Sex haben will, verstecke ich mich nicht, sondern treffe eine Entscheidung.
Sich selbst auf den Zahn fühlen
Wie sieht das bei Ihnen aus? Wie gehen Sie mit dem »Nein« um? Wie klar sagen Sie, was Sie meinen? Wie gern nutzen Sie die Hintertür der Ausrede? Prüfen Sie Ihre eigene Position mit einem kurzen Test. Er soll Ihnen helfen, sich selbst auf den Zahn zu fühlen.
Test 2: Wollen und Können
Nehmen Sie das letzte sexuelle Zusammensein mit Ihrem Partner, das Sie als unbefriedigend empfunden haben.
Beantworten Sie die folgenden Fragen:
Was genau konnten Sie in dieser Situation nicht?
Was genau wollten Sie in dieser Situation nicht?
Was genau konnte Ihr Partner in dieser Situation nicht? (Wenn Sie es nicht sicher wissen: Was vermuten Sie?)
Was genau wollte Ihr Partner in dieser Situation nicht? (Wenn Sie es nicht sicher wissen: Was vermuten Sie?)
Was haben Sie Ihrem Partner gesagt?
Was hat Ihr Partner Ihnen gesagt?
Auswertung von Test 2: Denken Sie über Ihre Antworten nach! Was liegt Ihnen näher, sich zum Nicht-Wollen zu bekennen oder sich hinter dem Nicht-Können zu verstecken? Und wie macht es Ihr Partner?
Kündigung der sexuellen Routine: »Nein, ich will so nicht!«
Sobald ein Partner sich nicht mit dem Nicht-Können abfindet, ist das Paar mitten im Konflikt. Hinter der Vermutung »Er will nicht« kann ein starker Konflikt versteckt sein. Die heikle zentrale Frage heiÃt: Hat es etwas zu bedeuten? Oder hat es nichts zu bedeuten, es klappt halt
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