Guy Lacroix: Auf der Jagd nach dem Rosenkranzmörder (Clockwork Cologne) (German Edition)
Freundschaft, oder dem, was man Liebe nannte. Es machte ihn einzigartig.
Der Türsteher öffnete ihm den schweren Vorhang, der die hinteren Bereiche abtrennte, und ließ ihn ohne die obligatorische Leibesvisitation passieren.
Absolon hatte kaum einen Blick für die Absurditäten übrig, die in den Zimmern hinter weit geöffneten Türen auf Kundschaft warteten, den Besuchern ihre nackten Körper präsentierend. Freaks, allesamt, schlechte Launen der Natur, die aus einem einzigen Grund noch am Leben waren: Es gab genügend Menschen, die noch abartiger waren als diese bedauernswerten Kreaturen, an denen sie ihre widerlichen Gelüste befriedigten. Und sie zahlten gut dafür.
Einige Türen waren geschlossen und gedämpfte Laute waren dahinter zu hören, Stöhnen, Schreien, knirschende Zahnräder, knallende Peitschenhiebe. Absolon hustete und spuckte einen Schleimklumpen auf den Teppich. Ein Mädchen lachte und Absolon sah auf, in ihr Gesicht, das von einer Fülle kastanienfarbener Locken umrahmt wurde. Er musterte ihren Körper. Ein schlanker weißer Hals, volle straffe Brüste, ein perfekt gewölbter Bauch. Ihr Torso war in ein Gestell gespannt, das offensichtlich mit Hilfe der daran angebrachten Kurbeln in Höhe und Neigung verstellt werden konnte, ganz wie es den Kunden beliebte. Ihre Arme mussten unglaublich weich sein, die Haut ihrer Schenkel warm und zart - hätte sie denn Arme oder Beine besessen. Aber da war nur dieser Torso, ein Stück Fleisch, das atmete und lebte, obwohl es besser gewesen wäre, man hätte ihm den Hals umgedreht, sofort nachdem es aus dem Schoß einer anderen Missgeburt oder einer billigen Hure gepresst worden war.
Ein Betrunkener stolperte aus dem gegenüberliegenden Zimmer und Absolon hastete weiter. An Spielzimmern vorbei, in denen schon manch einer nicht nur seinen gesamten Besitz, sondern auch seine Frau, seine Tochter oder seine Seele verloren hatte. Blausteine waren ein begehrter Einsatz, aber selbst Körperteile oder Organe wechselten von Zeit zu Zeit den Besitzer.
Die Versteigerungen fanden in einem abgeschiedenen Raum hinter der »Küche« statt, in der kein Essen, aber gepanschte Drogen zubereitet wurden. Ein gutes Dutzend Kaufwillige hatten sich bereits eingefunden. Absolon nickte einem Quantenmagier zu, der die Lippen zu einem frostigen Lächeln verzog. Eingebildetes Pack! »Magister Van Rijn, wie schön Euch zu sehen«, sagte Absolon und streckte ihm die Hand hin, die der Mann kurz ergriff und sofort wieder losließ. Mit kindischer Freude registrierte Absolon das Frösteln, das den Magister dabei überlief. »Ich bin überrascht, Euch hier anzutreffen.«
»Nun«, antwortete Van Rijn gedehnt, »mich hingegen überrascht Eure Anwesenheit nicht«, er zog arrogant die buschigen Augenbrauen nach oben, »Magister Quast.«
Absolon trat näher an ihn heran. »Ich hörte einst von einem Mann, der an seiner Arroganz erstickte, mein lieber Van Rijn«, flüsterte er.
»Manche Art zu sterben ist erstrebenswerter, als ein Leben, das zu nichts weiter taugt, als kostbaren Sauerstoff zu verschwenden.«
Absolon machte eine wegwerfende Geste. »Könnten wir den Teil mit den Beleidigungen heute überspringen oder zumindest abkürzen? Es langweilt mich und ich bin müde.«
Van Rijn lachte. »Nun gut. Aber beim nächsten Mal wirst du nicht darum herum kommen, mir meinen Sieg zu gönnen, Absolon. Also sag, warum bist du hier? Willst du kaufen oder nur zusehen?«
»Kaufen.« Er betastete seine Tasche, in der sich die Börse befand. »Magister Pötts Körper hat versagt.«
»Er ist tot?«
»Nein, nur sein Körper hat versagt.«
»Dann willst du ihm einen neuen besorgen?« Van Rijn runzelte die Stirn. »Du weißt, dass selbst die klügsten Köpfe unserer Kunst an diesem Vorhaben kläglich gescheitert sind. Und du kennst die Ergebnisse dieser Versuche.«
Absolon schüttelte den Kopf. »Ich habe Magister Pötts‘ Gehirn isoliert, es besteht kein Grund zur Eile.«
»Ah! Und es ist gelungen? Wie wunderbar! Welche Methode hast du angewandt? Du musst mir unbedingt mehr darüber erzählen.«
»Du hättest derjenige sein können, den Magister Pötts ins Vertrauen zog, Theodorus, aber du hast es ja vorgezogen, das Fach zu wechseln, also denke ich nicht, dass es in seinem Sinn wäre, wenn ich dich jetzt in die Methode einweihe.« Absolon zog sein Messer aus der Tasche und begann seine Fingernägel zu säubern. »Wenn du allerdings bereit wärst, im Gegenzug etwas für mich zu tun, könnte ich
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