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Gwen (German Edition)

Gwen (German Edition)

Titel: Gwen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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schon wieder diesen irischen Touch. Ihre Lippen verzogen sich für Sekundenbruchteile, als wollte sie ein Lächeln zurückhalten. Oder ein Zähnefletschen.
    Dirk weiter: „Und außerdem muss ich unb edingt selber sehen, was für ein Typ dein Tony ist.“
    „Tony“, sagte sie, „ist das genaue Gegenteil von dir. Er ist liebevoll, verständnisvoll, sensibel und poetisch.“
    „Poetisch !“, wiederholte Dirk ironisch. „Wenn du auf einen solchen Typen stehst, warum bist du dann vorgestern - ja, erst vorgestern! - in meine Wohnung gekommen? Um schnell noch mal auf die Pauke zu hauen und einen richtigen Mann zu vernaschen, bevor du dich an einen Poeten hängst?“
    „Das ist alles nicht so, wie du denkst.“
    „Ach nein? Und warum erklärst du es mir nicht einfach?“
    „ Du würdest es ja doch nicht verstehen.“
    „Vielleich t verstehe ich dich besser als du selbst.“
    „Tony “, rief einer der Männer. „Tony!“
    Alle, Dirk eingeschlossen, richteten ihren Blick ruckartig auf das Eingangstor des Knastes. Die wachhabenden Bullen, die mehr wie Soldaten als wie Pol izisten aussahen, ließen einen Mann passieren.
    Dirk hatte sich Tony immer so ähnlich wie Ian vorgestellt: kl ein, untersetzt, aber kräftig, energischer Gesichtsausdruck - ein entschlossener IRA-Fighter eben. Aber der Mann, der durch das Gefängnistor kam, war alles andere als das. Er wirkte mager, blass, schmächtig. Ja, und poetisch. Mehr ein Intellektueller als ein Kämpfer. Vielleicht lag das ja an den zehn Jahren Knast.
    Gwen rannte zu dem Poeten und warf sich ihm an den Hals. Als er sie lachend umarmte, verset zte es Dirk einen Stich in den Solarplexus, und er kam sich jetzt schon vor wie der Verlierer in einem Kampf, der nie stattfinden würde.
    Dirks Lederjacke war auf den Boden gefallen. Tony hob sie auf und legte sie fürsorglich wi eder um Gwens Schultern. Dann konnte Dirk nichts mehr sehen, weil die anderen Leute Tony umschwärmten. Wie Karatekämpfer vor einem Wettkampf ihren Trainer.
    Dirk atmete tief durch, steckte sich eine Z igarre an, stellte fest, dass sie nicht schmeckte und warf sie weg. Hierher zu kommen war eine Schnapsidee gewesen. Jetzt abzuhauen, war das einzig Vernünftige. Er drehte sich um und ging zu seinem Leihwagen. Jemand kam ihm nach und zupfte ihn am Ärmel. Es war Gwen.
    „Du wolltest doch Tony kennen lernen“, sagte sie.
    Verwundert darüber, dass sie ihn überhaupt noch registrierte, blieb er stehen und sah, wie sie Tony herwinkte. Tony löste sich aus der Me nschentraube und kam her.
    „Dirk Statler, Antony Whelan“, stellte Gwen vor. „ Dirk ist ein glühender Verehrer von dir, Tony“, redete sie in Englisch weiter. „Er war so begierig, dich zu sehen, dass er extra wie ich vom Kontinent hergereist ist.“
    Tony schüttelte Dirk die Hand und schaute ihm mit warmherziger Freundlichkeit in die A ugen. Nein, Tony checkte nicht, dass er einen Rivalen vor sich hatte. Noch nicht.
    „Ich würde mich freuen, wenn Sie mit uns mitkommen und ein bisschen mit uns feiern wü rden, Dirk“, sagte Tony, der Blödmann.
    „Ja, komm doch mit!“, sagte auch Gwen.
    Hörte Dirk richtig , oder hatte er was an den Ohren? Auf Deutsch fragte er sie: „Bist du sicher, dass du das willst?“
    „Warum nicht ?“, erklärte sie strahlend in Englisch. „Oder fürchtest du dich etwa vor den bösen IRA-Rebellen?“
    „Wohl kaum !“, knurrte er humorlos, jetzt auch in Englisch.
    Was zum Teufel bezweckte sie da mit? Wollte sie ihrer weiblichen Eitelkeit den Nervenkitzel gönnen, zwei Männer aufeinander zu hetzen? Dieses verdammte kleine Biest?
    Gwen zu Dirk : „Unsere Autos sind restlos überfüllt. Es macht dir doch nichts aus, ein paar von uns mitzunehmen, wenn wir gleich zu den Whelans fahren, oder?“
    Es machte ihm nichts aus. Zwei Leute pflanzten sich hinten in den BMW, Gwen setzte sich auf den Beifahrersitz. Tony stieg in den VW-Bus.
    „Willst du nicht lieber bei deinem Verlobten sitzen und sein Händchen halten ?“, fragte Dirk sarkastisch.
    Gwen antwortete: „Tony und ich haben unser ga nzes Leben noch vor uns.“ Täuschte er sich, oder klang da so was wie Verarschung raus? Sie redete weiter: „Ich muss doch dafür sorgen, dass du den Weg findest.“
    Dirk: „Die Strecke ist mir bekannt, schätze ich.“

Sie lächelte nur.
    Dirk fuhr hinter dem VW-Bus her rein ins Belfaster Verkehrschaos, bis sie in dem verwahrlosten Straßenzug Halt machten, den Dirk vom letzten Mal her kannte.
    Nichts hatte sich verä

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