Gwen (German Edition)

an ihm vorbei zum Sofatisch. „ BU an C. Enter. “ Das war eine Botschaft dieser Verbrecher, die versucht hatten, Gwen zu töten, eine Botschaft, die Dirk Statler vor ihr verheimlichen wollte. Enter - das bedeutete wohl das Drücken der Enter-Taste. Oder nicht? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
    Gwen drückte die Enter-Taste.
    Mit einem lästerlichen Fluch sprang Statler auf sie zu. Gwen flüchtete hinter den Tisch, bis sie beide ihn umkreisten. Sie musste aufpassen, dass sie nicht über das Ladekabel stolperte, das den kleinen Computer mit einer der Steckdosen an der Wand verband. Gwen wusste, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis Statler sie erwischte. Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen würde er sie gleich an den Haaren zur Tür schleifen und aus der Wohnung schmeißen. So vertraut er ihr noch vor einer Minute war, so fremd war er ihr jetzt.
    „Verdammt, Gwen !“, bellte er.
    Dicht gefolgt von Statler umrundete sie den Tisch , während sich eine neue Botschaft über den Monitor schob: „ Transfer der alten Produktionsanlage ... “
    „VERDAMMT, GWEN!“
    Mehr konnte sie nicht entziffern, erst bei ihrer nächsten Tisch-Umrundung: „ erfolgt 7. Oktober. Ort der Einschiffung: Hamburg. Frachtschiff: die Advantage. Kapitän: William Reed. Bestimmungsort ... “
    Dann hatte er sie.
    Noch im Fallen verrenkte sie den Kopf, um den Rest der Botschaft erkennen zu können: „ Health Company International in Catnecktown, Florida ... “
    Mehr sah sie nicht, denn sie lag auf dem Wildlede rsofa unter Dirk Statler, der seine Arme zu beiden Seiten ihres Kopfes abstützte und ihr erfolgreich die Sicht auf den Laptop verdeckte. Steile Falten stiegen zwischen seinen Augenbrauen in die Höhe, als er auf sie herabstarrte, doch sein Tonfall war nicht mehr bedrohlich, sondern eher besorgt, als er hervorstieß: „Verdammt, Gwen! Ich wollte nicht, dass du das siehst, um dich nicht weiter in Gefahr zu bringen. Du weißt sowieso schon zu viel. Aber du verdammtes kleines Biest musst deine sommersprossige Nase ja überall reinstecken!“
    Gwens Gedanken formierten sich. „ BU gehört zu B . C ist tot, doch wenn diese Verbrecher dir eine Nachricht schicken, an C schicken, und du so übertrieben reagierest - oh, mein Gott! - dann kann das nur bedeuten, dass die dich zu ihrem neuen C gemacht haben.“
    „Verdammt, Gwen!“
    „Und die alte Produktionsanlage , damit kann nur die Triustat- Produktionsanlage gemeint sein - oh, mein Gott - und wenn das die alte Produktionsanlage ist, dann soll es wohl auch eine neue geben. Oh, mein Gott! “
    Er antwortete nicht. Doch sie fühlte auch so, dass sie Recht hatte.
    Langsam begann sich die Ungeheuerlichkeit ihrer Schlussfolgerungen durch ihr Gehirn zu fressen. „Dann war alles umsonst? Der Prozess, der Sieg von Survival, alles, wofür wir gekämpft haben? Es läuft trotzdem so weiter wie bisher, nur an einem anderen Ort? Ist es so?“
    Als Statler noch immer nicht s erwiderte, packte sie ihn bei den Schultern, rüttelte daran und schrie ihn an: „ Ist es so? “
    „Ja, verdammt !“, gab er zurück.
    „Oh, bitte, Dirk, mach das nicht!“
    „Geht nicht anders.“
    „Wenn die dich unter Druck setzen, kämpfen wir zusammen gegen sie. Wir haben sie schon ei nmal besiegt.“
    „Nein, du hältst dich da raus!“
    Sie ließ die Arme sinken, schloss die Augen, um der niederschmetternden Enttäuschung Herr zu werden. Als wohltuender Zorn den schalen Geschmack des Versagens überspülte, öffnete Gwen ihre Augen wieder, vertiefte sich in den bestürzten eisgrauen Blick des Mannes über ihr und verkündete: „Das lasse ich nicht zu!“
    „Jetzt pass mal auf, Schätzchen !“, herrschte er sie an. „Es geht hier um deinen sommersprossigen Arsch, den du riskierst, wenn du dich noch mal in die Sache einmischst. Du hast die Typen kennen gelernt, die fackeln nicht lange. Wenn du denen in die Eier trittst, ist dein Leben wieder in Gefahr. Und das, Gwennie, lasse ICH nicht zu! Hör zu, ich sage dir, was du machst! Ich weiß, du fährst morgen nach Irland. Bleib dort! Ich besorge dir eine Doktorandenstelle an irgendeiner Uni oder ‘nen Job. Was du willst, egal was. Ich melde mich wieder bei dir, wenn ich alles auf die Reihe gekriegt habe.“
    „Und inzwischen stirbt wieder ein Fluss .“
    „Nur vorläufig. Ich regle das Problem mit diesen Alphabet-Wichsern auf meine Art. Und zwar ohne den Wiederaufbau me iner Firma zu gefährden. Kapiert?“
    Sie richtete sich auf.