Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gwen (German Edition)

Gwen (German Edition)

Titel: Gwen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
Vom Netzwerk:
ich meine Haare unter einem Kopftuch verstecke, falle ich in der Masse nicht auf.“
    „Aber, Gwen, das ist Wahnsinn! Was machst du, wenn Statler dich dort erwischt?“
    „An einem Tag wie heute arbeitet er sicher nicht in seinem Büro. Außerdem bin ich bisher noch immer mit ihm fertig geworden.“ Außer wenn er diesen Gesichtsausdruck von neulich hatte, als er sie in den Orangensaft gesteckt hatte. Oder den von heute. Sie verdrängte den Gedanken schnell.
    „Oh, Gwen, das gefällt mir nicht. “
    „Glaube mir, im Vergleich zur heutigen Aktion ist das ein Ki nderspiel.“
    „Oh, Gwen, Gwen, Gwen , Gwen, Gwen!“
     
    Hellblau gekachelte, frisch geputzt riechende Damentoilettenatmosphäre. Steril und langweilig. Und natürlich kein Recycling-Toilettenpapier, sondern lindgrünes, dreilagiges Luxusgewebe.
    Im Gewühl der zahlreichen Besucher , die sich nach dem spätabendlichen Sektimbiss in der Eingangshalle nun langsam zum Ausgang hin orientierten, war es Gwen nicht schwer gefallen, unerkannt in die Toilette zu huschen und sich dort einzusperren. Sie nahm Kopftuch und Sonnenbrille ab, steckte beides in die mitgebrachte Mappe und holte von dort Taschenlampe, Stift und Schreibblock heraus.
    Um die lange Wartezeit zu verkürzen, setzte sie sich auf den heruntergeklappten Klodeckel und begann mit dem Entwurf eines Berichts für die Survival News über die heutige Grundstein-Aktion, den sie nach London schicken wollte. Erst als von draußen kein Laut mehr hereindrang, verließ sie leise die Damentoilette.
    In der nächtlichen Ruhe zeigte sich die Büroetage als eine düstere Einöde. Im Licht ihrer Taschenlampe suchte Gwen die Türschilder ab nach Statlers Büro.
    Sie fand es ohne Schwierigkeiten . Und es war noch nicht einmal abgesperrt. Die Zigarrenschachtel und die Easyriders, die dort herumlagen, ließen keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es sein Schreibtisch war.
    Schritte!
    Ein eisig-heißes Gefühl des Ertapptwerdens durchfuhr Gwen. Hastig knipste sie die Taschenlampe aus und kroch unter den klobigen Angeber-Schreibtisch, dessen geschlossene Vorderfront sie vor Blicken schützte.
    Als das Licht anging , hielt sie den Atem an. Jemand kam um den Schreibtisch herum und setzte sich in den protzigen Bürosessel. Männerschenkel in Jeans, Stiefel, Motorölgeruch.
    Selten war Gwen dankbar für ihre geringe Körpergröße, doch nun war sie es. Doch Statler brauchte nur seine Beine auszustrecken, dann ...
    Sie hörte das Tippen seiner Finger auf der Tastatur des Computers. Vielleicht, wenn er irgendwann auf die Toilette ging, konnte Gwen einen schnellen Blick auf den Monitor werfen.
    Wieder Schritte! Statler erhob sich. Ein dumpfer Laut ertönte. Statlers Beine stolperten rückwärts. Gepeinigt von Angst und Neugier schob sich Gwen zum Rand des Schreibtisches und blickte zu Dirk Statler auf.
    Ein Projektil steckte in seiner Brust. So eines wie das, welches der Tierarzt aus Sligo vo rletzte Ostern auf Großmutter Quigleys Zuchtbullen abgefeuert hatte, um ihn mit einem Betäubungsmittel ruhig zu stellen für eine Blutprobenentnahme. Alle Nachbarn waren da gewesen, um mitzuhelfen oder auch nur als Schaulustige.
    Dirk Statler zog das Projektil aus seiner Brust und ließ es auf den Boden fallen. Als sein Blick auf Gwen fiel, stierten se ine Augen sie geistesabwesend an. So geistesabwesend wie Großmutter Quigleys Bulle damals. Mit einem Ächzen brach Statler zusammen. Haargenau wie der Bulle.
    Gwens erster Impuls war, zu ihm zu stürzen, doch dann hörte sie Männerstimmen, sah die H osenbeine und Schuhe der Eindringlinge, die um den Schreibtisch herumkamen.
    Ein entsetztes Aufkeuchen unterdrückend schob sich Gwen in die hinterste Ecke ihres Verstecks. Fast war sie sich sicher, dass die Männer das Trommelsolo ihres Herzschlags hören konnten. Sie sah, wie Statlers lebloser Körper gepackt wurde. Und fortgezerrt. Dann waren er und die Männerbeine aus Gwens Sichtfeld verschwunden. Ächzen, heisere Flüche, Schleifgeräusche, sie nahmen Dirk Statler mit, keine Frage.
    Die Geräusche wurden leiser. Gwen wagte sich noch immer nicht aus ihrem Versteck. Wer w aren die Entführer? Das Verbrecher- ABC ? Doch warum sollten die ihren wichtigen C entführen? Legten sie ihm etwa die heutige Survival-Aktion zur Last und wollten ihn wieder dafür bestrafen wie damals in Ellmstadt? Oh, mein Gott!
    Als sie nichts mehr hörte, kroch sie unter dem Schreibtisch hervor und riskierte einen furchtsamen Blick um die Ecke. Sie war allein.

Weitere Kostenlose Bücher