Gwen (German Edition)
die Fragen, mit denen die Gäste Pat und Gwen durchlöcherten. Alles drehte sich um die gestrige Survival-Aktion. Manche Gäste, besonders wenn sie einen Job auf der Baustelle von Statler-Tec hatten , kritisierten Survival. Doch die überwiegende Mehrheit schien dankbar, dass in dem verschlafenen Catnecktown endlich einmal etwas „Cooles abging“, wie es einer der jüngeren Gäste formulierte. Gwen beschloss, morgen Beitrittsformulare für die Mitgliedschaft bei Survival mitzubringen.
Als sie und Pat dann endlich gehen konnten, war Gwen hundemüde und sehnte sich nach einer Dusche und ihrem Bett. Doch vor ihrer Haustür warteten bereits Norman, fünf Pressereporter und etwa ein Dutzend Leute, die Survival beitreten wollten. Und ein mannshoher und gut zwei Meter breiter Vogelkäfig, in dem zwei verschüchterte Kleinpapageien hockten.
Pat sperrte die Tür auf und ließ alle herein. Einer der Reporter half Norman, den Vogelkäfig ins Wohnzimmer zu hieven und ihn nach Pats Anweisung im Eck neben der Terrassentür zu platzieren. Anschließend füllten Norman und Pat die Formulare der Beitrittswilligen aus, während Gwen Getränke ausschenkte und die Fragen der Reporter beantwortete.
Nachdem endlich Presse samt neuer Survival-Mitglieder gegangen waren und sich Gwen zusammen mit Norman und Pat bei Eistee und Käsetoast entspannte, fand sie endlich die Muße, eine Frage zu stellen, die ihr die ganze Zeit schon aufstieß: „Was sind das für Vögel in unserem Wohnzimmer?“
„Das sind nur Nelson und Winnie“, gab Pat zur Antwort. „Zwei Blaustirnamazonen. Stell dir vor, sie steckten bei Normans Bruder in einem viel zu kleinen Käfig. Norman hat ihm auf meine dri ngende Bitte hin diese schöne Voliere besorgt“, Pat zeigte auf den riesigen Käfig, „aber sie passte nicht in sein Zimmer. So haben wir die Vögel mitgenommen. Sie stören doch nicht, oder?“
„Nein“, entgegnete Gwen. „Sie sind sehr schön.“
Pat und Norman gaben schnell noch die Daten der neuen Mitglieder in Pats Computer ein, während Gwen den Abwasch erledigte. Dabei sang sie wie gewöhnlich vor sich hin, heute „Nights in White Satin“. Und schon waren ihre Gedanken wieder bei den urgewaltigen Dingen, die sich zwischen ihr und Dirk Statler abgespielt hatten. Die Vögel antworteten mit verhaltenem Gekrächze.
„Du hast eine gute Stimme, Gwen“, meinte Norman.
„Ich?“ Gwen zuckte die Schultern, war jedoch sehr angetan von dem Lob. „Ich komme aus dem Land der Barden, da singt praktisch jeder.“
„ Das Land könnte mir gefallen“, fand er. „Glaubst du, du könntest auch mal was Rockiges singen? So was wie unsere Songs?“
„Ich könnte es ja versuchen.“
Und so begann Gwens Karriere als Sängerin in der Survival-Band.
Dirk schätzte, dass B ihn beschatten ließ.
Fast rechnete er auch damit, dass B’s Schläger noch mal bei ihm auftauchen würden. Aber nichts passierte in den folgenden Tagen.
Mittlerweile machte Dirk es sich zur Angewohnheit, sich Gesichter einzuprägen. Bei Geschäftsterminen, im Lift des Bürogebäudes, auf der Baustelle, überall. Und wenn er in seinem Büro saß, beobachtete er die Passanten draußen auf der Straße.
Bis ihm einer auffiel.
Es war ein durchschnittlich großer, durchschnittlich gekleid eter, durchschnittlich langweiliger Typ. Nichts an ihm war geeignet, Dirks Interesse auf sich zu ziehen, als sie lange nach Feierabend in der Tiefgarage des Bürogebäudes aneinander vorbeigingen. Nichts bis auf die Tatsache, dass Dirk sich sicher war, ihn heute Mittag in dem Steakhaus gesehen zu haben, in dem Dirk sich ab und zu was hinter die Kiemen schob. Und vorhin auf der Straße.
Also machte er kehrt und folgte dem Typen. Der wollte gerade in einen Toyota Corolla einsteigen. Dirk packte ihn an der Schulter.
Der Typ riss die Augen auf und stieß seine Rechte auf Dirks Kinn.
Dirk blockierte diesen schwachen Angriff ab und setzte seine Faust satt in die Magengegend seines Gegners. Der ließ einen dumpfen Laut ab, krümmte sich zusammen und hielt sich die Hände vor den Bauch. Dirk packte ihn am Krawattenknoten und zog ihn daran hoch, bis er in seine Augen schauen konnte. „Dein Buchstabencode!“
Der Typ schnappte noch immer nach Luft und hielt ansonsten die Klappe.
Dirk überlegte, was er machen sollte. Die Antwort aus ihm rausprügeln? Aber alles in ihm sträubte sich dagegen, einen so deutlich unterlegenen Gegner zu verdreschen. Trotzdem musste er ihn zum
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