Gwen (German Edition)
ihnen derart brüskierte Blicke zu, als hätten sie einen Striptease hingelegt.
Während sich Pat mit Clarissa unterhielt, trat Gwen an das riesige Büffet, denn eigentlich hatte sie jetzt großen Hunger. Noch ganz im Bann ihrer eigenen Rede machte sie einen Bogen um den Fisch und steuerte die Käseplatte an, die einen recht appetitlichen Eindruck machte.
„Wie wär’s mit Champagner, Kaviar und Lachsröllchen?“, ertönte eine männliche Stimme wohlklingend in ihrem Rücken. Gwen drehte sich um und schloss ihre Finger automatisch um das Champagnerglas, das ihr gereicht wurde.
Das selbstsichere Lächeln, der überhebliche Blick aus eisgrauen Augen – das alles kam ihr sehr vertraut vor. Auch die große, breitschultrige Gestalt und die sonnengebräunte Haut des Mannes erinnerten frappierend an Dirk Statler, wären da nicht der geschmeidige Anzug im Ich-bin-reich-aber-unglaublich-lässig-Understatement und die dezent mit Haargel unterstützte, aber dennoch saloppe Frisur gewesen. Und die deutlich schlankere Figur. Der Mann sah aus wie eine auf Männermodel getrimmte Schickeria-Version von Dirk Statler. „Als Nachtisch würde ich Ihnen dieses Melonensorbet auf Avocado empfehlen“, sprach er weiter.
Gwen nippte an dem Champagner. „Ich fürchte nur, dass ich nicht mehr lange genug hier sein könnte, um es bis zum Nachtisch zu schaffen. Es wäre nä mlich gut möglich, dass der Herr Bürgermeister noch während meiner kleinen Ansprache die Polizei gerufen hat, die vielleicht bald hier anrückt, um meine Freundin und mich dezent zu entfernen.“ Sie reichte ihm ihre Hand. „Vielen Dank für den Champagner! Ich heiße Gwen O’Connor.“
„Ich weiß.“ Er hielt ihre Hand länger fest als nötig, um sie schließlich zur Andeutung eines Handkusses an seine Lippen zu führen. „Sie sind also die Frau, die dem guten, alten Dirk so viel Feuer unter dem Hintern macht.“
Gwens Verdacht hatte sich bestätigt: „Sie kennen also Dirk Statler?“
„Flüchtig“, entgegnete er. „Mein Name ist S wen Statler. Dirk besitzt die Unverfrorenheit, mein kleiner Bruder zu sein.“
Dirk war gerade rechtzeitig aufgetaucht, um Gwens kleine Showeinlage mitzubekommen. Was seine Laune nicht unbedingt besserte. Sie stieg von der Bühne, und schon verlor er sie aus den Augen, weil ihr kleiner Körper unter all den Leuten verschwand. Dirk scannte die Umgebung nach ihr ab.
Onkel Will tauchte plötzlich auf und klopfte ihm auf die Schulter. „Na, da bist du ja, mein Junge! Was ist dir denn über die Leber gelaufen? Ärgerst du dich über diesen Zwischenfall mit diesen beiden Umwelt-Mädchen? Du siehst aus, als würdest du ihnen den Kopf abreißen wollen.“
„Etwas in der Art“, knurrte Dirk.
„Samantha hat sich hingelegt. Sie war noch müde vom Flug, aber Swen muss hier irgendwo herumspringen. Ach, da ist er ja, da hinten am Büffet, siehst du ihn? Neben der kleinen Umweltschützerin.“
Nie hätte Dirk gedacht, dass seine Laune noch mieser werden könnte. Um nicht sofort auszurasten, atmete er erst mal karatemäßig tief durch. „Du entschuldigst mich, Onkel Will!“
Er ging zum Büffet, packte Gwens Arm und riss sie zu sich herum. „Na, Sommersprosse, Kollaps gut überstanden?“
Der Sekt, den sie in der Hand hielt, schwappte über Dirks F inger. Den gefüllten Teller in ihrer anderen Hand konnte sie gerade noch ausbalancieren. Sie sah echt geschockt aus, wie Dirk mit Genugtuung feststellte. Aber eigentlich sah sie immer irgendwie geschockt aus.
Sie erholte sich aber recht schnell und sagte: „Mir geht es schon viel besser, vielen Dank!“
Dirk presste zwischen den Zähnen durch: „Das lässt sich ä ndern.“
„Du hast dich kein bisschen verändert, Kleiner “, mischte sich Swen ungefragt ein. „Wie man sich kleidet, wie man Frauen behandelt, nicht mal diese essentiellen Dinge hast du inzwischen gelernt.“
Dirk hatte es immer gehasst, wenn Swen ihn „Kle iner“ genannt hatte. Allein dafür hätte der eine Abreibung verdient. Aber Dirk beherrschte sich und sagte nur, ohne den Blick von Gwen zu nehmen: „Wenn du Wert auf deine Zähne legst, Swen, dann hältst du jetzt besser die Klappe! Was ich mit dieser Lady hier zu bereden habe, geht dich einen Scheiß an!“
Er zog Gwennie mit sich. Um die nächste Ecke herum, wo sie halbwegs außerhalb der Hörweite der anderen Gäste waren.
„ In meinem Haus gibt es ein lauschiges Plätzchen, das nur darauf wartet, von dir bewohnt zu werden, Süße!“ Einen
Weitere Kostenlose Bücher