Gwen (German Edition)

Titel: Gwen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan

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Kräuseln des Wassers wie              vor der breiten Stelle, sondern richtige Wogen.
    Merkwürdig.
    Auf einmal sah Gwen einen kugelrunden Rücken, der sich aus dem Wasser wölbte und geschmeidig zurück in die Tiefe glitt. Dann erschien ein zweiter kleinerer. Gwen hielt den Atem an.
    D ie Wesen tauchten erneut aus den von ihnen geschaffenen Wellen auf. Sie hatten breite, runde Gesichter mit freundlichen Augen. Seekühe. Ein Muttertier und ihr Junges. Die Seekuhmutter erwiderte Gwens Blick und sank unter die Wasseroberfläche. Das Kalb folgte ihrem Wellenkamm, der sich flussabwärts bewegte. Gwen rannte hinterher. „Nicht da runter! Da ist Gift im Fluss!“
    Der Kopf der Seekuhmutter durchbrach das Wasser und schaute - mit milder Nachsicht, wie es schien - auf die hüpfende Menschenfrau, die schrie: „ Nicht! Bring dein Kind zurück! Dort unten ist der Tod! “
    Schließlich drehte die Seekuh ab und verschwand mit ihrem Kalb flussaufwärts in einem Nebenarm. Erleichtert stieß Gwen die Luft aus. Dieses Land mochte ihr fremd sein, so wie die Seekuh ihr fremd war. Und doch würde Gwen dafür kämpfen.
    Die Bäume standen lichter hier, so dass Gwen sogar in der Ferne Statler-Tec ausmachen konnte, als graue Silhouette im Rot des anbrechenden Tages. Ja, das war in der Tat ein geeigneter Platz.
    Ein einzelner Baum entfaltete seine Krone etwas abseits von den anderen in einer Art Lichtung. Erfreut stellte Gwen fest, dass es eine Eiche war. Etwas Vertrautes unter dem Fremden. Zum Gruß strich sie über die raue Rinde.
    Und nun?
    Einen Platz hatte sie, doch wie sollte sie weiter verfahren? Dies war schließlich ihr erstes heidnisches Ritual, das ihr gemäß den Behauptungen der Kirchenmänner die ewige Verdammnis sicherte.
    Sie lehnte sich an die Eiche und dachte an die Heimat. A Lios na Grainsi , die Steine der Sonne, war der größte Steinkreis Irlands und direkt auf den Sonnenaufgang zur Sommersonnenwende ausgerichtet. Das war als Vorlage schon mal gar nicht schlecht.
    Gwen fand einen Stein am Flussufer, der so groß war wie ein Kürbis, und rollte ihn keuchend zum Fuß der Eiche, wo er als Altarstein dienen sollte. Einen weiteren, nur geringfügig kleiner, schob sie einen Meter weiter nach Osten, bis die rötlichen Strahlen der aufgehenden Sonne ihn beschienen.
    Einen Stein entriss sie dem Wasser und legte ihn hinter die Eiche, dem Oststein genau gege nüber. Dann gingen ihr die Steine aus. Wenigstens zwei brauchte sie noch für den Norden und den Süden. Sie fand sie ein Stück flussaufwärts und wuchtete einen nach dem anderen zu ihrem Ritualplatz zurück.
    Was sie nun hatte, war ein Quadrat mit vier Steinen in jeder Himmelsrichtung und der Eiche mit dem Altarstein in der Mitte. Ein Kreis wurde daraus, als Gwen behelfsmäßig Treibholzstücke vom Ufer in die Lücken dazwischen legte. Und weil das Gesamtarrangement noch immer recht lieblos aussah, pflückte Gwen die lachsfarbenen Blüten des Hibiskus und legte sie auf die Ecksteine. Und dazu kleine weiße Blumen, die Gwen nicht kannte.
    Die Kerze aus ihrem Korb stellte sie auf den Altarstein und entzündete sie mit einem Streic hholz. An die Flamme hielt sie ein paar Räucherstäbchen aus dem Chinaladen im Einkaufszentrum und steckte sie in eine Ritze des Altarsteins. Als Symbole der Luft. Daneben legte sie eine Muschel, die sie bei jenem Strandspaziergang mit Swen Statler gefunden hatte.
    Swen Statler, wie sinnig! Trotzdem war es eine schöne Muschel und taugte als Symbol für das Wasser. Als Repräsentant der Erde rundete der Bergkristall, den Helen ihr zum letzten Geburtstag geschenkt hatte, das Gesamtkonzept mystisch ab.
    Nun war Gwen mit ihrem Ritualplatz zufrieden. Schön war er. Schön heidnisch. Wenn schon die ewige Verdammnis, dann bitte stilvoll! Ein Gott, der auf seine Priester hörte, wenn sie mit dem Fegefeuer drohten, konnte Gwen sowieso gestohlen bleiben. Nein, sie fühlte, dass das hier richtig war. In keiner Kirche hatte es sich für sie jemals so richtig angefühlt wie hier in ihrem kleinen improvisierten Steinkreis am Catneck River.
    Und jetzt?
    Gwen wusste, dass die Kelten das Göttliche als Göttin und Gott angerufen hatten, je nachdem, ob die weiblichen Aspekte betont werden sollten oder die männlichen. Jetzt, entschied Gwen, waren die weiblichen Kräfte angesagt. Schon allein wegen der Seekuhmutter. Und weil Gwen eine Frau war, die gegen eine Verbrecherorganisation von Männern kämpfte.
    „Göttin!“ Einen Atemzug lang brauchte