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Gwen (German Edition)

Gwen (German Edition)

Titel: Gwen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Aidan
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haute ihm freundschaftlich die Hand auf die Schulter, so dass Wallys Eimer überschwappte. „Alter, was willst du denn hier?“
    Wally grinste entschuldigend. „Ich war schon immer für Umweltschutz. Hast du nicht Gwens Rede gehört? Ihre Argumente machen durchaus Sinn.“
    „Haben sie dir ins Hirn geschissen, oder was?“
    Wally wechselte den Eimer von einer Hand zur anderen. „Mann, Dirk! Dass Gwen Recht hat, musst doch sogar du zugeben! Wir können nicht mehr weitermachen wie bisher und unseren Lebensraum vergiften. Wir müssen an unsere Kinder denken!“
    „Verdammt, Wally, drehen nach diesem Konzert jetzt alle durch, oder bin ich es, der spinnt?“
    Wally sah Dirk an, als hätte der den Entscheidungskampf eines Karateturniers vermasselt. „Überleg mal, Alter!“ Dann drehte Wally sich um und lief Gwen hinterher.
    Wie die ganze verdammte Horde.
    Nachdenklich ging Dirk zu seiner Panhead, kickte sie an und fuhr los. Nicht zum Rathaus. Was Gwennie da abzog, würde er noch früh genug in den Abendnachrichten anschauen können. Falls er Bock dazu hatte.
    Wonach es heute nicht auss ah.
     
    Gwen hätte das Auto nehmen können, da Pat fast nur noch mit ihrem Dienstwagen unterwegs war. Doch zu Fuß fühlte es sich richtiger an. So nahm Gwen ihren Korb und begann im bleiernen Zwielicht noch vor Anbruch der Morgenröte ihre Suche nach einem geeigneten Platz, wo sie das Fest der Sommersonnenwende feiern konnte.
    Automatisch führte ihr Weg sie durch die Orangenplantage hinunter zum Catneck River, an die gekrümmte, enge Stelle, die dem Fluss seinen Namen gegeben hatte. Grauer Morgendunst waberte über das Ufer. Fast konnte Gwen sie riechen, die polychlorierten Statler-Gifte, die unter der Wasseroberfläche lauerten. Bei der nächsten Überschwemmung würden sie auf die Orangenplantage gelangen. Und über die Wurzeln der Orangenbäume in die Früchte.
    Das zu verhindern, genau dazu war Gwen in dieses Land gekommen.
    Sie folgte dem Lauf des Catneck River dorthin, wo sich die krebserregenden Schlieren heimtückisch schillernd auf der Wasseroberfläche outeten. Dort, wo sie aus den Abflussrohren von Statler-Tec quollen. Kurz ließ Gwen ihren Zorn darüber aufglühen wie ein Signalfeuer, dann stapfte sie weiter flussaufwärts.
    Sobald sie Statlers Drecksfirma hinter sich gelassen hatte, veränderte sich schlagartig die Fl ora der Uferböschung. Wo Statler-abwärts nur braunes Gestrüpp vor sich hin darbte, explodierte hier die Pflanzenwelt förmlich in Myriaden von Grüntönen, deren Intensität sich fast mit denen Irlands messen konnte. Saftige Gräser wechselten sich ab mit dichtem Baumbewuchs. Libellen tanzten von Hibiskusblüte zu Hibiskusblüte, ein Fischreiher stieg auf, und unter einem schwimmenden Teppich aus kleinen runden Blättern tummelten sich Fische, die Gwen noch nie zuvor gesehen hatte.
    Der ketzerische Gedanke , aus der Kirche auszutreten und sich den viel naturnaheren Ritualen ihrer keltischen Vorfahren zuzuwenden, war ihr schon in Ellmstadt gekommen, als Mark erzählt hatte, wie er die Traditionen seiner burgundischen Ahnen ehrte und zu den Sonnenwenden Wotan anrief. Oder war es Baldur? Auf jeden Fall irgendetwas Altgermanisches. Zu Mark passte das.
    Zu Gwen passte es nicht.
    Wenn sie an den Glauben ihrer Ahnen dachte, dann rauschte der Wind in ihren Adern, der um die irischen Steinkreise strich. Dann erinnerte sie sich an das Koboldgeflüster im Knistern eines Torffeuers und an die Sonnwendfeuer, die nach feuchtem Holz und Märchen rochen.
    E ine Wasserschildkröte glitt elegant ins Wasser. Fasziniert schaute Gwen ihr hinterher, bis sie im Dickicht der Wasserpflanzen verschwand. Gwen wollte gerade ihren Korb abstellen, da bewegte sich irgendetwas am Boden. Etwas sich Schlängelndes. Bevor sie es erkennen konnte, war es auch schon weg. Nein, hier war kein guter Platz. Sie ging weiter.
    D as Problem war, dass sie nicht wusste, ob das eine giftige Schlange gewesen war.
    Das Problem war, dass es da noch mehr davon g eben konnte, giftig oder nicht.
    Das Problem war, dass dieses Land ihr fremd war. Daheim in Donegal kannte sie jedes Tier und jede Pflanze, wenn nicht dem Namen nach, so doch vom Sehen, Riechen, Berühren und oft auch Schmecken. Aber dieses feuchtwarme Land hier sprach einfach nicht zu ihr.
    Sondern stach sie.
    Fluchend zerklatschte Gwen eine Mücke auf ihrem Unterarm und setzte ihren Weg fort. Der Fluss wurde nun breiter und, wie Gwen vermutete, tiefer. Und er bekam Wellen. Kein dezentes

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