Gwen (German Edition)
wollte sie mit niemandem teilen.
Wally stieß ihn in die Seite. „Nicht schlecht, was?“
Das war die Untertreibung des Jahres. Musik, Bühne, Laser-Effekte, künstlicher Nebel - die Show war erstklassig. Auch als der Leadgitarrist Gwen ablöste und ein paar Rap-Einlagen brachte, kamen die gut an.
Gwennie übernahm wieder und sang gegen Kernkraft, gegen Müllverbrennung und weiß der Geier was noch alles. Nach unzähligen Songs stand sie schwer schnaufend am Mikro und sagte: „Und jetzt nur für euch, nur für Catnecktown: der Anti-Statler-Song!“
Was?
Wally ließ einen fiesen Lacher hören, und die Zuschauer kreischten Zustimmung. Vor allem die Jugendlichen. Deren Eltern von Statler-Tec übertarifliche Löhne kassierten.
Gwen wetterte über kranke Wasservögel, tote Fische, von Geschwüren übersäte Frösche, die Gefährdung des Trinkwassers und so weiter. Der Refrain lautete übersetzt: „Sie denken, sie können alles mit euch machen. Für Geld vergiften sie euer Wasser. Lasst euch nicht von Statler kaufen! Wehrt euch! Wehrt euch! Wehrt euch!“
Nach ein paar Strophen hielt sie dem Publikum das Mikro hin, und das „Wehrt euch! Wehrt euch! Wehrt euch!“ kam als Echo von zweitausend Leuten zurück. Am Ende waren alle bereit, Dirks Firma in Stücke zu reißen. Gwennie ließ nichts anbrennen und lud den aufgepeitschten Mob gleich zu einer Demo auf dem Gelände von Statler-Tec ein. Morgen, 14 Uhr.
Auch Wally klatschte begeistert, zuckte aber entschuldigend die Achseln, als er Dirks Blick auffing, und sagte: „Pass bloß auf, dass Gwen dich nicht entdeckt! Sonst kommt sie vielleicht auf die Idee, diese Meute hier auf dich zu hetzen. Die würden dich lynchen.“
Dirk ließ Wally stehen und drängte sich weiter in Richtung Bühne vor. Zu seiner Enttäuschung verschwanden die beiden Mädels, und der Leadgitarrist übernahm das Singen. Er brachte irgendwas zwischen Rock und Rap. Der Text handelte von Drogenmissbrauch und Jugendkriminalität.
Als er das letzte Lied für heute ankündigte, heulte allgemeiner Protest auf. Der Song war eine Rockball ade über Mutter Erde, Leben in Harmonie mit der Natur und ähnlichem weltfremden Scheiß, und der Sänger klang dabei ein bisschen wie Klaus Meine von den Scorpions.
Schon bei der ersten Strophe kamen Gwennie und ihre Freundin wieder auf die Bühne. Beide waren völlig in eine Menge Tücher gehüllt. Gwennie in grüne, die andere in blaue. Eine Win dmaschine blies Luft von hinten ran, kühlte Dirks Gesicht und brachte die Tücher zum Wehen. Beide Frauen bewegten sich synchron zur Musik, lösten ein Tuch nach dem anderen von ihren Körpern und ließen es von dem künstlichen Wind in den Zuschauerraum flattern. Sofort balgten sich die Fans darum.
Dirk erkämpfte sich einen von Gwennies grünen Fetzen, ein zartes Tuch mit dem Aufdruck „SURVIVAL“. Er steckte es wie einen Schatz unter sein T-Shirt und kam sich auch tierisch albern dabei vor. Wie ein verdammter liebeskranker Schuljunge. Ein Glück, dass Wally ihn dabei nicht gesehen hatte. Der hätte sich in die Hose gepisst vor Lachen.
„Glaubst du, dass das Konzert ein Erfolg war?“ Kritisch begutachtete Pat eine Scheibe Toast Hawaii, bevor sie davon abbiss.
Gwen zog sich einen Stuhl heran und nahm neben Pat am Schreibtisch Platz. „Jedenfalls waren viele Besucher da. Die Hälfte der CDs ist auch verkauft. Unsere finanziellen Probleme sind vorerst gelöst.“
Sie aßen die Toasts nebenbei, während sie einträchtig an Pats Computer hockten und die Adressen aus den Beitrittsformularen eingaben, die alle Konzertbesucher als Eintrittstickets ausgefüllt hatten. Die Eintönigkeit dieser Arbeit wurde nur dadurch unterbrochen, dass Venus wieder von draußen herein wollte. Dann fielen zwei Formulare in Gwens Hände, auf denen Dirk Statlers Name stand. „Oh, mein Gott!“
Pat warf einen entrüsteten Blick darauf. „Dieser Bastard! Offensichtlich ist er beim Konzert gewesen.“
Diese Erkenntnis löste auch nachträglich noch ein Kribbeln in Gwens Bauch aus. Irgendwo auf Höhe der Eierstöcke, wie sie ärgerlich feststel lte.
„Und er hatte auch einen Gast dabei, da er zweimal bezahlt hat“, stellte Pat fest. „Was ihm zwei Jahre Su rvival-Mitgliedschaft sichert.“
Gwen nahm einen Briefumschlag aus der Schreibtischschublade und adressierte ihn an Statler-Tec , zu Händen von Dirk Statler. „Selbstverständlich schicken wir ihm die beiden Formulare mit dem Eintrittspreis zurück. Wir nehmen kein Geld
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