Gwen (German Edition)
Zuchteber!“
„Schnell, Pat!“ Gwen fasste die Handgriffe des Rollstuhls, stemmte ihr Gewicht dagegen und schob ihn aus dem Zimmer. Vorsorglich schaltete Pat das Licht aus, zog die Tür zu, eilte an Gwen vorbei zum Aufzug und drückte einen Knopf.
E inen lähmenden Augenblick lang hörte Gwen Stimmen im Flur, eine heitere Frauen- und eine tiefe Männerstimme. Von irgendwo aus dem rechten Gang um die Ecke. Doch die Tür des Lifts ging auf und schloss sich hinter den Flüchtenden, bevor jemand zu sehen war.
Unbemerkt hasteten sie aus der Klinik und zum Auto. Pat riss beide hinteren Türen auf, schlüpfte auf den Rücksitz, streckte ihre Arme aus dem Auto und schlang sie unter Dirks Achseln hindurch um seine Brust. „Du schiebst, ich ziehe!“
Mit ganzem Körpereinsatz machten sie sich an diesen Kraftakt, der dadurch erschwert wurde, dass sich Dirk plötzlich sträubte. „Nein“, keuchte er, „ich … setz mich … auf … keinen … verdammten … Reiskocher …“
„Scheiße, Scheiße, Scheiße! “, keuchte Pat. „Wir kriegen den nie da rein. Lassen wir ihn am besten hier liegen und verschwinden schleunigst! Sonst entdeckt man uns noch.“
Nun reichte es Gwen. Sie ohrfeigte Dirk und schrie in sein Gesicht: „ Lass dir endlich helfen, du Idiot! “
Nun stoppte seine Gegenwehr. Willenlos ließ er sich auf den Rücksitz ziehen. Dann kam Pat um das Auto herum und half Gwen, die langen Männerbeine zusammenzufalten und die Tür zuzudrücken.
„Diesmal fahre besser ich!“ Schon saß Pat am Steuer und start ete den Wagen.
Vor Anstrengung zitternd sank Gwen auf den Be ifahrersitz, drehte sich aber sofort zu dem Mann um, der ungeachtet der unbequemen Schräglage völlig reglos auf der Rückbank hing. Jede Straßenlampe, die sie passierten, warf ein mit Mal zu Mal gespenstischeres Licht auf ihn. „Seine Atmung wird schwächer, glaube ich. Beeil dich, Pat!“
Nach einem kurzen Blick nach hinten trat Pat auf das Gas.
Nie war er Gwen schwerer vorgekommen als jetzt, da sie und Pa t ihn in ihre Wohnung schleppten. Er lallte nicht mehr, wehrte sich auch nicht.
Was sicher ein schlechtes Zeichen war.
Als Pat die Tür aufsperrte und sich Venus an ihnen vorbei in die Wohnung drängte, konnte Gwen den schweren Mann nicht mehr halten. Er sackte einfach in sich zusammen wie ein implodierendes Abrisshochhaus.
J ede von ihnen griff sich einen seiner Arme, und so schleiften sie ihn in die Wohnung. Noch vor Erreichen des Sofas ließen sie ihn an Ort und Stelle liegen. Pat zog die Tür zu und machte Licht.
Schwer atmend warf sich Gwen neben Dirk auf den Boden. „Oh, Pat, du bist Medizinerin. Tu was!!“
Aufbrausend warf Pat die Arme hoch. „Wofür hältst du das hier? Für die Mayo-Klinik?“ Doch sie kniete sich neben Dirk und riss ihm das Krankenhaushemd vom Leib. Darunter war er vollkommen nackt und vollkommen bleich.
Und vollkommen leblos.
Mit einem Stirnrunzeln, das nichts Gutes verhieß, untersuchte Pat den Kranken mit wenigen, professionell aussehenden Griffen. „Und dabei waren wir gerade in einer Klinik mit Experten, Medikamenten, Diagnosetechnik, Intensivstation. Ich fasse es nicht, dass ich auf dich gehört und ihn hierher gebracht habe!“
„ In der Klinik hätten sie ihn getötet!“
„Das werden sie vielleicht auch so hinkriegen.“ Konzentriert legte Pat beide Handflächen auf Dirks Rippenbogen. „Atmung und Puls flach, hochfrequent und arrhythmisch. Es sieht nach einer Überdosis Betäubungsmittel aus, vielleicht in Verbindung mit einem Muskelrelaxans. Oh, Scheiße, wenn er hier abkratzt, sind wir geliefert!“
„ Oh Gott, Pat, hilf ihm! “
„Moment!“ Pat nagte an ihrer Unterlippe. „Moment!“ Unvermittelt sprang sie auf und rannte, gefolgt von einer irritierten Venus, nach draußen auf die Straße. Gwen hörte das Zuschlagen von Autotüren und ein gedämpftes „Scheiße! Scheiße! Scheiße!“, dann kamen Tierärztin und Hund zurück. Pat hatte die Arme voll mit medizinischen Flaschen und folienverpacktem Zubehör, offensichtlich alles aus ihrem Praxisfahrzeug. Sie kickte die Tür mit den Fuß zu und kippte ihre Ladung auf Dirk aus. Eine Flasche rollte von ihm herunter.
Pat nahm ein Gummiband und fixierte es um Dirks Oberarm. „Ich komme in die winzige Ohrvene eines Ferkels rein, ich komme in die Ohrvene eines verdammten Ferkels rein“, murmelte sie wie ein Gebet, „da schaffe ich auch das . Scheiße, durch diesen Kreislaufkollaps lassen sich die Venen schlecht anstauen!
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