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Gwydion 02 - Die Macht des Grals

Titel: Gwydion 02 - Die Macht des Grals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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struppigen Bart, die eingefallenen Wangen und das schüttere graue Haar. Plötzlich begann sein Körper zu beben, als schüttelte ihn ein irres Kichern, doch dann erkannte Gwyn, dass der Ritter haltlos wie ein kleines Kind schluchzte.
    Die anderen sahen sich betreten an. Tristan wollte seinen Freund trösten, doch Merlin hielt ihn zurück.
    „Sir Lancelot, ich muss ehrlich zu Euch sein. Alles deutet darauf hin, dass ein tückisches Gift Euren Körper und Euren Geist zerstört. Das Mittel, dass ich Euch verabreicht habe, lindert die Folgen, es wird Euch aber nicht heilen. Ihr habt großes Glück, dass Ihr hierher gebracht wurdet, sonst wäre Euer Tod sicher gewesen.“
    „Was könnt Ihr für mich tun?“, fragte Lancelot mit wenig Hoffnung in der Stimme.
    „Das kann ich noch nicht sagen. Zuvor muss ich mehr über die Zusammensetzung und die Natur des Gifts herausfinden, um dann eine Kur zu finden – so es eine gibt. Aber ich verspreche Euch, dass ich alles in meiner Macht Stehende tun werde, um Euer Leben zu retten.“
    Plötzlich stand Sir Degore in der Tür. Er musste die Stufen hinaufgerannt sein, denn er rang schwer nach Atem, bevor er anfing zu sprechen. „König Artur hat die Tafelrunde einberufen“, keuchte er. „Er will von Gwyn die näheren Umstände von Lancelots Rückkehr erfahren.“
    „Wann?“, fragte Sir Gawain.
    „Sofort“, erwiderte Sir Degore. „Alle anderen haben sich schon versammelt.“
    Merlin nickte und nahm Lancelot den Spiegel aus der Hand. „In der Zwischenzeit werdet Ihr hier ruhen. Ich bin bald wieder bei Euch.“
    Gwyn folgte den anderen hinunter in den Burghof. Das war also der große Sir Lancelot, um den sich so viele Legenden rankten. Doch nichts war mehr von seiner ursprünglichen Größe übrig geblieben. Irgendetwas hatte ihn wie ein Feuer, das nun keine Nahrung mehr fand, von innen heraus aufgezehrt. Dreizehn Jahre – einfach weggewischt. Gwyn fragte sich, was einen heldenhaften Ritter in solch eine bemitleidenswerte Gestalt verwandeln konnte.
    Als er mit Merlin die Halle betrat, hatten alle anderen schon Platz genommen. Nur drei Stühle waren leer: Sir Urfin, dem Gwyn anfangs als Knappe gedient hatte, gehörte dieser Gemeinschaft nicht mehr an und Sir Galahad war noch nicht mit den Knappen zurückgekehrt. Auch Guinevra, die bei Versammlungen der Tafelrunde immer zur Rechten des Königs saß, war nicht zugegen.
    Gwyn kam sich ziemlich klein und unbedeutend vor, wie immer, wenn er inmitten dieser Gruppe alter, kampferprobter Männer saß. Jeder von ihnen hatte mehr gesehen und erlebt als alle anderen Menschen, mit denen Gwyn bisher zu tun hatte, Humbert von Llanwick vielleicht einmal ausgenommen.
    Er fragte sich, welche Welt wirklicher war: die der Griflets, die jeden Tag um ihr Überleben kämpften, oder die der Ritter, die mit ihren Taten und Entscheidungen die Geschicke der Welt bestimmten, in der er lebte. Dieser Macht wohnte auch eine ungeheure Verantwortung inne, deren Last viele Schultern gebeugt hatte. Keiner der Männer war jünger als fünfzig Jahre und alle sahen älter aus. Einzig an Sir Kay schien die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein, doch selbst er konnte in Momenten, in denen er sich unbeobachtet fühlte, seine Erschöpfung nicht verbergen.
    Die Augen der Anwesenden hefteten sich auf Gwyn, als er zu einem kleinen Schemel hinter Merlins Stuhl ging und dort nervös stehen blieb. Das Protokoll verlangte, dass sich niemand setzen durfte, bevor nicht der König Platz genommen hatte.
    Als Artur sicher war, die ungeteilte Aufmerksamkeit der Anwesenden zu haben, setzte er sich. Einen kurzen Moment starrte er auf seine Hände, die er vor sich auf den Tisch gelegt hatte, und kaute auf der Unterlippe, als ob er das Für und Wider einer Entscheidung abwäge, die er nun zu treffen hatte. Doch statt ein Wort an die Runde zu richten, drehte er sich finster zu Merlin um, der den Blick mit einem Schulterzucken erwiderte.
    „Lancelot ist wieder zurück“, sagte der König schließlich. Die Reaktion der Ritter war unterschiedlich. Diejenigen, die Merlin geholfen hatten, Arturs ersten Ritter hinauf in den Turm zu tragen, schwiegen ungerührt. Sir Parcival brauchte einen Moment, um zu verstehen, was er da gehört hatte. Manche konnten ihre Freude kaum unterdrücken, während andere sich überrascht in ihre Stühle zurückfallen ließen.
    „Nun ist diese Rückkehr für sich genommen schon bemerkenswert“, fuhr Artur fort. „Jedoch die Umstände, unter denen Lancelot

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