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Gwydion 02 - Die Macht des Grals

Titel: Gwydion 02 - Die Macht des Grals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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auszubrechen.
    „Wir alle sind Söhne ehrenvoller Herrscher, die sich freiwillig dazu entschlossen haben, von Artur und seinen Rittern alles zu lernen, wessen es bedarf, um die Reste Eurer ruhmreichen Zivilisation vor dem endgültigen Zerfall zu bewahren und das Licht der Erkenntnis in die sich verdüsternde Welt zu tragen.“
    Obwohl die Ansprache sehr danach klang, als habe sie Rowan auswendig gelernt, verfehlte sie ihre Wirkung nicht. Das Kichern verstummte und Stille kehrte wieder ein. Nur wenige erkannten die versteckte Beleidigung, unter ihnen auch Decimus. Der aber lachte nur, als Rowan geendet hatte.
    „Wahr gesprochen, junger Freund. Wahr gesprochen. In Zeiten wie diesen müssen wir hilfreich beieinander stehen, obwohl manche unter den Anwesenden sich noch immer einer Größe teilhaftig fühlen, die sie nicht erworben und die ihre Vorfahren schon lange leichtfertig verspielt haben. Deswegen werden wir uns heute den angenehmen Seiten des Lebens widmen.“ Er klatschte in die Hände. „Man möge das Essen auftragen.“
    Ein Gong wurde geschlagen und die Tür zur Küche ging auf. In einer langen Prozession wurde auf silbernen Schalen eine Unzahl von Köstlichkeiten aufgefahren, wie sie Gwyn noch nie gesehen, geschweige denn probiert hatte.
    Als Rowan einen ersten Bissen genommen hatte, schloss er schwelgerisch die Augen. „Davon könnte sich Meister Arnold wahrlich eine Scheibe abschneiden“, sagte er mit vollem Mund, und dann, zu Decimus gewandt: „Entschuldigt bitte mein allzu forsches Auftreten. Ich wollte Eure Gäste nicht beleidigen.“
    Decimus schnaubte nur, als er sich in seinen Pokal roten Wein einschenken ließ. „Nein, mein Freund. Du hattest mit deiner Bemerkung Recht. Wir befinden uns unwiderruflich auf dem absteigenden Ast. Heute werde ich zum letzten Mal diesen toskanischen Tropfen ausschenken. Dann ist der Keller leer und wir müssen das heimische Bier trinken. Düstere Aussichten, aber wir sind schon mit Schlimmerem fertig geworden. Wie hat euch das Bad in unserer Therme gefallen?“
    „Es war der Himmel auf Erden. Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie so wohl gefühlt…“, sagte Gwyn und zögerte.
    „Aber?“
    „Die Bediensteten, im Bad wie hier in Eurem Haus…“ Er suchte nach den richtigen Worten, um seinen Gastgeber nicht vor den Kopf zu stoßen. „Sind es Sklaven?“
    Decimus schüttelte den Kopf, als sei dies die natürlichste Frage der Welt. „Nein. Seitdem Rom das Christentum zur Staatsreligion ausgerufen hatte, ging die Sklaverei zurück. Die Männer und Frauen, die du hier siehst, arbeiten ohne Zwang. Sie erhalten ihren Lohn in Naturalien und genießen den Schutz dieser Stadt.“
    Die Frau, die Gwyn und Rowan bediente, wandte sich Decimus zu. „Verzeiht Herr, darf ich sprechen?“ Der alte Mann nickte stumm. Sie fuhr fort. „Unser Gemeinwesen beruht auf Freiwilligkeit. Jeder leistet die Arbeit, die gerade benötigt wird. Auch wenn ich Euch heute Abend bediene, so hat meine Stimme im Rat dasselbe Gewicht…“
    Plötzlich stockte sie. Mit einem Ausdruck maßlosen Erstaunens fasste sie sich an den Hals und sank zu Boden. Eine Pfeilspitze hatte schräg von hinten ihren Kehlkopf durchbohrt. Sie öffnete wie ein Fisch auf dem Trockenen ihren Mund und brach dann tot zusammen.
    Geistesgegenwärtig zog Marcus Gwyn aus der Schussbahn, warf einen flachen Holztisch um und benutzte ihn als Schild. Mit einem dumpfen Geräusch schlug ein zweiter Pfeil ein.
    „Dort oben! Auf dem Dach!“, schrie er und zeigte hinauf zur Öffnung des Atriums, wo der in Schwarz gekleidete Schütze kauerte. Als er merkte, dass man ihn entdeckt hatte, duckte er sich und kroch davon.
    Marcus schnappte sich ein paar Männer und stürmte hinaus. Rowan überlegte nicht lange. Er ergriff ein auf dem Boden liegendes Fleischmesser und rannte den anderen hinterher.
    „Du nicht“, sagte Decimus. Er hatte Gwyn bei der Toga gepackt. „Ich möchte nicht, dass der Mörder sein Werk doch noch vollenden kann.“
    „Was?“, fragte Gwyn verwirrt. „Aber diese Frau…“
    „War nicht das Ziel“, sagte er so leise, dass ihn die Umstehenden nicht hören konnten.
    „Ihr meint, der Schütze hat es auf mich abgesehen?“, fragte Gwyn ungläubig. Statt eine Antwort zu geben, holte Decimus etwas aus seinen Taschen hervor, das Gwyn nur zu gut kannte: das Medaillon.
    „Man hat es in deinen Sachen gefunden. Ich will wissen, wo du es herhast.“
    „Das kann ich Euch nicht sagen.“
    Decimus verstärkte seinen

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