Gwydion 02 - Die Macht des Grals
Badehaus gemacht?“
Der Sohn der Dianapriesterin
Nachdem Rowan und Gwyn sich in einem der leeren Häuser eingerichtet hatten, führte sie Marcus zum Tempelplatz.
Gwyn hatte in der Tat schon Bekanntschaft mit einem Badehaus gemacht, doch war diese alles andere als angenehm gewesen. Sir Kay hatte das alte römische Gebäude im Hof von Camelot für seine seltsame Vorstellung von männlicher Härte missbraucht und die Knappen nach ihren morgendlichen Ertüchtigungen in das ungeheizte Wasser springen lassen, was zwei von ihnen einmal beinahe das Leben gekostet hätte. Doch als er auf dem Tempelplatz stand, musste er angenehm überrascht zugeben, dass seine Befürchtungen unbegründet waren.
„Aquae Sulis war im ganzen römischen Reich berühmt für seine heißen Quellen. Ihr werdet feststellen, dass die Therme für eine Stadt dieser Größe ein wenig überdimensioniert erscheint, doch es hat eine Zeit gegeben, da spielte Geld keine Rolle.“ Marcus holte einen Schlüssel hervor und öffnete das schwere Portal eines Gebäudes, dessen reich verzierte Fassade Rowan und Gwyn den Atem raubte.
Ehrfürchtig betraten sie eine marmorne Halle, die nur durch das flackernde Licht einiger Feuerschalen erhellt wurde. Die Wände waren über und über mit Malereien bedeckt, die das Meer mit seinen wundersamen Göttern und Fabelwesen zeigten.
„Seht! Scylla und Charybdis!“, entfuhr es Rowan, als er vor einem Schiff stand, das von zwei Ungeheuern angegriffen wurde. Mit einem Leuchten in den Augen drehte er sich zu Gwyn um und begann etwas in einer melodisch klingenden, fremden Sprache vorzutragen.
Marcus nickte anerkennend. „Die Anrufung der Muse, mit der die Odyssee des großen griechischen Dichters Homer beginnt. Respekt, mein junger Freund. Also ist es wahr, was man sich von Artur erzählt. Dass er das Andenken der Griechen und Römer ehrt.“
Gwyn, der nicht verstand, worüber die beiden sprachen, starrte mit einem verwunderten Gesichtsausdruck auf die Wandmalereien.
Marcus trat neben ihn und übersetzte den Text, den Rowan soeben rezitiert hatte.
Sage mir, Muse, die Taten des viel gewanderten Mannes, Welcher so weit geirrt, nach des heiligen Troja Zerstörung, Vieler Menschen Städte gesehn und Sitte gelernt hat, Und auf dem Meere so viel unnennbare Leiden erduldet, Seine Seele zu retten und seiner Freunde Zurückkunft. Aber die Freunde rettet’ er nicht, wie eifrig er strebte, Denn sie bereiteten selbst durch Missetat ihr Verderben.
Gwyn musterte Rowan, der noch immer beinahe entrückt das Fresko betrachtete, aus den Augenwinkeln heraus. Er wusste, dass der Sohn des Hofmeisters ein hervorragender Kämpfer war, doch dass er sich ebenfalls mit den Geschichten der alten Griechen auskannte, ließ seinen Freund auf einmal in einem ganz anderen Licht erscheinen. Unter der Schale des rauen Burschen verbarg sich ein feinsinniger Geist!
„Kommt jetzt, die Wunder werden noch größer.“ Marcus führte die beiden zu einem kleinen Raum, in dessen Mitte eine lang gezogene Bank stand.
Gwyn und Rowan folgten dem Beispiel ihres Führers, als dieser sich auszog. Gwyn legte in einem unbeobachteten Moment sein Medaillon ab und versteckte es in einer Innentasche seines Rocks. Dann nahm er sich eines der bereitliegenden Handtücher und schlang es sich um die Hüften.
„Bevor wir das Bad benutzen können, müssen wir uns alle gründlich reinigen.“
Im angrenzenden, von Kerzen beleuchteten Raum befand sich ein Trog, in den unablässig heißes Wasser plätscherte und durch einen Überlauf wieder abfloss. Marcus warf Gwyn einen weißen Würfel zu, den dieser geschickt auffing.
„Was ist das?“, fragte er misstrauisch und roch daran.
„Seife. Taucht sie in das Wasser und reibt euch mit ihr ein. Wenn ihr fertig seid, spült ihr den Schaum wieder ab.“
Das eigentliche Bad war eine Halle, die vielleicht hundertzwanzig Schritt lang und siebzig breit war, so genau konnte Gwyn es nicht erkennen, denn wie in der Eingangshalle, dem Umkleidezimmer und dem Raum zur Vorreinigung brannten hier nur Öllampen und Feuerschalen. Gwyn legte den Kopf in den Nacken und schaute nach oben. Für einen kurzen Moment glaubte er das Schlagen von Flügeln zu hören, doch konnte er nichts erkennen, denn das tonnenförmige Gewölbe der Decke verlor sich weit über ihm im Dunkel.
Marcus legte das Handtuch beiseite und stieg die Treppe zu dem riesigen Becken hinab.
„Nun kommt schon! Worauf wartet ihr noch?“ Langsam, als
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