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Gwydion 02 - Die Macht des Grals

Titel: Gwydion 02 - Die Macht des Grals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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wurde. Doch Gwyn beschlich die düstere Vorahnung, dass sich dieses Gefühl von Heimat in dieser Nacht nicht einstellen würde.
    Die festliche Stimmung hatte alle außer Sir Lancelot und Sir Kay erfasst. Während sich die meisten auf das Fest am Abend vorbereiteten, waren sie schon in Gedanken beim morgigen Tag. Rowan stand mit seinem Vater in der Schmiede, wo Sir Kay seinem neuen Schwert den letzten Schliff verpasste. Lancelot hingegen lief mit gesenktem Kopf wie eine Raubkatze umher, die man in einen viel zu engen Käfig gesperrt hatte.
    Als die Sonne langsam hinter dem Horizont versank und die Stunde der Feuer immer näher kam, sah Gwyn Aileen, die in Begleitung ihrer Zofe auf dem Weg zum Wehrgang auf dem Burgtor war. Von diesem Platz aus würden Artur und seine Familie das Spektakel verfolgen, das seinen nächtlichen Höhepunkt wie jedes Jahr in einem ausgelassenen Fest finden würde, bei dem reichlich Wein und Bier flossen.
    Aileen musste Rowan bei der Schmiede gesehen haben, doch sie ignorierte ihn, obwohl er ganz eindeutig ihren Blick suchte. Stattdessen kam sie herüber zu Gwyn und nickte ihm mit einem Zwinkern zu.
    „Wie ich sehe, ist Lancelot wieder im Vollbesitz seiner Kräfte“, sagte sie gut gelaunt. „Also können wir uns morgen auf ein beeindruckendes Spektakel gefasst machen.“
    Gwyn schaute an Aileen vorbei und zu Rowan hinüber, aus dessen Gesicht jede Farbe gewichen war.
    „Starrt mich Rowan noch immer an?“, fragte sie mit spitzer Stimme, aber so leise, dass nur Gwyn es hören konnte.
    „Ja“, sagte er. „Hast du schon mit ihm gesprochen?“
    „Nein, noch nicht. Das habe ich mir für morgen nach dem Turnier aufgehoben. Aber lass das nicht deine Sorge sein.“
    „Ist es aber“, sagte Gwyn knapp. „Aileen, er ist mein Freund! Ich sehe doch, wie er leidet!“
    „Wie ritterlich von dir“, entgegnete die Prinzessin spöttisch. „Aber so ist das eben, wenn man auf sein Herz hört. Einer ist in diesem Fall immer der Verlierer. Sehen wir uns nachher auf dem Fest?“
    „Nein, Lancelot benötigt noch meine Dienste“, antwortete Gwyn, der froh war, eine glaubhafte Ausrede zu haben.
    „Wie schade. Aber wenn es sich dein Herr noch anders überlegen sollte, weißt du ja, wo du mich findest.“
    Mit diesen Worten zog sie mit Katlyn, die die ganze Zeit stumm wie ein Fisch dabeigestanden hatte, weiter. Gwyn überlegte kurz, ob er nicht zu Rowan hinübergehen sollte, entschied sich aber anders. Er wollte auf keinen Fall den Eindruck erwecken, als müsse er sich für irgendetwas rechtfertigen.
    Auch wenn das Feuer an die Geburt von Johannes dem Täufer erinnern sollte, war der Ursprung dieses Brauchs tief in den keltischen Überlieferungen verwurzelt und markierte die Sommersonnenwende, den längsten Tag des Jahres. Viele der Bauern hatten Strohpuppen angefertigt, die in die Flammen geworfen wurden, um Dämonen zu vertreiben, die im Laufe des Jahres vielleicht das Vieh und die Ernte heimsuchen konnten.
    Als die Dunkelheit endlich hereinbrach, wurde eine kleine Glocke geläutet. Der Priester aus Cadbury, der zuvor den Altar hergerichtet hatte, trat nun mit einer Fackel vor und zündete Gebete vor sich hin murmelnd den Scheiterhaufen an. Als wäre dies ein Zeichen gewesen, brannten nun auf den Umliegenden Hügeln weitere Feuer, bis in dieser klaren Sommernacht Dutzende von Lichtpunkten in der Dunkelheit flackerten. Die weihevolle Stimmung hielt aber nur wenige Minuten, denn als Meister Arnold vortrat und erklärte, dass nun das Bier und der Wein zum Ausschank bereitstanden, gab es für die meisten kein Halten. Nur Gwyn stand abseits bei der Linde und sah hinüber zu den Hügeln. In dieser Nacht hätten noch Hunderte dieser Feuer brennen können, dachte er bitter. Die Dunkelheit würden sie dennoch nicht vertreiben.
     
     
    Als er in den Hof zurückkehrte, saßen die anderen Knappen schon beisammen und ließen es sich gut gehen. Gwyn, der seinen Brummschädel noch nicht vergessen hatte, holte sich einen Krug Dünnbier und setzte sich zu Orlando.
    „Und wie ist die Stimmung so kurz vor dem großen Tag?“
    „Heitere Verzweiflung würde Sir Lancelots Zustand am besten beschreiben“, antwortete Gwyn, der sich große Sorgen machte.
    „Er glaubt also nicht, dass er den Kampf gegen Sir Kay gewinnt“, stellte Orlando fest.
    Gwyn schüttelte den Kopf und nahm einen Schluck, wobei er einen hastigen Blick über die Schulter warf. Er hatte Aileen erzählt, dass er Sir Lancelot noch unbedingt bei dessen

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