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Gwydion 02 - Die Macht des Grals

Titel: Gwydion 02 - Die Macht des Grals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Schwindt
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lächelte ihn beinahe strahlend an, hielt aber nicht inne und sagte auch sonst kein Wort, als er an ihm vorüberging. Gwyn lief es eiskalt den Rücken hinunter, als ihm Katlyns Worte wieder einfielen. Warum benahm sich Rowan so eigenartig? War er wirklich kurz davor, eine Riesendummheit zu begehen?
    Plötzlich ertönte lauter Beifall. Wie ein Hahn, der seinen Hühnerhof betrat, kam Sir Kay einherstolziert und genoss die Ovationen, unter die sich auch einige Buhrufe mischten.
    Doch diese vereinzelten Unmutsbezeugungen konnten das strahlende Selbstbewusstsein des Hofmeisters nicht trüben. Ganz im Gegenteil, sie schienen sogar eine Art Trotz bei ihm zu provozieren, so sehr reckte er auf einmal das Kinn vor.
    Wo blieb Sir Lancelot nur? Gwyn trat nervös von einem Fuß auf den anderen und ging dann zurück zum Zelt, um noch einmal einen prüfenden Blick auf das Schwert zu werfen.
    „Ah, da bist ja“, empfing ihn Lancelot, als sein Knappe die Zeltplane beiseite schlug und eintrat.
    „Aber… wie seid Ihr hier unbemerkt hereingekommen?“, fragte Gwyn verdutzt.
    Lancelot zeigte auf einen Mantel, den er achtlos auf den Boden geworfen hatte. Gwyn bemerkte, dass Lancelots Finger zitterten, als er sein Schwert umgürtete. „Ich werde Euch helfen“, sagte er.
    Lancelot sah seinen Knappen dankbar an. „Glaub mir, es fallen mir gerade ein Dutzend Dinge ein, die ich im Moment lieber täte, als gleich hinauszutreten und meine Ehre gegen Sir Kay zu verteidigen.“ Er holte tief Luft. „Ich glaube, du kannst Artur Bescheid sagen, dass ich fertig bin.“
    Gwyn steckte den Kopf aus dem Zelt und gab Merlin, der bei Artur und Guinevra stand, ein Zeichen. Der nickte und flüsterte dem König etwas zu.
    „Es geht gleich los“, sagte Gwyn, der das Zelt wieder schloss. Lancelot lächelte seinen Knappen nervös an, als auf einmal eine Fanfare ertönte und Artur mit weihevoller Stimme von den Ruhmestaten beider Ritter kündete, die in Kürze ihre Klingen kreuzen würden. Lancelot wippte von einem Fuß auf den anderen, kaute auf seiner Unterlippe und ließ die Schultern kreisen. Immer wieder überprüfte er Schild und Schwert, obwohl sich alles in einwandfreiem Zustand befand. Gwyn war überrascht, wie aufgeregt der Ritter war, der in seinem Leben mehr Kämpfe ausgetragen haben mochte als jeder andere, Sir Kay vielleicht ausgenommen.
    Ein zweiter Trompetenstoß ertönte und Lancelot schlug Gwyn auf die Schulter. „Lass uns gehen. Die Stunde der Entscheidung ist gekommen.“
    Als Arturs erster Ritter gleichzeitig mit dem Hofmeister hinaus auf den Burghof trat, brach ein ohrenbetäubender Beifall los, und es konnte keinen Zweifel geben, wem er galt. Als Lancelot sein Schwert zog und die königliche Familie grüßte, gab es kein Halten mehr. Die anderen Knappen, die zu Füßen des Königs mit ihren Rittern auf eilig herbeigeholten Bänken saßen, sprangen auf und jubelten in einer Lautstärke, die Gwyn einen Schauer den Rücken hinunterjagte.
    Artur zog nun seinerseits Excalibur. „Der Kampf beginnt! Möge der Bessere gewinnen.“
    Sir Kay und Lancelot stellten sich einander gegenüber und verneigten sich. Ein Trompetenstoß erklang, und ehe die Zuschauer wussten, was geschah, stürmte Sir Kay mit gezücktem Schwert auf Lancelot zu. Gwyn wusste, der Hofmeister suchte die schnelle Entscheidung, wollte den lästigen Widersacher ein für alle Mal aus dem Weg räumen und ihm eine deutliche Niederlage beibringen. Doch Gwyn erkannte auch, dass Sir Kay einen Fehler beging. Statt sich auf seine Erfahrung zu verlassen und den Kampf taktisch anzugehen, ließ er sich von seiner Wut leiten. Und das war ein Glück für Lancelot, der den ungenauen Angriff im letzten Moment mit seinem Schild parieren konnte. Die Heftigkeit, mit der die Schläge auf ihn niederprasselten, ließ ihn jedoch rückwärts taumeln. Trotz der zwei Monate, in denen Lancelot bis an den Rand der Erschöpfung trainiert hatte, war die körperliche Überlegenheit des Hofmeisters nicht zu leugnen. Es war ein einseitiges Duell, mit einem rasenden Angreifer und einem verzweifelten Verteidiger.
    Der Jubel, mit dem Lancelot auf dem Turnierplatz empfangen worden war, machte einer atemlosen Stille Platz. Bei jedem Schwertstreich, den er einstecken musste, zuckte das Publikum zusammen. Viele mochten schon gar nicht mehr hinschauen, so erdrückend war Sir Kays Überlegenheit.
    Es waren keine zehn Minuten vergangen und Lancelot hatte bereits Schwierigkeiten, sich auf den Beinen zu halten.

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