Gwydion 03 - König Arturs Verrat
ist so besessen davon, den Gral zu finden, dass weder in seinem Kopf noch in seinem Herzen Platz für etwas anderes ist. Die Sachsen, die sich uns nach dem Krieg angeschlossen haben, hungern und sind kurz davor, sich zu erheben. Die Ritter der Tafelrunde sind zu einem erbärmlichen Haufen verkommen, der nicht mehr seinen Pflichten nachkommt.“
„Aileen…“, versuchte Guinevra sie zu beschwichtigen, doch die Prinzessin schnitt ihr das Wort ab.
„Die Königin wollte die Regierungsgeschäfte übernehmen, damit das Reich nicht vor unser aller Augen zerfällt. Nun, die Antwort des Königs seht Ihr ja selbst.“
Die ganze Zeit hatte sie dabei Gwyn angestarrt, nur bei den letzten Worten hatte sie sich an Lancelot gewandt. Diesem war nicht entgangen, was sich zwischen Aileen und Gwyn abspielte. Einen langen Moment musterte er seinen Knappen düster, der am liebsten im Erdboden versunken wäre.
„Artur. Wo ist er jetzt?“, fragte Lancelot.
„Bei Merlin in der Bibliothek“, antwortete Guinevra.
Lancelot wandte sich zum Gehen um, doch die Königin hielt ihn am Arm fest. „Ihr werdet keine Dummheit begehen! Habt Ihr mich verstanden?“
Lancelot wollte sich ihrem Griff entwinden, doch Guinevra ließ nicht los.
„Habt Ihr mich verstanden?“, fragte sie abermals und betonte dabei jedes Wort auf eine Art, die keinen Widerspruch duldete.
„Ja“, antwortete Lancelot knapp, obwohl ihm anzusehen war, dass er dieses Versprechen nur schweren Herzens gab. Dann eilte er die Treppe hinab.
Guinevra zwang sich zu einem Lächeln, als sie Gwyns besorgten Blick sah. Für einen kurzen Moment schien es, als wollte sie etwas zu ihm sagen, doch dann strich sie ihm nur über die Wange und ging.
Aileen trat auf ihn zu. Sie war nur unwesentlich älter als er, doch die letzten Wochen und Monate hatten alles Kindliche in ihren Zügen ausradiert, die nun hart und bitter waren. Das lebhafte Mädchen mit dem glockenhellen Lachen existierte nicht mehr.
„Die Zeit drängt“, sagte sie. „Die Dinge nehmen ihren Lauf. Hast du deine Meinung geändert?“
Gwyn sah ihr in die Augen. „Ich erkenne dich nicht mehr wieder.“
„Das ist keine Antwort auf meine Frage!“
„Du kennst sie, und sie wird sich nicht ändern.“
Aileen kniff die Lippen zusammen. „Das glaube ich nicht. Du bist zu klug, als dass du diese einmalige Chance ungenutzt an dir vorüberziehen lässt.“ Ihre Miene wurde weicher und sie ergriff seine Hände. „Ich habe keine Freunde mehr. Da ist niemand, auf den ich mich verlassen kann, außer einem mutigen, klugen Schweinehirten aus Cornwall, der die Fähigkeit hat, die Welt aus den Angeln zu heben. Bitte lass du mich nicht auch noch im Stich!“
„Gwyn, verdammt. Wo bleibst du?“, schallte Lancelots Stimme ungeduldig zu ihm hinauf.
„Ich muss los“, sagte Gwyn und entzog Aileen seine Hände. Bevor die Prinzessin noch etwas sagen konnte, hastete Gwyn die Treppe hinunter.
„Was hattet ihr denn noch zu bereden?“ wollte Lancelot wissen, als sie hinaus auf den Burghof traten und hinüber zu Merlins Turm gingen.
„Nichts Besonderes“, antwortete Gwyn ausweichend, doch offensichtlich verriet sein Mienenspiel etwas anderes, denn Lancelot blieb auf einmal stehen.
„Mir tut die Prinzessin auch leid“, sagte Lancelot nun versöhnlicher. „Sie ist in einer bedauernswerten Situation. Erst verschwindet Rowan kurz nach dem Anschlag auf Sir Kay, sodass alle Welt ihn für den Attentäter halten muss. Und dann beginnt Artur den Verstand zu verlieren.“ Lancelot biss die Zähne zusammen. „Dieser alte Narr. Fast könnte man meinen, auf seiner Familie läge ein Fluch. Welch ein Glück, dass wenigstens Aileen bei all dem Durcheinander einen kühlen Kopf zu behalten scheint.“
Gwyn sagte nichts darauf. Obwohl er Lancelot vertraute wie keinem anderen Menschen, wollte er nichts von den Plänen der Prinzessin verraten. Noch war Artur König von Britannien und seine Enkelin eine Prinzessin von fünfzehn Jahren, die vom Regieren keinerlei Ahnung hatte.
Eilig stiegen sie die Stufen des Westturms hinauf. Lancelot klopfte an die Tür, die kurz darauf von Merlin geöffnet wurde, der ernst dreinblickte.
„Ist der König bei Euch?“
Statt eine Antwort zu geben, machte Merlin einen Schritt beiseite und die beiden traten ein. Gwyn erschrak, als er in die Augen des alten Mannes starrte. Hatten sie bisher stets vor guter Laune und Zuversicht geblitzt, waren sie nun stumpf und müde.
Etwas abseits saß Katlyn auf einem
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