Gwydion 03 - König Arturs Verrat
nicht, wohin er den Fuß setzen musste.
Sie hatten das Meer fast erreicht, als sich zu ihrer Linken eine große Höhle öffnete.
Das Boot, das kieloben auf vier hölzernen Böcken lag, maß vielleicht zwanzig Fuß in der Länge und vier in der Breite. Ein großes, schwarz geteertes Tuch diente als Schutz gegen die Elemente. Lancelot schlug es beiseite und strich mit der Hand über das Holz.
„Es ist in einem guten Zustand“, sagte er.
„Das will ich meinen“, sagte Lady Wenna. „Zweimal im Jahr komme ich herunter und bessere die Schäden aus. Es dauert meist Tage, bis ich das Pech wieder von meinen Händen abgewaschen habe.“
„Der Mast?“
„Befindet sich mit dem Segel und den Rudern unter dem Boot.“
Lancelot nickte und schaute sich den Nachen jetzt von unten an.
„Die Passage um Gwennap Head ist zwar stürmisch, aber immer noch ungefährlicher als eine Begegnung mit dem Feind“, sagte Lady Wenna.
„Was meinst du, Gwyn?“, fragte Sir Lancelot.
Gwyn stand beim Eingang der Höhle, wo er auf das Meer hinausstarrte. „Wir nehmen dennoch den Landweg“, sagte er mit abwesender Stimme.
„Sei kein Narr, Junge“, sagte Lady Wenna ungehalten. „Bring dich nicht unnötig in Gefahr.“
Er drehte sich zu ihr um. „Es ist kein Platz für die Pferde.“
„Ihr könnt euch neue besorgen, wenn ihr bei Lyme Regis an Land geht.“
„Ich lasse Pegasus nicht im Stich.“
„Gwyn, überlege es dir genau“, sagte Lancelot.
„Das habe ich bereits, und mein Entschluss steht fest. Wir brechen morgen auf, reiten die Küste nach Osten entlang und umgehen Mordred in einem weitläufigen östlichen Bogen.“
Lancelot zuckte mit den Schultern und deckte das Boot wieder zu. „Wie du willst, es ist deine Entscheidung. Aber ich glaube, dass du einen Fehler begehst.“
Die Nacht war kurz. Noch vor dem Sonnenaufgang nahmen Gwyn, Lancelot und Rowan eine kräftige Mahlzeit zu sich und sattelten dann die Pferde. Lady Wenna hatte alles für den langen Ritt vorbereitet und einen großen Teil ihrer Vorräte hergegeben.
Lancelot verabschiedete sich als Erster von ihr. „Ich danke Euch. Sobald wir in Camelot angekommen sind, werde ich Artur Bericht erstatten. Er soll einige seiner Soldaten zu Eurem Schutz nach Caer Goch schicken.“
„Artur wird selbst jeden Mann brauchen, um Camelot zu sichern. Wahrscheinlich weiß er nicht einmal, dass ich noch lebe.“
„Dann sorge ich dafür, dass sich das ändert“, sagte Lancelot und umarmte sie. „Gibt es irgendetwas, was ich Eurem Gemahl ausrichten soll?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Dann wünsche ich Euch alles Gute.“ Mit diesen Worten bestieg Lancelot sein Pferd.
„Gwydion Desert?“, rief Lady Wenna.
Gwyn, der gerade seinen Sattelgurt nachzog, blickte auf.
„Komm einmal her.“
„Ja, Lady Wenna.“
Als Gwyn näher gekommen war, sagte sie leise zu ihm: „Ich weiß genau, warum du nicht das Boot nehmen willst.“
„Dann erspart uns einen weiteren Disput. Ich werde es jedenfalls nicht zulassen, dass Ihr wegen uns keine Möglichkeit zur Flucht mehr habt, wenn es zum Schlimmsten kommt.“
Sie sah ihn mit einem Ausdruck belustigten Mitleides an. „Was habe ich zu verlieren?“
„Euer Leben. Ich möchte, dass Rowan noch eine Familie hat, zu der er zurückkehren kann, wenn alles vorbei ist.“
Lady Wennas Gesichtszüge wurden weich. „Rowan kann stolz darauf sein, dich zum Freund zu haben“, sagte sie. „Du bist ein guter Junge.“
„Ich bemühe mich“, antwortete er. „Heute ist es mir nicht so gut gelungen.“
„Ist es wegen des Mannes, den du getötet hast?“, fragte sie. „Es ist Krieg, Gwydion Desert. Solange Menschen wie Mordred nach der Macht streben, wird so etwas immer wieder geschehen.“
„Ich wünschte, es wäre nicht so.“
„Wenn es stimmt, was man sich von dir erzählt, liegt es in deiner Hand. Nur wenige haben die Macht, die Welt zum Besseren zu verändern. Du scheinst einer von ihnen zu sein.“
„Ich danke Euch jedenfalls für die Gastfreundschaft, auch wenn Agrippina sie missbraucht hat.“
Lady Wenna machte eine wegwerfende Handbewegung. „Ist schon in Ordnung. Ich vermute, sie hatte ihre Gründe, sich einfach in der Nacht davonzustehlen. Du wirst sie Wiedersehen, dessen bin ich mir sicher.“
Dann verabschiedete sich Rowan von seiner Mutter. Es war ein ergreifendes Bild. Zehn Jahre lang hatten sie sich nicht gesehen, doch die wenigen Wochen in Caer Goch hatten ausgereicht, zwischen beiden ein festes Band
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