Gwydion 03 - König Arturs Verrat
das einen Schatten auf sein Herz warf. Von außen betrachtet war Camelot noch immer die imposanteste Burg, die Gwyn jemals gesehen hatte, aber selbst hier hatte der Zerfall nicht haltgemacht.
Kehre um, rief seine innere Stimme. Wende dein Pferd, bevor es zu spät ist. Aber er war wie erstarrt, zögerte noch nicht einmal, als sie den Ringwall hinaufritten und durch das unbewachte, sperrangelweit geöffnete Tor sahen.
„Oh mein Gott“, murmelte Sir Lancelot, und auch Gwyns Herz zog sich schmerzhaft zusammen.
„Was ist denn hier geschehen?“, fragte Rowan erschrocken.
Der Burghof bot ein Bild des Chaos. In allen Ecken türmte sich der Müll und erfüllte die Luft mit einem widerlich süßen Geruch. Gwyn sah in der Nähe der Küche zwei katzengroße Ratten. Sie hatten sich wohl an den Abfällen fett gefressen, die Meister Arnold achtlos neben die Tür gekippt hatte.
Gwyn stieg von seinem Pferd und band es beim Stall an einen Pfosten. Er wagte es nicht, Pegasus hineinzuführen, denn der bestialische Gestank, der ihm entgegenschlug, war beißend und ungesund.
Der Geruch des Todes, schoss es Gwyn durch den Kopf. Die Burg war ein Kadaver, der in der Sonne verrottete. Eine leere Hülle ohne Seele.
Gwyn sattelte Pegasus ab und hängte sein Schwert an einen Nagel. Keiner der Ritter erschien, um sie willkommen zu heißen. Gwyn lief hinüber zur Unterkunft der Knappen und riss die Tür auf. Alles sah noch aus wie bei seiner Abreise, obwohl viele der Betten nicht gemacht waren. Auf dem Tisch befanden sich die Reste eines kärglichen Mahles, an dem sich jetzt einige Fliegen labten.
Flieh von hier, flehte ihn die innere Stimme an. Bring dich in Sicherheit, bevor es zu spät ist.
„Wo sind alle hin?“, hörte er Rowans Stimme hinter sich.
„Ich habe keine Ahnung“, murmelte Gwyn und drängte sich an ihm vorbei. Mit schnellem Schritt durchquerte er den Burghof, riss die Pforte zu Merlins Turm auf und rannte die Stufen hinauf.
„Merlin?“, rief er. Mit aller Kraft hämmerte er mit der Faust gegen die verschlossene Tür. „Merlin, seid Ihr da?“ Er bekam keine Antwort, obwohl sich auf der anderen Seite etwas regte. „Merlin, macht auf! Wir sind wieder zurück und haben Rowan mitgebracht!“
Plötzlich wurde ein Riegel beiseitegeschoben und die Tür öffnete sich einen Spalt. Zwei graue Augen musterten ihn misstrauisch.
„Wer seid Ihr?“, fragte Gwyn vorsichtig. Er stolperte einen Schritt zurück, als er erkannte, wer ihn so bohrend anstarrte.
„Wo ist Sir Kays Sohn?“, fragte Artur drohend, ohne ihn zu begrüßen.
„Er ist gemeinsam mit Sir Lancelot unten im Hof.“
Der König stieß die Tür jetzt ganz auf. Für einen flüchtigen Augenblick konnte Gwyn einen Blick in den Raum werfen. Alles lag in wüstem Durcheinander, als hätte jemand etwas gesucht und nicht gefunden.
Artur war in einem bedenklichen Zustand. Er schien sich schon länger nicht gewaschen zu haben und auch seine schmutzige Kleidung war voller Flecken. Obwohl es nicht kalt war, warf sich der König einen Mantel über die Schulter, stieß den Jungen beiseite und rannte, ohne ein Wort zu verlieren, die Treppe hinunter.
Gwyn hätte am liebsten Merlins Gemächer genauer untersucht, doch er entschloss sich, dem König zu folgen. Gwyn konnte förmlich spüren, dass eine Katastrophe heraufzog.
Er hatte Artur eingeholt, als dieser hinaus auf den Hof trat und geradewegs auf Rowan zusteuerte.
„Majestät!“, rief er. „Es ist gut, Euch zu sehen! Wie geht es meinem Vater? Ich muss…“ Weiter kam er nicht, da hatte ihn schon ein gewaltiger Schlag niedergestreckt.
„Werft den Burschen in den Kerker!“, zischte Artur.
„Hoheit, Ihr begeht einen Fehler!“ sagte Sir Lancelot, der versuchte, sich zwischen Artur und Rowan zu stellen.
„Das ist ein Befehl“, schrie der König so laut, dass Gwyn zusammenfuhr. Lancelot zögerte noch immer. Artur tastete seine Seite nach Excalibur ab, doch als er erkannte, dass er unbewaffnet war, packte er Lancelot wutschnaubend beim Kragen und zog ihn zu sich heran.
„Das ist ein Befehl“, presste er noch einmal zwischen den Zähnen hervor. „Und Ihr wisst, was geschieht, wenn Ihr ihn verweigert!“
Lancelot erwiderte nichts. Er griff Rowan beim Arm und zog ihn hoch.
„Gib Antwort, wenn dein König mit dir spricht, Ritter!“
„Ja, Herr“, sagte Lancelot mit mühsam unterdrückter Wut.
„Ja, Herr. Und weiter?“
„Ja, Herr. Ich weiß, was geschieht, wenn ich einen Eurer Befehle
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