Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
H2O

H2O

Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
Vom Netzwerk:
keine Rolle spielte. Designe begriff plötzlich, dass er ihm völlig ausgeliefert war. Ohnmacht und Angst machten ihn rasend vor Wut. Tränen füllten seine Augen. Er fixierte erneut die Maschinenpistole, deren Lauf jetzt wundersamerweise auf ihn gerichtet war.
    »O nein!«, murmelte er mit tonloser Stimme.
    Dann sammelte er seine Kräfte, um sich auf das Todeswerkzeug zu stürzen. Doch Sénéchal war schneller und ohrfeigte ihn mit beiden Händen - rechts und links gleichzeitig. Der doppelte Schlag erzeugte ein klatschendes Geräusch, das von der Holzverkleidung der Bar zurückgeworfen wurde. Designes Gesicht färbte sich dunkelrot.
    Er riss den Mund auf und rang nach Luft. Ein bohrender Schmerz pochte in seinen Schläfen. Der Raum begann sich um ihn zu drehen. Tränen strömten über seine Wangen. Er war völlig benommen. Außerdem hatte diese ganze Szene etwas Unwirkliches ...
    Und was geschah nun? Ach ja, der Hüne bückte sich nach der Maschinenpistole und richtete den Lauf auf ihn ... Dicke Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn ... Auch er hatte Angst gehabt.
    Trotz des Pfeifens in seinen Ohren und der Schmerzen lauschte Designe. Der Zwei-Meter-Typ vor ihm schüttelte wütend den Kopf.
    »... nicht wie im Kino, was? Keine Übung, wie? Dabei ist die Sicherung riesengroß, oder? Sie ist links. Links! So was von Inkompetenz! Charlie, du altes Arschloch!«
    Designe fühlte sich in seiner Ehre gekränkt, und trotz der Tränen, die ihm den Blick verschleierten, beobachtete er jede Bewegung von Sénéchal. Und was er sah, gefiel ihm ganz und gar nicht ... Der Inspektor kontrollierte den Inhalt des Magazins, spielte mit der Sicherung der Heckler & Koch, prüfte, ob in der Kammer eine Patrone steckte. Dann richtete er den Lauf der Waffe zur Decke und betätigte die ausklappbare Schulterstütze. Der Umweltinspektor schien äußerst vertraut mit diesen Dingen.
    Der Dicke hörte sich sagen: »Tut mir leid, ich ...«
    Die Bartür hatte sich schon hinter dem Inspektor geschlossen.
 
    Draußen lehnte sich Sénéchal an die Metalltür und atmete tief durch. Die Positionslichter des Schiffs waren erloschen. Vor ihm nichts als pechschwarze Nacht. Dann bemerkte er die Maschinenpistole in seiner Hand, so als würde er sie zum ersten Mal sehen. Fast hätte er sie fallen lassen. Urplötzlich überkam ihn höllische Angst. Kalter Schweiß rann ihm in die Augen. Er war trief nass.
    Herrje ... Welcher Teufel hat mich da geritten? Ich bin verrückt. Er hätte mich ... Die Müdigkeit, es ist die Müdigkeit ... Umso besser, verdammt! Es war die richtige Entscheidung. Er wiederholte zitternd: »Die richtige Entscheidung!«
    Erneut öffnete er die Tür zur Bar. Seine Augen suchten den Raum ab. Charlie war verschwunden.
    Er eilte zur Theke und fand ihn dahinter kauernd. Sénéchal drückte Designe den Pistolenlauf auf die Stirn und flüsterte mit besorgter Miene:
    »Es gibt doch bestimmt Verbandszeug in dieser Bar?«
    Eine Minute später lag der Mann in den grellbunten Shorts bäuchlings auf dem Sofa, Hände und Füße fest mit Leukoplast umwickelt. Er hatte ein großes Stück Watte im Mund.
 
    Bevor er den Raum verließ, hatte Sénéchal vorsichtshalber alle Lichter im Raum ausgeschaltet, sodass Designe im Dunkeln zurückblieb. Draußen klappte er abermals die Schulterstütze der Maschinenpistole aus und entsicherte sie. Er tastete nach dem Feuerwahlhebel an der Seite.
    Das muss die Position für Einzelfeuer sein ...
    Unvermittelt traf ihn ein greller Lichtstrahl, begleitet vom Klack! eines Schalters irgendwo unter ihm. Blitzartig duckte er sich hinter die von den Kabinen gebildete Schutzwand. Dann schlich er einige Stufen der Außentreppe hinauf und reckte den Kopf, um zu sehen, was sich auf dem Oberdeck abspielte.
    Der ganze Bug des Schiffes war von Projektoren erleuchtet, ähnlich denen des Tauchboots. Filmprojektoren. Hinter den Wanten entdeckte der Umweltinspektor eine Plane, die einen voluminösen Gegenstand bedeckte und jetzt voll angestrahlt wurde. Es war völlig windstill, und auf dem Oberdeck rührte sich nichts. Er trat zur Seite und erkannte im Hintergrund das kleine Tauchboot, dessen Plexiglascockpit das Licht der Scheinwerfer zurückwarf.
    Links von dem Boot bewegte sich etwas. Geblendet vom Licht, erklomm der Inspektor eine weitere Stufe, um besser sehen zu können. An einem der Masten stand, ihm den Rücken zukehrend, ein Mann in einem Taucheranzug, der von Wasser glänzte. Was er tat, konnte der Umweltinspektor nicht

Weitere Kostenlose Bücher