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H2O

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Titel: H2O Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patric Nottret
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Morgen oder übermorgen, je nach Wetterlage, fahren wir zum Norden der Insel.«
    Sénéchal bat ihn, am Apparat zu bleiben, entfaltete seine kleine Inselkarte und studierte sie. Für die Strecke auf der Küstenstraße würde er einige Stunden brauchen.
    »Sehr gut, ich bin heute Abend bei Ihnen.«
    »Heute Abend? Nein, nein. Unmöglich. Hat das nicht Zeit, Inspektor? Wir müssen ...«
    »Zwingen Sie mich nicht, auf offiziellerem Wege meinem Anliegen Nachdruck zu verleihen, Monsieur Designe. Ich will Sie umgehend sprechen.«
    Der andere stieß einen leisen Fluch aus, schwieg eine Weile und erklärte dann:
    »Warten Sie.«
    Er kam zum Telefon zurück und fragte mit einem erneuten Seufzer:
    »Was denken Sie, wann genau Sie hier sein werden?«
    Sénéchal überlegte kurz.
    »Gegen zwanzig Uhr. Ich rufe Sie an, sobald ich vor Ort bin.«
    »Hm, zwanzig Uhr. Ich hole Sie dann mit dem Dingi ab. Wir liegen nicht weit von der Küste entfernt ... Zwanzig Uhr, aber nicht später, ja? Wir müssen schließlich das Boot sturmsicher machen für den Fall, dass der Zyklon kommt, verstehen Sie? Von Nautik haben Sie offenbar keine große Ahnung, was?«
 
    Sénéchal war erschöpft von der langen Fahrt, und auch der Zeitunterschied gegenüber Malaysia machte sich nachhaltig bemerkbar. Als er Puits des Français erreichte, dämmerte es bereits. Nur über dem etwa fünfzehn Kilometer entfernten Vulkan war der Himmel feuerrot, und Sénéchal fragte sich, ob der Glutofen bei Eintreffen des Zyklons ausbrechen oder freundlicherweise noch ein wenig stillhalten würde, bevor er Tonnen glühender Lava in die Luft schleuderte, die sich dann über die Straßen ergießen würden.
    Der Inspektor parkte seinen Wagen vor einem erleuchteten metallenen Anleger, der weit in das spiegelglatte Meer hineinreichte. Sénéchal erkannte Zieglers Jacht, das Positionslicht zeichnete sich in der Ferne ab. Zu seiner Rechten bildeten die Lichter des Kaps eine verschwommene Leuchtgirlande.
    Er griff nach seinem Handy und erklärte Designe kurz, wo er ihn erwartete. Der andere murrte, versprach aber, er werde in zehn Minuten am Anleger sein.
    Der Umweltinspektor zog seine Halbbrille aus der Tasche und studierte die Notizen, die er sich auf mehreren zusammengehefteten Zetteln gemacht hatte.
 
    Kaum an Bord, öffnete Designe die Metalltür zur Bar, trat ein und schloss sie wieder. Sénéchal folgte ihm auf dem Fuße. Der korpulente Mann ging hinter die Theke und holte einen Aktenkoffer heraus. Sénéchal machte es sich in einem roten Ledersessel bequem. Der Mann mit den grellbunten Shorts, der keine Anstalten machte, seinem Gast einen Drink anzubieten, nahm auf dem Sofa gegenüber Platz, stellte den Aktenkoffer vor seine Füße, sah ihn an und erklärte:
    »Hans ist noch etwas beschäftigt. Sie werden also mit mir vorliebnehmen müssen. Bei unserer ersten Begegnung fand ich Sie - ohne Sie kränken zu wollen - ziemlich langweilig ... Aber vielleicht haben Sie ja inzwischen Fortschritte gemacht.«
    Er räkelte sich auf dem Sofa, zog sein silbernes Zigarettenetui aus der Gesäßtasche und legte es neben sich auf das edle Leder. Nachdem er den Effekt der beiden Materialien ausnehmend bewundert hatte, fuhr er sich, offenbar zufrieden, mit dem Handrücken über den Mund.
    »Gut. Wollen Sie schon wieder über Ihr Flossendingsbums reden, oder haben Sie diesmal andere Interessensschwerpunkte?«
    Sénéchal streckte seine langen Beine aus und musterte sein Gegenüber.
    »An Ihrer Stelle würde ich etwas weniger ... Munterkeit an den Tag legen, wie meine Vorgesetzte sagen würde. Denn ich habe kürzlich eine spannende Forschungsreise durch das betörende und geheimnisvolle Asien unternommen. Dort habe ich auch Monsieur Takenushi getroffen, einen liebenswürdigen älteren Herrn, dessen Bekanntschaft zu machen sich lohnt. Außerdem einen Experten für Skarabäen und einen Mann, der Angst vor Chimären hatte ...«
    Designe hob die Hand.
    »Stopp, stopp! Wie ich sehe, haben Sie keinerlei Fortschritte gemacht. Sie können noch immer nicht erzählen.«
    Er warf einen kurzen Blick auf das Zigarettenetui, das neben ihm lag, seufzte und nahm seinen Aktenkoffer vom Boden. Er öffnete die Schlösser und zog in aller Seelenruhe eine Heckler & Koch heraus, deren Lauf er auf Sénéchal richtete.
    »Überraschung, was?«
    Der Umweltinspektor öffnete überrascht den Mund und sagte dann langsam:
    »Spielen Sie nicht mit diesem Ding, Charlie, ich bitte Sie. Charlie, das ist verdammt

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