Hab ich selbst gemacht
das tut: Kochen lernen in 365 Rezepten und 365 Tagen, gemeinsam mit dem Kind. Eine gute Idee, finde ich, Kinder müssen kochen lernen. Sonst muss man es immer selbst machen.
Aber es ist trotzdem nicht so, dass ich mich mit der besten Freundin für einen Ausflug auf eine Handwerks- oder Handarbeitsmesse verabreden würde. Oder dass wir uns zum gemeinsamen Stricken treffen würden, jetzt, da sie es auch alleine kann.
Die beiden Mütter sind eher Ratgeberinnen als Kompagnons. Bleibt noch der Mann. Der hat Spaß an allem, was er aufessen kann. Aber all das Stricken, Nähen, Basteln und Häkeln interessiert ihn nur mäßig. Vermutlich muss es wirklich umgekehrt passieren: Man kann nicht die Menschen um einen herum zum Selbermachen bekehren, sondern muss sich schon bekehrte Menschen suchen. Am einfachsten geht das wohl im Internet, und vielleicht trifft man sich dann auch später mal. Aber auch ohne persönliches Treffen ist so ein Online-Netzwerk, das einen anfeuert und mit dem man sich austauschen kann, eine tolle Sache. Frau Liebe schreibt mir jedenfalls noch von der schönen Idee der »Stoffrotation«: »Vor ein paar Monaten habe ich die erste Stoffrotation veranstaltet, bei der mir Leserinnen und Leser meines Blogs per Post aussortierte Stoffe geschickt haben, und ich habe ihnen dafür andere wieder zurückgeschickt. Ich habe mich gefühlt wie das Fräulein vom Amt, das die Verbindungen einstöpselt.«
Definitiv bereichert das Internet das Selbermachen. Ich brauche ein Rezept? Gibt’s im Netz. Ich suche nach einem Strickmuster für eine lustige Neffenmütze? Gibt’s im Netz.Tipps, wie ich meine Ikea-Möbel umbaue? Alles im Netz. Genauso gibt es Gartenforen, Tomatendatenbanken, Näh-Communitys, Bestellseiten für Bierbrau-Startersets, Diskussionsgruppen, in denen um das beste Abbeizmittel gestritten wird.
Was es allerdings nicht gibt, jedenfalls habe ich noch nichts dergleichen gefunden, was es aber unbedingt geben sollte: Wildfrucht-Landkarten. Also Landkarten, in denen man die Standorte wild wachsender Pflanzen eintragen kann. Zum Beispiel Holunderbäume. Ich würde nämlich liebend gerne demnächst Holunderblütensirup einkochen, aber die einzigen Holunderbäume, die ich kenne, stehen direkt an der Autobahn von München nach Rosenheim. Weder kann ich dort anhalten, um Blütendolden zu pflücken, noch möchte ich Sirup aus Blüten kochen, an denen während ihrer Blütezeit Hunderttausende Autos vorbeigefahren sind.
Gäbe es nun im Netz eine Landkarte, in der eingezeichnet ist, wo es besonders viele Holunderbäume gibt, könnte ich den Mann vielleicht zu einem Ausflug ins Grüne überreden. Wir würden einen großen Topf oder Korb voll Holunderblütendolden sammeln, noch ein bisschen picknicken und am Abend zu Hause Holunderblütensirup kochen. Oder, wer jetzt nicht so auf Holunder steht, aber zum Beispiel auf Blaubeerkompott: ein Klick in die Blaubeerkarte, schauen, in welchem Wäldchen Blaubeeren wachsen, hin zum Sammeln. Auch Bärlauch-, Pilz-, Hagebutten-, Sanddorn- oder Haselnusskarten könnte es geben. Für Bayern, für Deutschland, für die ganze Welt. Sehr praktisch wäre das.
[Menü]
Tag 168
Zitronen zum Kaffee
Ich habe Geburtstag. Ich habe frei. Und backe einen Kuchen. Am Nachmittag nämlich bekomme ich Gäste. Und weil ich im Kuchenbacken schon gut Routine bekommen habe, habe ich beschlossen, einen extraordinären Kuchen zu backen: eine Lemon Tart. Nach einem Rezept einer berühmten Pâtissière.
Die Kuchenback-Routine habe ich mir im letzten halben Jahr antrainiert, indem ich an fast jedem Wochenende einen Kuchen gebacken habe. Als Alternative zu gekauften Süßigkeiten. Süßigkeiten sind ja Fertigessen schlechthin: Man kriegt Hunger, kauft sich einen Riegel oder eine Tüte Gummibärchen – und isst sie auf. So habe ich das früher jedenfalls an fast jedem Nachmittag gemacht, wenn mich mein Mittagstief übermannte.
Aber nun: gibt es keine Süßigkeiten mehr, sie sind ja nicht selbst gemacht.
Als ich vor ein paar Wochen meiner Mutter davon erzählte, dass ich freitagabends oder samstags nach dem Frühstück unseren »Wochenkuchen« backe, sagte sie, dass es in ihrer Kindheit ganz genauso gewesen sei: Jedes Wochenende wurde ein großer Marmor- oder ein anderer einfacher Kuchen gebacken, von dem dann im Laufe der Woche gegessen wurde. Die Reste des Kuchens wurden am Donnerstag in Milch getunkt, damit sie nicht allzu sehr staubten im Mund.
Ich versuche normalerweise, unseren Kuchen im
Weitere Kostenlose Bücher