Haben Sie das von Georgia gehoert
zukamen.
Vielleicht würde es zu einem Handgemenge oder einer Art Panik kommen, wenn sie erkannten, dass die weiße Lady Hummer und andere Delikatessen zu verschenken hatte.
Und war es nicht auch ein bisschen herablassend, zu irgendwelchen Leuten hinauszufahren und dort Canapés zu verteilen wie eine weiße Weihnachtselfe? Sharon Overby hatte dafür gesorgt, dass sie sich wie eine Idiotin vorkam. Sie wollte dieses Gefühl nicht noch einmal erleben.
Sie kutschierte dreimal um den Platz und überlegte, was sie tun solle. Schließlich kam sie zu dem Schluss, dass arme Leute genauso essen mussten wie alle anderen. In Six Points gab es nur eine Möglichkeit, Lebensmittel zu kaufen: Hull’s Market. Wer hungrig war, würde logischerweise dort zu finden sein.
Es kam ihr so wichtig, so dringlich vor, jemandem dieses Essen zu schenken. Vielleicht lag es an der Vorstellung, dass Leute so viel Angst davor hatten zu verbrennen, dass sie lieber aus großer Höhe in den sicheren Tod sprangen. An einem Tag, an dem so etwas passiert, dachte Georgia, habe ich das irrationale Bedürfnis, gut zu jemandem zu sein, den ich nicht kenne. Jemandem zu helfen.
Sie parkte vor der Eismaschine bei Hull’s Market. Der Light-Pilot von gestern hing am Zeitungsständer:
HAWKS BESIEGEN ELBA 27:3
Alles war jetzt anders, hatte Krystal gesagt. Beim Anblick der unschuldigen Schlagzeile von gestern, als die wichtigste Nachricht in der Stadt der Footballsieg der Six Points Highschool gewesen war, spürte sie eine stechende Sehnsucht in
der Brust. Diese Welt war nicht mehr da, sie war verschwunden. Vielleicht für immer. So süß und unschuldig hat sie gar nicht ausgesehen, dachte sie – bis der Teufel uns die Zunge herausstreckte und uns auslachte.
Georgia stieg aus. Wie unglaublich blau der Himmel heute war. Ein unwirkliches Polaroidblau, wie man es nur an ganz klaren Herbsttagen zu sehen bekam. Ein schöner Tag für eine schreckliche Sache. Damit wären alle schönen Tage für eine Weile verdorben. Besudelt durch die Assoziation. Georgia fragte sich, ob die Leute, die die Flugzeuge in die Gebäude gesteuert hatten, wohl auch daran gedacht hatten, ob das prachtvolle Wetter ihnen den Triumph noch süßer machte, während sie in tausend Fetzen zerrissen wurden.
Da erschien Madeline Roudy, Kinderärztin in der County-Sozialklinik, die Frau mit dem freundlichsten Gesicht der Welt, selbst heute. In ihrer frischen weißen Bluse und dem Tennisrock strahlte sie den ungezwungenen Glanz einer jungen Diahann Carroll oder einer Leslie Uggams aus. Wunderschöne braune Haut mit einem Schuss Sahne.
Georgias Miene hellte sich auf. »Oh, Madeline«, sagte sie. »Genau die Person, die ich gesucht habe.«
»Hallo«, sagte Madeline.
Im ersten Moment dachte Georgia, Madeline habe sie nicht erkannt. Das war praktisch unmöglich; jeder in Six Points kannte Georgia. »Ich bin Georgia«, sagte sie sicherheitshalber. »Georgia Bottoms?«
»Ach ja, Georgia, natürlich, entschuldige«, sagte Madeline Roudy. »Ich bin heute ein bisschen durcheinander.«
Es gab eigentlich keinen Grund, weshalb Madeline sie erkennen sollte. Sie waren ja schließlich nur zusammen zur Schule gegangen und seitdem miteinander befreundet. Aber
vielleicht hatte Georgia sich diese Freundschaft nur eingebildet. Unbeirrt machte sie weiter.
»Jedenfalls, Madeline – zu meiner Party ist niemand gekommen, ich hab das ganze Essen im Auto, und ich wünschte, du würdest mir ein bisschen davon abnehmen. Ich schaffe es anscheinend nicht, es zu verschenken.« Sie zog ein komisches Gesicht, ein Gesicht voller Ratlosigkeit wie in Hoppla Lucy, um zu zeigen, in was für einem Dilemma sie steckte, und um Madelines Hilfsbereitschaft zu wecken.
Madeline rückte ihre übergroße Jackie-O-Sonnenbrille zurecht und starrte Georgia an wie eine verrückte Alte mit zu vielen Katzen. »Wie bitte?«, fragte sie mit so lauter Stimme, dass das Drahtgeflecht der Einkaufswagen tatsächlich anfing zu vibrieren.
»Stell dir vor, du lädst zu einem Lunch ein und kein Mensch kommt«, erklärte Georgia. »Ich habe Unmengen von wirklich gutem Essen im Auto – Hummer, feine Salate, kleine Sandwiches, alles verzehrfertig. Wenn du so nett sein würdest, ein bisschen davon mit nach Hause zu nehmen …? Ich würde mich freuen, wenn ich wüsste, dass nicht alles verdirbt.«
»Behalte es doch, und iss es selber«, schlug Madeline Roudy vor.
»O Gott, so viel könnte ich in einem ganzen Jahr nicht essen«, entgegnete
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