Habgier: Roman (German Edition)
das Mindeste ist, schließlich lebt er seit über vierzig Jahren mit ihnen unter einem Dach.«
»Wie kam er in das Hundeprogramm?«
»Gute Führung und sein Alter.«
»Wie alt ist Martin?«
»Ende siebzig. Ich kann das genaue Geburtsdatum erfragen, wenn Sie es brauchen.«
»Ja, danke. Und Sie arbeiten also seit zweiundzwanzig Jahren hier?«
»Das habe ich gesagt, also wird’s wohl stimmen.«
»Wenn Sie einverstanden sind, würde ich Ihnen jetzt gerne ein paar Fotos zeigen. Ich wüsste gerne, ob Sie einen von denen schon mal gesehen haben.«
»Klar, schau ich mir an.«
Decker nahm zwei Bogen mit je sechs Fotos aus seiner Mappe. Nur auf einem Bogen war das Schwarzweißporträt von Raymond Holmes abgebildet. Die Computerspezialisten hatten versucht, es so offiziell wie möglich aussehen zu lassen, aber es war ganz eindeutig kein Polizeifoto. Um das ungewohnte Bild in einen Kontext zu bringen, hatten die Spezialisten auf den Bogen noch sechs weitere Fotos von ähnlich aussehenden Leuten eingestreut, die alle mit derselben Kamera aufgenommen worden waren.
Kruse prüfte die Bilder genau. Er wusste auch ungefragt, dass er um eine offizielle Identifizierung gebeten worden war, und wollte keinen Fehler machen. Eine Minute später zeigte er auf Raymond Holmes. »Das hier ist der Kerl, hinter dem ihr her seid, stimmt’s?«
»Sie haben ihn schon mal gesehen?«
»Er kommt zweimal im Jahr, seit ungefähr... fünfzehn Jahren, um Martin Hernandez zu besuchen. Was hat er getan?«
»Sind Sie sich ganz sicher?«
»Meine Augen sind immer noch sehr gut. Außerdem besucht sonst niemand Marty. Seine Frau kam regelmäßig, aber die ist, glaube ich, schon seit Jahren tot. Wenn es Ihnen weiterhilft, fragen Sie doch noch einen der anderen. Sie werden ihn auch mühelos herauspicken.«
»Das wäre wahnsinnig hilfreich.«
»Was hat er getan?«
»Wir wissen es noch nicht genau, und das stimmt wirklich. Im Moment wollen wir ihn nur identifizieren. Er lebt unter dem Namen Raymond Holmes, aber wir vermuten, dass er Martin Hernandez’ Sohn sein könnte.«
»Das würde Sinn machen, denn er kommt an Martins Geburtstag und normalerweise noch mal zwischen Weihnachten und Neujahr. Und wie ich schon sagte, man kann sich leicht an ihn erinnern, da der alte Knabe nicht viel Besuch kriegt, schon gar nicht so regelmäßig.«
»Er muss sich doch ausweisen, wenn er hier reinwill, oder?«
»Sie fragen, welchen Namen er benutzt, wenn er Hernandez besucht?«
»Genau«, sagte Decker.
»Das sollte nicht schwierig herauszufinden sein, Lieutenant. Wie gesagt, er kommt jedes Jahr an Hernandez’ Geburtstag und zwischen Weihnachten und Neujahr. Einen Moment, ich überprüfe die Besucherlisten.«
»Vielen Dank. Ich weiß Ihre Hilfe zu schätzen«, sagte Decker fröhlich. »Sie können sich gar nicht vorstellen, wie sehr. Wir sind gegen jede Menge Wände gerannt.«
»Das Gefühl kenne ich. Während Sie auf mich warten, schicke ich Ihnen Curly und Doug vorbei.« Kruse grinste und zeigte dabei seine eigelbfarbenen Zähne. »Ich wette hundert Dollar, sie erkennen ihn beim ersten Versuch.«
»Ich steig aus.«
Kruses Gelächter klang wie eine Mischung aus Gepruste und Gegacker, und Decker konnte es noch hören, als der Mann schon lange weg war. Curly kam zehn Minuten später in den Raum und zeigte unumwunden auf Holmes. Er wiederholte Kruses Worte über Holmes’ Besuche bei Hernandez fast wörtlich. Als Doug dran war, spulte er genau dasselbe Band ab wie Curly und Kruse. Als Zugabe kam noch ein dritter Mann, Jimbo, und vervollständigte das Quartett. Keiner der vier erinnerte sich an Holmes mit Namen, aber alle erinnerten sich an sein Gesicht und seinen Grund des Besuchs. Die drei tauschten Geschichten über Martin Hernandez aus, als Kruse zurückkam. Er hatte eine Kopie des Besuchereintrags vom 27. Dezember gemacht. Die Unterschrift war schwungvoll, mit großen Ober- und Unterschleifen und sehr gut zu lesen.
Raymond Holmes
Es war verführerisch, Holmes jetzt gleich damit zu konfrontieren, aber sie hätten mehr davon nach einem DNA-Test. Dann könnten sie Holmes die unleugbaren gerichtsmedizinischen Fakten vorlegen und sehen, wie er darauf reagierte.
Natürlich würde man bei der DNA-Untersuchung herausfinden, dass Martin Hernandez der biologische Vater von Manny Hernandez alias Raymond Holmes war.
In Gedanken wälzte Decker noch eine andere Idee. Er fragte sich, ob Holmes jemals als Ramon Hernandez seine Fingerabdrücke hatte abgeben
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