Habiru
Städten Häuser, die mehrere hundert, Hmm, Menschen hoch sind.«
»Dann ist ja gar kein Platz für die Natur!« stellte Schena fest.
Und nun zeigte sich bei Mousud überraschtes Erstaunen, als er die Dimensionen begriff.
»Ihr baut mehrere hundert Menschen hohe Häuser? Wozu soll das gut sein?« Das war einfach. »So spart man Platz, und sehr viele Menschen können so auf wenig Raum leben und arbeiten. Aber Schena hat recht - die Natur kommt dabei etwas zu kurz.«
Ungläubiges Staunen war in den Gesichtern zu sehen. Aber da kam Sarah auch ein Gedanke: »Ist nicht schon die steinerne Existenz Eridus oder die der Matu- Hütten ein ebensolcher Eingriff in die Natur? Denn in dem Augenblick, in dem ihr Steine formt und baut, verändert ihr doch schon durch eure schöpferische Kraft das Aussehen der Natur.«
Mousud nickte. »Das stimmt. Aber das machen die Tiere auch. Denk an Vögel, wenn sie Nester bauen. Sie verändern die Natur auch, und, geschieht es zum Nachteil? Wir denken nicht. Wir erfreuen uns an der Vielfalt, welche die Natur hervorbringt.«
Nestas lächelte weise und schaltete sich in die Unterhaltung ein: »Du hast da trotzdem einen ganz wichtigen Punkt angesprochen. Die Große Mutter gab dem Menschen eine besondere Verantwortung. Wir haben die Macht, die Natur zu formen. Das ist potentiell gefährlich. Denn durch unsere schöpferische Kraft wirken wir gleichzeitig zerstörerisch. Aber das ist uns Menschen in die Wiege gelegt. Wir müssen uns ebenso wie alles Leben ja auch von anderem Leben ernähren, und töten es dabei. Das ist der Lauf der Dinge. Und wenn wir uns Hütten bauen, verändern wir die Natur. Das soll keine Entschuldigung sein, uns ist das bewusst. Wichtig ist das Gleichgewicht der Kräfte. Wir nehmen nie mehr als wir brauchen, und der Nutzen steht immer im Vordergrund. Nur dann ist das ewige Gleichgewicht der Kräfte gewahrt, und die Zyklen werden niemals enden.«
Sarah war fasziniert: »Und was wäre, wenn nun doch jemand mehr nehmen würde, als er braucht? Oder wenn die Zahl der Nachkommen sich stark erhöht? Würde das nicht zu Problemen führen?«
Nestas stimmte zu: »Ganz recht. Wer heute mehr nimmt, als er braucht, nimmt dem Leben von morgen seine Grundlage. Nachfolgende Generationen werden keinen Nutzen mehr haben, an etwas, was nicht mehr existiert. Dann ist das Gleichgewicht der Kräfte gestört, und was in Ungleichgewicht gerät, droht schnell zu stürzen.«
Sarah war von dieser Weisheit beeindruckt. Wenn es doch nur in ihrer Welt solche Einstellung geben würde. Viele Probleme wären dann gar nicht in der Welt.
Sarah seufzte: »Bei uns ist das anders. Eure Weisheit scheint irgendwie verloren gegangen sein.«
Nestas sagte: »Es gibt wirklich viele Unterschiede zwischen unseren Welten. Und das Wichtigste scheint mir, dass wir keine solchen Gebäude kennen. Sie müssen also erst noch gebaut werden. Und das erste wird hier gebaut, in Eridu.«
Ihr Ton war sehr nachdenklich.
Nun wurden sie alle bleich, Sarah, weil sie die Zeitdimension vor Augen hatte, die anderen drei, weil ihnen die Pyramiden unheimlich vorkamen - wer war der Erbauer, wenn doch niemand in dieser Welt so bauen würde?
3. Auf dem Rückweg
Sie hatten sich dankbar nach diesem Gespräch von Mousud verabschiedet. Sowohl Sarah als auch die anderen hatten viel gelernt.
Jeder in dieser Welt schien die Philosophie der Grossen Mutter verinnerlicht zu haben. Ja mehr noch, die Kundigen schienen die Natur über Jahrhunderte beobachtet zu haben und sämtliches angesammeltes Wissen immer weitergegeben zu haben - und das - obwohl sie hier noch nicht ein Zeichen für eine Schrift gefunden hatte. Und dabei waren sie auf ein erstaunliches Niveau gekommen. Sie fragte sich, welche Rätsel diese Welt ihr noch offenbaren würde.
Sie waren mittlerweile auf dem Rückweg nach Eridu. Dieser Weg kam ihr kürzer vor, aber dieses Phänomen soll es ja häufiger geben, wenn man die Strecke schon kennt. Sie gingen in der gleichen Formation wie auf dem Hinweg. Nestas ging voran, Sarah und Schena folgten mit knappem Abstand. Nestas begann gerade zu sprechen: »Diese Pyramiden ...«
Und Sarah fragte: »Ja?«
»Es sieht so aus, als ob das sehr symbolträchtige Bauwerke sind. Als ob man die Vulva der Frau vier Mal verkehrt herum darstellen wollte. Aber warum verkehrt herum? Und warum vier Mal? Unsere Welt hat die drei als herausragende Zahl. Wie die Zyklen des Mondes sind das die Lebensabschnitte der Frauen. Die Werdende, die Seiende, und
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