Habiru
Stimmt das wirklich?«
»Ja, ich habe sogar ein Foto gesehen, auf dem der jetzige Verteidigungsminister Rumsfeld Saddam die Hand schüttelt. Warte mal. Ich habe es gleich. Hier ist es.«
»Oh. Aber damals beim Kuwait-Krieg hat ja schon eine internationale Koalition unter der Führung der USA gegen den Irak gekämpft, wenn ich mich recht erinnere.«
»Stimmt. Die irakischen Truppen wurden aus Kuwait vertrieben, Saddam aber mehr oder weniger unbehelligt gelassen. Ich bin da ja gerade erst geboren worden, und war ein Jahr alt, als es zum Krieg kam. Wie war denn das damals so?«
»Der Irak war nach Kuwait einmarschiert, und bedrohte damals mit seinen Scud-Raketen sogar Israel. Man hatte schon damals immer befürchtet, er würde Giftgas einsetzen. Das hat er aber nicht.«
»Warum ist Saddam überhaupt nach Kuwait einmarschiert?«
»Das weiß ich nicht.«
»Hm. Und was denkst du wegen dem drohenden erneuten Krieg da unten?« »Krieg ist immer schlimm. Manchmal ist er nicht zu vermeiden. Aber hier spielen andere Interessen eine Rolle. Und Lügen haben immer kurze Beine.« Sarah schluckte, weil ihre Mutter sie dran erinnerte, selbst zu lügen, was ihre Suche anging, auch wenn es mehr eine Notlüge war, um möglichen Stress mit Papa zu entgehen.
Auch wenn Sarah eine kurze Pause lang nicht reagierte, nickte sie schließlich. »Wir haben die Gründe für den jetzigen Krieg schon in der Schule diskutiert. Es scheint mehr um Öl und Wirtschaftinteressen zu gehen als um die Befreiung des irakischen Volkes von Saddam.«
Mama seufzte. »Es ist doch immer wieder das gleiche. Immer geht es um Macht und Geld. Hast du übrigens schon gehört, es kam vorhin im Radio. Heute Nacht hält George W. Bush eine Ansprache. Würde mich nicht wundern, wenn es die Kriegserklärung an den Irak wäre.«
»Nein, habe ich noch nicht gehört. Die armen Menschen.«
»Ja, die armen Menschen. Aber Krieg gab es schon immer und das wird sich wohl niemals ändern. Wir sollten froh sein, dass wir hier schon so lange in Frieden leben.«
Sie sagte nichts, und Mama ging raus, um die Einkäufe wegzupacken.
Sarah zog sich erst einmal in ihr Zimmer zurück und legte sich wieder auf ihr Bett. Was auch immer es war, was heute abend in der Pressekonferenz kam, es bedeutete bestimmt nichts Gutes. Die Menschen dort unten waren wirklich zu bemitleiden. Gab es dort überhaupt schon mal Frieden? Vorhin hatte sie schon kurz gelesen, die Briten wären früher die Kolonialherren im Irak gewesen und
hatten lange gegen die aufkommende Freiheitsbewegung der Iraker gekämpft, sich aber letztlich wie fast überall in der Welt zurückziehen müssen.
In den 80'zigern dann der Iran-Irak Krieg, in dem Saddam sogar Giftgas gegen die Kurden eingesetzt hatte, die auf dem eigenen Gebiet lebten. Dann der Einmarsch nach Kuwait 1990, und die anschließende Aktion der internationalen Truppe zur Befreiung Kuwaits, welche die ganze Region erneut mit Krieg überzog. Danach ein UN-Embargo, das einen völligen Handelsstop mit dem Ausland bedeutete. Was natürlich gerade die Ärmsten am Härtesten traf. Diese hatten kaum noch eine Chance, an Trinkwasser oder Nahrung zu kommen, nachdem das Land von den beiden Kriegen größtenteils zerstört war und niemand an Devisen oder Güter aus dem Ausland kam. Auf einer Seite stand, die damalige US-Außenministerin Madeleine Albright hätte gesagt, 500.000 tote irakische Kinder sei es wert gewesen. Wobei sie nur das Embargo meinen konnte, aber Saddam lebte wie eh und je in Saus und Braus, und er litt im ganzen Land bestimmt am wenigsten unter dem Embargo.
Dazu immer wieder Geplänkel wegen der Flugverbotszonen über dem Irak. Diese hatte man eingerichtet, um die Kurden im Norden und die Schiiten im Süden wenigstens vor militärischen Übergriffen aus der Luft zu schützen. Saddam selbst war Sunnit, aus Tikrit, im Zentral-Irak gelegen, aber die Sunniten waren nur eine Minderheit in dem Land.
Nach dem Golfkrieg zu Befreiung Kuwaits erhoben sie die Schiiten im Süden, wurden aber zu Hunderttausenden von Saddams Truppen abgeschlachtet, und von den Alliierten im Stich gelassen, nachdem man ihnen vorher Mut machte und Unterstützung zugesagt hatte. Die Schiiten waren dem damaligen US- Präsidenten George Bush sen. wohl nicht geheuer, vielleicht befürchtete man immer noch den Zerfall des Iraks oder einen islamischen Gottesstaat und damit das Ende einer möglichen Gegenmacht gegen den Iran. Wie merkwürdig. Einerseits unterstützte man Saddam. Und
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