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Habiru

Titel: Habiru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Gerhardt
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Steinkundigen hatte sich bemerkbar gemacht. Da aber nun in ihrer Welt zwei Tage vergangen waren, fühlte sie sich frisch und munter.
    Vielleicht ist es eine Art Pause, die mir mein Körper gibt, damit ich hier nicht an den Belastungen kaputt gehe.
    Auch das war eine Möglichkeit, die ihre Nächte, nach denen sie ganz normal zu Hause aufwachte, erklären würde. Schena kam in die Hütte hinein und lächelte sie an, als sie merkte, das ihre Freundin schon wach war.
    »Guten morgen, gut geschlafen? Wie viele Tage waren es dieses Mal, die du zu
    Hause warst?«
    »Nur zwei. Gerade ausreichend, um mich von den Anstrengungen zu erholen, der Weg zum Steinkundigen und zurück hat mir noch in den Beinen gesteckt.« Schena stieß sie an: »Ach komm', so anstrengend war es doch gar nicht!«
    »Für mich schon. Ich bin so lange Märsche nicht gewöhnt. Aber ist ja egal. Nun bin ich wieder fit.«
    »Hey, das freut mich. Ich war eben bei Nestas ...« Doch weiter kam sie nicht. Auf einmal war draußen ein großer Tumult und Trubel ausgebrochen. Auch die beiden Mädchen gingen hinaus, um zu sehen, was los war. Sie eilten zum Platz, von wo aus die Geräusche herzukommen schienen. Von Osten her, aus der Richtung der Flüsse, kam ein Mann angelaufen, der laut schrie und rannte, als ob der Teufel hinter ihm her wäre. Sein Geschrei zog die Aufmerksamkeit der Bewohner Eridus auf sich.
    Immer mehr blickten aus ihren Tholois, blieben verwundert stehen oder ließen von ihrer gerade ausgeübten Beschäftigung ab, um zu schauen, was denn da los war.
    Sarah hatte Angst, und ein kurzer Blickwechsel mit Schena zeigte ihr, dass es ihr genauso ging. Sie wussten nicht, was das zu bedeuten hatte, und machten sich große Sorgen, was diesen gestandenen, groß gewachsenem Mann so sehr in Panik versetzt hatte.
    Dann brach der Mann zusammen. Er lag bäuchlings auf dem Marktplatz, kurz vor dem Omphaloi-Stein. Eine Sekunde lang war es absolut still.
    Dann wurde klar, warum der Mann so geschrieen hatte - aus Schmerz und Alarmschlagen. Denn mitten auf seinem Rücken war ein dicker roter Fleck. Blut quoll aus der Wunde. Die Menschen wurden unruhig.
    Nestas war mit unter den Menschen, die herbeigeeilt waren. Sie schaltete als erste, und lief zu dem Mann. Sie drehte ihn um - und fühlte seinen Puls, schüttelte dann aber den Kopf - es war zu spät. Er war tot. Sie drückte sanft seine Augen zu und richtete sich wieder auf. Sie sah zornig aus, war aber auch ratlos, weil sie das Geschehene nicht einordnen konnte.
    »Was ist hier los? Wer hat etwas gesehen? Wer ist für diese Tat verantwortlich?« rief sie mit erhobener Stimme in die Menge, die zuerst erstarrt war und in der nun ein Raunen ausbrach. Einen Mord hatte es anscheinend lange nicht gegeben.
    Und niemand hatte etwas gesehen, außer dem, was alle mitbekommen hatten, wie dieser arme Mann angerannt kam und starb. Denn es meldete sich keiner. Sarah fragte Schena leise: »Weißt du, was das zu bedeuten hat?«
    Aber Schena schüttelte mit dem Kopf - auch sie war völlig ahnungslos und verängstigt.
    »Und wer ist das?«
    Einer der umstehenden Männer sagte: »Das ist Mandro. Er ist ... er war Fährmann am Fluss.«
    Sie schluckten.
    Das Raunen der Menschen wurde lauter, bis Nestas um Ruhe bat. Fast augenblicklich war die Menge ruhig.
    »Los, wir brauchen ein paar starke Hände, die sich um Mandro hier kümmern.« Sofort halfen ihr mehrere um sie stehende Frauen und Männer, und trugen den Leichnam davon. Sarah war bleich, von so nah hatte sie noch nie einen Toten gesehen, und seine markerschütternden Schreie kurz vor seinem Ableben hatten auch sie verängstigt.
    Dann hörten sie es - es klang wie die Hufschläge einer ganzen Reiterstaffel - und so war es auch. Die anwesenden Ma-sa blickten sich ratlos und ängstlich um. Sarah deutete als erstes in die Richtung, aus der dieser Lärm kam. Es war die gleiche Richtung aus der auch Mandro gelaufen kam.
    Sie sagte reflexartig: »Schaut, dort kommen Reiter!«
    Und sie brauchte nicht lange, um zu bemerken, dass diese Menschen hier keine Pferde kannten und die Reiter zusätzlich zum Schrecken beitrugen, so kreidebleich wie alle aussahen.
    Das war auch kein Wunder. Die Reiter sahen fremdartig aus. Es lag vor allem an ihren Stofftüchern, die vor einer langen Zeit einmal weiß gewesen sein mussten, nun aber starr und dunkel vor Schmutz waren. Ähnlich wie bei den Beduinen verhüllten diese Umhänge das Meiste von ihren Körpern. Selbst von den Gesichtern war nicht viel zu

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