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Habiru

Titel: Habiru Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Gerhardt
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Ich hatte letzte Nacht einen Albtraum und habe mir schon Sorgen gemacht.«
    Sie betrachtete die Beiden genauer.
    »Ihr seht mitgenommen aus. Ihr müsst uns erzählen, was euch wiederfahren ist. Aber erst beantwortet meine wichtigste Frage: Wo ist Arnek, mein lieber Bruder?«
    Schenas Blick verfinsterte sich augenblicklich. Es kam Sarah tatsächlich so vor, als ob Schena die Erinnerung an den gestrigen Tag schon fast gänzlich aus ihrer Erinnerung gestrichen hatte, und ihr nun erst wieder ins Bewusstsein kommen war.
    Inanna und die anderen wurden kreidebleich, als sie den Gesichtsausdruck von Schena sahen. Beide Mädchen schwiegen. Sarah fühlte sich nicht in der Lage zu sprechen. Und Schena schluckte nur, bis ihr wieder Tränen über die Wangen liefen und sie zögerlich anfing zu sprechen. »Er ist tot. So wie die meisten Bewohner Eridus. Auch Nestas.«
    Inanna verstand nicht, was Schena ihr sagen wollte.
    »Was meinst du mit Tod? Und wieso fast alle? Was ist passiert?«
    Intuitiv aber begriff sie die Dimension des Gesagten, wahrscheinlich schon, bevor die Worte aus Schena herauskamen. Schena schluckte. »Was ist passiert?« Inannas Frage war eindringlicher und schärfer ausgesprochen, damit sie endlich herausbekam, was nun los war.
    »Es waren die Habiru. Sie kamen gestern morgen auf ihren Reittieren in Eridu an, und es gab ein furchtbares Gemetzel. Sie schlugen Nestas den Kopf ab und in der anschließenden Panik metzelten sie alles nieder, was nicht rechtzeitig wegkam.«
    Entsetzen stand den umstehenden Menschen ins Gesicht geschrieben.
    »Und ihr habt es geschafft, zu entkommen?«
    »Ja, wir konnten uns im Wald verstecken.«
    »Was ist mit den anderen Einwohnern passiert? Die Habiru können unmöglich alle getötet haben.«
    »Nein, einige hat man auch zusammengetrieben und in große Hütten eingesperrt und bewacht sie dort. Wir haben mit einem dort reden können.« Inanna atmete tief durch. »Jetzt kommt erst einmal mit in unsere Hütte, um euch auszuruhen und dann könnt ihr beiden mir alles ganz genau berichten.« Sarah und Schena folgten Inanna in die Hütte. Es war ein echtes Wohlgefühl sich wieder bequem hinsetzen zu können. Schena fing an zu erzählen. Sarah machte es sich auf ein paar umliegenden Decken bequem. Die Müdigkeit übermannte sie, und so fielen ihr die Augen zu, und sie schlief ein.

Kapitel 10: Sahras Welt
1. Der Krieg beginnt
    Sarah wälzte sich hin und her. Ihr Mund war staubtrocken. Sie langte sich mit
    der Hand ins Haar, es war nassgeschwitzt, und auch auf ihrer Stirn waren Schweißperlen. Ein Albtraum - ich hatte einen Albtraum.
    Sie schaute auf die Uhr neben ihrem Bett. Sie zeigte 3.35 Uhr. Es war also noch mitten in der Nacht. Sie machte ihre Nachtischlampe an. Mit der Hand rieb sie ihre Augen, und blinzelte. Sie musste sich erst mal an das Licht gewöhnen. Ihr Bett war total zerwühlt. Was auch immer sie im Traum beschäftigt hatte, es
    hatte ihren Körper sehr aktiv werden lassen.
    Ihr Zeitgefühl war total im Eimer. Sie hätte nicht mal sagen können, welcher Wochentag heute war. Sie stand auf und suchte ihre Armbanduhr. Sie lag auf dem Schreibtisch. Dort stand »Th«. Es war also Donnerstag. Sie prüfte ihre Erinnerung. Richtig, gestern war Mittwoch, morgens gab es die Stunde mit der Diskussion wegen der Bush-Drohung, und nachmittags der Besuch in der Bibliothek wegen des blöden Passwortes. Und dann am Abend war sie früh zu Bett gegangen, um einer mögliche Unterhaltung aus dem Weg zu gehen. Erst einmal brauchte sie Wasser, um das trockene Gefühl in Mund und Hals loszuwerden, und dann musste sie ihre Haare trocknen.
    Auf der Treppe erstarrte sie. Und dann kamen die Habiru, und töteten Nestas. Und viele andere, auch Arnek. Ihre Erinnerung an beide Welten floss förmlich ineinander. Es dauerte einen Augenblick, bis sie alles wieder geordnet hatte. Kein Wunder, dass sie einen Albtraum hatte. Nichts anderes war ihr Erlebnis in
    Eridu gewesen. Ein einziger Albtraum.
    In ihrer Vision war sie auf der Flucht. Und Erech war nur ein scheinbarer Hort,
    denn die Habiru waren nicht mal einen ganzen Tagesmarsch entfernt - und hatten Pferde.
    Nach der Schrecksekunde, in der die Erinnerung wiederkam, ging sie in die Küche hinunter, goss sich ein Glas Wasser ein, und trank mit hastigen Schlucken aus.
    Ihre »Vision« - sie war so stark, so lebensecht - und doch weigerte sich immer noch ein Rest ihres Verstandes, dies als wirklich anzuerkennen. Wenn nicht all die körperlichen Anzeichen

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