Hackenholt - 02 - Das letzte Laecheln
Vergleichsabdrücke zu bekommen«, bemühte sich Hackenholt zu erklären, während Wünnenberg bereits seine Kaffeetasse zur Seite stellte, zum Telefon griff und beim Erkennungsdienst anrief.
Christine Mur kam persönlich herüber. Die Prozedur des Einscannens seiner Fingerabdrücke in den Computer verblüffte den Gebietsleiter derart, dass seine Überheblichkeit zumindest für den ersten Moment gedämpft wurde.
Sobald Mur fertig war, fuhr Hackenholt mit seiner Befragung fort.
»Ist in den letzten Wochen irgendetwas in der Filiale vorgefallen, das mit Frau Dorns Tod in Zusammenhang stehen könnte?«
Naumann schüttelte vehement den Kopf. »Natürlich nicht. Der Täter ist ganz sicher niemand aus unseren Reihen!«
»Als Filialleiterin ist man manchmal gezwungen, auch unpopuläre Entscheidungen zu treffen. Hatte einer der Mitarbeiter Probleme mit der Vorgesetzten? Gab es in letzter Zeit vielleicht eine unschöne Entlassung?«
Bevor der Gebietsleiter abermals den Kopf schütteln konnte, polterte Wünnenberg aus heiterem Himmel scheinbar genervt los.
»Sie wollen uns doch wohl nicht weismachen, in der Filiale hätte alles zum Besten gestanden!« Mittlerweile übernahm er gerne die Rolle des bösen Polizisten. »Bei einer so jungen und unerfahrenen Frau als Chefin?« Der Zusatz schien endlich den Damm zu brechen.
»An Frau Dorns Führungsstil gab es natürlich so einiges auszusetzen«, ließ sich Naumann hinreißen. »Mit ihren Entscheidungen eckte sie bei den Kollegen häufig an. Es wäre ganz und gar falsch zu behaupten, das Team hätte geschlossen hinter ihr gestanden. Aber Entlassungen gab es wegen Frau Dorn nicht. Mitarbeiter, die nicht mehr in ihrer Filiale arbeiten wollten, konnten um eine Versetzung in ein anderes Geschäft bitten. Natürlich war der Konzernleitung diese Problematik bekannt. Allerdings wollten die Herren nichts unternehmen, solange die Umsatzzahlen noch im akzeptablen Bereich waren.«
»Ich dachte, Frau Dorns Filiale sei eine der umsatzstärksten?«, provozierte Hackenholt den Gebietsleiter.
»Für eine solche Beurteilung dürfte Ihnen wohl der nötige Einblick fehlen«, erwiderte Naumann von oben herab. »Mit ein bisschen gutem Willen hätte Frau Dorn das Ergebnis durchaus noch steigern können.«
»Sie hatten also mit Frau Dorn gewisse Differenzen, was ihre Arbeit betraf?«
»Wenn es nach mir gegangen wäre«, gab Naumann mit gepresster Stimme zu, »hätte sie sich erst einmal bei uns in der Firma bewähren müssen, bevor man ihr quasi auf dem Silbertablett eine Filialleiterstellung servierte. Aber die Konzernleitung war der Meinung, die Tatsache, dass man Frau Dorn der Konkurrenz abgeworben hatte, wäre eine ausreichende Referenz für einen derart verantwortungsvollen Posten. Diesbezüglich wollte ein Teil der Geschäftsführung leider nicht auf mich hören.« Angesichts einer solch offensichtlichen Dummheit schüttelte er verständnislos den Kopf. »Natürlich wurde ich gebeten, die junge Dame genauestens im Auge zu behalten, um gegebenenfalls sofort eingreifen zu können.«
»Wissen Sie schon, wer nun die Nachfolge antritt?«
»Darüber wurde noch nicht entschieden. Wir fanden es pietätlos, diese Frage zu erörtern, solange Frau Dorn noch nicht einmal beerdigt ist.« Naumann machte eine kurze Pause. »Aber natürlich werde ich zu gegebener Zeit einen geeigneten Kandidaten vorschlagen. Und diesmal wird mir die Geschäftsführung zweifelsohne zustimmen, nachdem sie mitansehen musste, wohin Frau Dorn sie gebracht hat.«
Hackenholt hielt einen Moment lang den Atem an. Das konnte dieser überhebliche Mensch doch wohl nicht ernst meinen! Erst als er sich wieder unter Kontrolle hatte, fragte er betont neutral: »Und wer wird das sein? Herr Raab?«
»Dieser Dilettant?«, schnaubte Naumann verächtlich. »Ganz sicher nicht!«
Es war bereits später Nachmittag, als der wachhabende Kollege der im selben Gebäudekomplex untergebrachten Polizeiinspektion Mitte Hackenholt anrief. Ein älteres Ehepaar sei bei ihm und wolle eine Beobachtung im Zusammenhang mit dem Mordfall im Sternmann melden. Hackenholt dachte kurz nach, wem er die beiden aufs Auge drücken konnte. Er selbst schlug sich immer noch mit einem Sachstandsbericht an die Staatsanwaltschaft herum. Stellfeldt und Saskia waren unterwegs, um die Nürnberger Juweliere abzuklappern. Wünnenberg überprüfte einige Hinweise, sodass auch er nicht im Haus war, und andere Kollegen waren mit dem Fall nicht so intensiv vertraut.
Mit
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