Hades
laufen. Ich hatte keine Ahnung, wer oder was da draußen lauerte, noch nicht einmal, wo ich war. An meinem Ohr spürte ich Jakes warmen Atem.
«Dir passiert nichts», murmelte er. Es war bizarr, wie sie alle auf meine Entscheidung warteten – als ob ich eine Wahl gehabt hätte …
Ich straffte die Schultern und machte wagemutig einen Schritt nach vorn, auch wenn ich mich alles andere als wagemutig fühlte.
Larissa lächelte so breit, dass ich ihre Zähne sehen konnte, packte mein Handgelenk und drehte es um. Ihr Griff war kalt und klauenartig, aber ich zuckte nicht einmal. Sie hielt meinen Arm mit der Innenseite nach oben, sodass Elliott irgendetwas daraufpressen konnte. Ich versteifte mich, um den Schmerz auszuhalten, der kommen musste, erhielt aber nur einen Tintenabdruck. Es war der Einlassstempel – ein Smiley.
Larissa drückte einen Knopf, und die schweren Türen öffneten sich. Jake führte mich in ein riesiges Foyer mit Teppichboden, von dem wie ein Labyrinth enge Wendeltreppen in verschiedene Richtungen abgingen. Doch mir blieb keine Zeit, mich genauer umzusehen, da Jake mich zügig die Haupttreppe hinabbugsierte. Sofort schwoll das Dröhnen der Musik an, wurde so laut, dass ich zögernd einen Blick zur offenen Tür zurückwarf. Larissa schien meine Gedanken zu erraten.
«Zu spät, du kannst dich nicht mehr umentscheiden, Süße», sagte sie. «Willkommen in unserer Welt.»
Dann zog sie die schweren Türen hinter uns zu.
Ich folgte Jake die enge Treppe hinab bis zu einer großen Tanzfläche, wo dicht aneinandergedrängt getanzt wurde. Die Tänzer streckten die Fäuste in die Luft und warfen die Köpfe im Takt der Musik hin und her. Farbige Lichter flogen über die Tanzfläche und ließen sie wie ein Schachbrett aussehen. Ich war überrascht, hier Menschen jeden älters zu sehen: Die sehnigen, lederbekleideten Glieder der älteren bildeten einen starken Kontrast zu den nackten, festen Armen der Jugend. Fassungslos aber machte es mich, auch einige Kinder zu sehen. Ihre Aufgabe schien es zu sein, die Tische abzuräumen und Getränke nachzufüllen. Was alle miteinander verband – jung und alt –, war, dass ihre Gesichter ausdruckslos wirkten, als ob sie nur körperlich anwesend waren und man einen wichtigen Teil von ihnen ausradiert hatte. Sie waren wie Schlafwandler, völlig von mechanischen Bewegungen gesteuert, die sie nur für den nächsten Schnaps unterbrachen. Bei einigen entdeckte ich im maskenartigen Gesicht einen wilden Blick oder ein nervöses Zucken, als ob etwas Fatales auf sie zukam. Die ganze Zeit über spielte die gleiche Techno-Nummer, die nur aus einem einzigen Satz bestand: «I’m in Miami, bitch.» Über den blankpolierten Betonboden tanzten die Lichter und warfen Schatten auf die Leiber, die gleichförmig im Rhythmus des Liedes zuckten. Der Geruch aus Zigaretten, Alkohol und Parfüm war übermächtig.
Da ich noch nie zuvor in einem Club gewesen war, hatte ich zwar keinen Vergleich, trotzdem aber kam mir die ganze Szenerie irreal vor. Unzählige kleine Lichter an der Decke beleuchteten den Raum: die gepolsterten Wände, die wie hochkant gestellte Sofas aussahen, die weißen würfelförmigen Tische und die abgenutzten weichen Sitzmöbel. Auf den Tischen brannten kegelförmige Lampen, und die Theke, die eine komplette Seite des Clubs einnahm, sah aus, als wäre sie aus flüssiger Lava gebaut. Dort hingen schwarz gekleidete Security-Männer herum und kippten sich ungerührt ihre Drinks herunter. Eine sehr hübsche Frau in engem rotem Minikleid mit Messingarmbändern jonglierte mit der Geschicklichkeit einer Zirkusartistin hinter der Theke mit Schnapsgläsern und Flaschen. Ihre üppigen, golddurchzogenen Locken umrahmten ihr Gesicht wie eine Mähne und verdeckten halb das Raubfischtattoo, das sich über die dunkle Haut an ihrem Hals schlängelte. Sie starrte uns unentwegt an und wandte auch dann nicht den Blick ab, wenn jemand einen Drink bestellte.
Als Jake und ich uns durch die Menschenmasse drängten, öffnete sich die Menge, um uns durchzulassen. Sie beobachteten jeden unserer Schritte, auch wenn sie dabei unentwegt weitertanzten. Als jemand zögernd die Hand nach mir ausstreckte, machte Jack ein leises, zischendes Geräusch und warf demjenigen einen vernichtenden Blick zu. Die Neugierde des Schaulustigen schwand auf der Stelle. An der Theke begrüßte Jake die Barkeeperin mit einem förmlichen Nicken, das sie skeptisch erwiderte.
«Was willst du trinken?», fragte er mich. Er
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