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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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aber die amerikanische Regierung entschied letztlich gegen ihn und gab einem mächtigen Konsortium das Recht, in diesem letzten Stück unberührter Wildnis eine Kupfermine neben die nächste zu setzen – Abraham Lincolns Befürchtungen bewahrheiteten sich.
    Ja, vielleicht wird der Fortgang dieser Begebenheiten einmal so erzählt werden, doch warne ich: So war es nicht! Einen Romanschriftsteller kümmern ja Personen, Geschehnisse, die Wahrheit nicht besonders. Ich dagegen, der Reiseschriftsteller, bin allein der
Wahrheit und nicht dem Gelde verpflichtet. Den Leser in ein eingebildetes Geschehen zu locken und ihm dann, wenn die künstlich erzeugte Spannung am höchsten ist, in ein paar dürren Sätzen Zusammenfassung zu geben und Lebewohl zu sagen, das darf ich mir nicht erlauben. In einem Roman, ja, da darf drauflosphantasiert werden, da spielen beispielsweise Entfernungen nicht die geringste Rolle. In einem Roman, wenn der Autor es so will, sterben die Handelnden wie die Fliegen, und gegen Ende, verlegen um einen guten Schluß, da schiebt er vielleicht noch einen Zwischenakt ein und denkt sich schnell noch ein paar überraschende Wendungen aus.
    Nicht so der Reisebericht oder vielmehr die Reiseerzählung.
    Beide haben sich, bei allenfalls vorsichtiger Ausschmückung und selbst dies nur der besseren Lesbarkeit willen, an das wirkliche Geschehen zu halten, um so mehr, als sie beim Leser Geduld und Kraft voraussetzen. Man erinnere sich, einige Seiten zuvor habe ich ein Geständnis abgelegt. Winnetous Unterstützung bei meinen Schüssen in Herrn Pfäffles Herberge – seine Hilfe wurde mir, wie man weiß, sozusagen vom »Großen Geist« zuteil. Nun muß ich den geneigten Leser sogar um Verzeihung bitten, weil das folgende nur zu verstehen ist, wenn man – – – Ich zögere.
    Jawohl, ich zögere, weil ich ein weiteres Mal etwas Bestimmtes eingestehen muß. Es ist sogar für den Mann, den jung und alt mit Old Shatterhand in Verbindung bringen, nicht leicht, eine Eselei zuzugeben, in aller Öffentlichkeit. Hätte ich damals, nach meinem Belauschen der beiden Schurken Hayes und Kilmer, nur ein wenig mehr nachgedacht, wieviel Aufregung, welche Kämpfe wären mir und anderen erspart geblieben, so daß ich in wenigen Seiten hätte darstellen können: Dies und dies erwies sich noch als so und so, und alles andere fügte sich recht bald zu einem glücklichen Ende – und damit adieu, lieber Leser.
    Es war aber, ich wiederhole mich, alles ganz anders. Das Wort Verzeihung ist darum das richtig gewählte. Anders nämlich als der Romanautor, der es sich herausnimmt, seine Hirngespinste über
Hunderte Seiten zu jagen, werde ich mit der Wahrheit nicht Schindluder treiben, wieviel oder wiewenig Platz dies auch bedarf. Dieser Vorsatz bringt mich zu der peinlichen Einsicht, daß sich mein Denken damals, ob bei dem Barbier in Cheyenne oder anschließend in der Wirtsstube im Boarding House, weniger an jenem mir genannten Beduinen entzündete als vielmehr an jenem fremden Mädchen, von welchem mir noch die geringste Beschreibung fehlte. Nur deshalb, ich kann es mir nicht anders erklären, waren meine sonst so scharfen Sinne verwirrt oder abgelenkt, wenigstens eingetrübt. Es war mir unmöglich zu erkennen, was jeder andere – der Leser! – sofort erkannt hätte: der Schlüssel zu allem Folgenden war in der Gestalt des Beduinen und des Mädchens zu suchen!
    So kam alles, wie es kommen mußte, und so kommt, auf Grund der schon angedeuteten Entwicklungen, mein Bericht erst jetzt richtig ins Traben, und bald schon wird er galoppieren. Denn nicht besonderer Fähigkeiten, allein der Unzulänglichkeit eines für unfehlbar Gehaltenen ist es zu verdanken, daß sich im weiteren Verlauf dieser Erzählung der Unterschied zwischen Roman- und Reiseschriftsteller schneller verunklaren wird, als mir lieb sein kann, der Unterschied zwischen zusammengesponnenen und wahrheitsgetreu erzählten Ereignissen, zwischen willkürlich erzeugter Spannung und dramatisch Erlebtem – kann der Leser mir das verzeihen?
    Es war vielmehr so gewesen: Über das Messerwerfen und meine Schüsse sowie das Gespräch mit Hirtreiter in der Küche war es Mitternacht geworden. Nach dem Abgang des Kochs war zwischen Winnetou und mir auch nicht mehr viel gesprochen worden; er und ich sind keine Schwatzbasen. So kurz wir einander begrüßt hatten, so rasch nahmen wir auch schon wieder Abschied; es war ja nur für ein paar Stunden, ehe unser Ritt beginnen würde. Auf diesem

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