Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
Vom Netzwerk:
und in das schnellfließende Wasser geschlittert.
    Da sahen wir ihn auch schon: Erschrocken über sein Ungeschick, versuchte er, Grund unter seinen Füßen zu gewinnen, und eben wollte er zu den ersten Schwimmbewegungen ansetzen, als ihn die Strömung fortriß.
    Hochgewachsene Pferde wie das meine oder das von Winnetou
hätten, schon wegen ihres Gewichtes, der Flußkraft bestimmt widerstanden, nicht aber dieser junge Mensch. In einem stehenden Gewässer mochte er, wie die meisten Roten, ein guter Schwimmer sein, hier jedoch, an diesem von Stromschnellen gespeisten Abschnitte, war der Versuch einer pferdelosen Überquerung verhängnisvoll, wie erst, wenn man an einer noch ungeeigneteren Stelle in den Fluß fiel.
    Anstatt sich nun in dem Gebraus treiben zu lassen und allmählich die andere Seite anzustreben, tat der Knabe abermals das Falsche. Er versuchte, gegen die Strömung zu halten, widersetzte sich also der Wasserkraft, anstatt von dieser zu profitieren. Es war abzusehen, daß auf diese Weise seine Kräfte rasch erlahmen würden und er Gefahr liefe zu ertrinken. Da durfte nicht gezögert werden.
    Ich riß mir das Wams vom Leibe und löste den Gürtel. Befreit vom Gewichte meiner Handwaffen sowie den Patronen, streifte ich auch meine Stiefel ab und warf meinen Hut hinter mich. Dann sprang ich in das um diese Jahreszeit bereits eiskalte Wasser.
    Mehrere beherzte Stöße brachten mich dem mehr dahintreibenden als schwimmenden Indianer entgegen. Ich verbündete mich mit der Strömung, weil ich ihr eben nicht auswich, sondern sie vielmehr als zusätzlichen Antrieb nutzte. Um dem Wasser noch weniger Widerstand zu bieten und noch schneller voranzukommen, tauchte ich mehrmals. Bei den wenigen Gelegenheiten, Luft zu holen, hielt ich beständig Ausschau nach dem Knaben. Er befand sich jetzt ernstlich in Schwierigkeiten, schien die Orientierung verloren zu haben.
    Da war ich auch schon bei ihm. Ein letztes Mal Luft holend, tauchte ich neben ihm auf, die Augen aufgerissen, denn unter Wasser erlaubte mir das aufgewühlte Flußbett so gut wie keine Sicht. Mein erster Griff fehlte, ich versuchte einen zweiten – es gelang! Ich umklammerte die Brust des verzweifelt Strampelnden. Der Widerstand, den er mir leistete, mochte seinem Irrtum geschuldet sein, ein Strudel habe ihn erfaßt und drohe ihn endgültig nach unten zu ziehen. Mich dem Knaben mit Worten mitzuteilen war
in dem Lärme um uns her unmöglich. So tat ich, was in dieser Lage nur zu tun war: Ich kümmerte mich nicht um den zappelnden, geschmeidigen Körper in meinen Armen, sondern drehte mich mit ihm in Rückenlage, was meinen Schützling wenigstens für eine Sekunde an die Oberfläche bringen sollte, um ihm Gelegenheit zum Luftschnappen zu geben. Gleichzeitig versuchte ich, so schnell das aufgebrachte Wasser es mir erlaubte, dem Ufer zuzustreben, wo ich Winnetou mit unseren Tieren vermuten durfte.
    Leider wehrte sich der Bursche in meinen Armen mit ungeahnter Zähigkeit. Inzwischen hatte er begriffen, daß keine Naturgewalt, sondern schiere Menschenkraft es war, die ihn festhielt. Eher instinktiv erfaßte ich, daß er zu seiner Verteidigung das Messer aus dem Schurze gezogen hatte, neben dem Tomahawk die gefährlichste Indianerwaffe im Nahkampf.
    Im nächsten Augenblick verspürte ich einen Fußhieb gegen meinen Unterleib, gedämpft zwar durch das Wasser, doch geriet ich nun selbst aus dem Gleichgewicht. Ich fing mich zwar wieder, meinen jungen Freund nicht aufgebend, aber keinesfalls durfte ich zulassen, daß dieser einen zweiten solchen Versuch ausführte. Er unternahm eine Drehung, um sich mir zu entwinden. Ließ ich ihn gewähren, würde er Raum gewinnen und eine Gelegenheit finden, mich abermals zu attackieren, diesmal vielleicht nicht mit dem Fuße, sondern mit seinem Messer.
    Diesem unfreundlichen Bestreben galt es zuvorzukommen.
    Wie man weiß, ist meinem Jagdhieb niemand gewachsen. Sein ganzes Geheimnis liegt gleichermaßen in der Geschwindigkeit wie auch in der enormen Kraft, die ich jeweils für den Bruchteil einer Sekunde in ihn lege. Wem so meine Faust ans Schädelbein fährt, der ist außer Gefecht gesetzt. Es versteht sich aber von selbst, daß dieser Kraft im Wasser oder gar darunter die bekannten physikalischen Gegebenheiten entgegenwirken. Indes habe ich mit den Jahren eine spezielle Technik entwickelt, die es mir erlaubt, im Notfall – und dies war ein solcher – das gewünschte Ergebnis dennoch zu erzielen. Es ist natürlich ein Kniff dabei,

Weitere Kostenlose Bücher