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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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unterwegs, der sich einen ehrenhaften Namen und eine Stellung unter den Seinen noch verdienen mußte. Sein vorsichtig schweifender Blick fiel auf, welcher erst nach mir und Winnetou, dann nach den Pferden ging. Zuerst wollte ich denken, Vogel sei es um sein eigenes Tier zu tun, das zwischen den unseren graste und »mitgefangen« war. Doch das Forschen galt mehr den Schäften unserer Gewehre, die jeweils noch am Sattel von Iltschi beziehungsweise Hatatitla hingen: die Silberbüchse mit ihrem Silbernagelschaft, der Henrystutzen mit dem ausladenden Repetierhebel, der Bärentöter mit dem ellenlangen Doppellauf – die Wirkung unserer Waffen auf Vogel war bemerkenswert.
    Anstatt in seinem – übrigens sehr melodischen – Idiom fortzufahren, welches den Sioux zuzurechnen ist, wechselte er ins Englische, wohl um mir, dem Weißen, zu imponieren. Es war ihm anzumerken, wie stolz er war, diese für einen Indianer vergleichsweise schwierige Sprache bereits fließend und sogar mit nur kaum merklichem Akzent zu sprechen.
    »Uff, uff!« rief er aus. »Es ist der Häuptling der Apachen und sein weißer Bruder, welche den Sohn Adlerkralles gefangen haben.
Obwohl sie ihn töten könnten, geben sie ihm sein Messer und die Freiheit zurück und verzichten darauf, ihm den Skalp zu nehmen. Es stimmt also, was man über sie sagt; sie töten nicht blindlings und üben Großmut mit ihren Feinden. Für Vogel ist es keine Schande, sondern eine Ehre, von Winnetou und Old Shatterhand besiegt worden zu sein!«
    Eine solch markante Rede hatte ich dem jungen Mann nicht zugetraut. Er war also nicht nur mutig, er war auch schlau. Zwar selbst noch ohne richtigen Namen, hatte er geschickt den seines Vaters erwähnt und sich gewissermaßen zusätzlich unter dessen Schutz gestellt. Dessen freilich bedurfte es nicht; Winnetou und ich entboten Vogel den Friedensgruß, indem wir jeder die flach ausgestreckte rechte Hand erhoben, was er sogleich erwiderte. Um der Situation den letzten Ruch von Feindseligkeit zu nehmen, ließen Winnetou und ich uns auf dem bemoosten Boden nieder. Auch diesem Beispiel folgte Vogel.
    Nach einer kurzen Weile, während der geschwiegen wurde, übernahm Winnetou das Reden.
    »Winnetou erinnert sich an Adlerkralle. Schon lange ist er der Friedenshäuptling der Upsarokas. Stets hat er um Frieden zwischen den roten und den weißen Männern gerungen und war auf Einheit bedacht. Daß Vogel sein Sohn ist, läßt Winnetou hoffen, dieser möge neben Adlerkralles Tapferkeit auch dessen Klugheit geerbt haben. Sie kann auch ihn zur Weisheit führen.«
    Das war ein hochmögend formuliertes Willkommen von seiten des Apachenhäuptlings.
    Die Wirkung zeigte sich dahingehend, daß Vogels Körper noch im Sitzen um ein Fingerbreit wuchs; der Wohlklang und die Bedeutung von Winnetous Worten ließen ihn sich innerlich auf die Zehenspitzen stellen. Damit war klar: Nicht der Upsaroka hatte sich bei uns eingeführt, wir waren es, welche die letzten Bedenken des jungen Häuptlingssohnes zerstreut hatten. Damals ahnten wir noch nicht, daß diese Reverenz einmal ein Leben retten würde.
    Aller indianertypischen Zurückhaltung zum Trotz berichtete
Vogel nun, daß er sich, wie von uns vermutet, auf Kundschaft befunden und sich deshalb in die Nähe der Schoschonen gewagt habe. In jener Zeit, da die Weißen bei der Eroberung neuer Territorien gezielt die Entzweiung der roten Völker betrieben, war solches Kundschaften zwischen den Stämmen alltäglich; immer kürzer währende Friedensperioden wechselten immer häufiger mit blutigen Kriegszügen ab, Rot bekämpfte Rot. Während sie sich metzelten, schlugen die Weißen ungestört Eisenbahnschienen durch heilige Berge und über ewige Schluchten; auf den Bohlen ganzer Wälder fuhr der hemmungslos geplünderte Reichtum in die wuchernden Städte des Ostens. Gegen den sogenannten Fortschritt der Weißen kamen die Roten mit ihren Pfeilen und Mustangs nicht an. Schließlich sagte der Upsaroka:
    »Vogel strebt nach einem Namen, der eines Mannes würdig ist. Auch strebt er nach einer Medizin, die den Brustbeutel füllen wird, welcher im Tipi seines Vaters für ihn bereitliegt. Erst wenn Vogel beides gefunden hat, wird er zu seinem Stamm zurückkehren, und wenn der Große Geist ihm gnädig ist, wird er ein Totem 54 sein eigen nennen!«
    Damit war es an mir, dem Indianerjungen etwas Aufmunterndes zu sagen.
    Das war nicht einfach, weil ich es ja gewesen war, der ihn überwältigt, wenngleich dadurch vor dem Ertrinken

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