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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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allerdings einer, welcher
sich zwar leicht zeigen, aber nur schwer beschreiben läßt. Gern führte ich ihn dem Leser einmal vor, doch bedürften wir dazu eines gläsernen Beckens, um alles deutlich zu machen, ferner eines Freiwilligen, der bereit wäre, sich als Anschauungsbeispiel von mir in Morpheus’ nasse Arme schlagen zu lassen. Ich bitte deshalb, sich mit der Beschreibung des Folgenden zufriedenzugeben.
    Ich zögerte keine Sekunde. Den sich auf und über mir Schlängelnden mit einem einzigen solchen Wasserhieb auszuschalten wurde mir leicht, denn ich umfaßte, dies vorausgeschickt, mit einem Arm beinahe seinen Oberkörper, welchen ich mit einer einzigen ruckartigen Bewegung halb aus dem Wasser hob und dabei selbst hinterhersetzte. Exakt am Scheitelpunkt unser beider Aufsteigen, kurz vor dem unvermeidlichen Wiedereinsinken in das nasse Element, ließ ich aber von dem Verdutzten ab. Diese kaum halbsekündige Freiheit nutzte ich, um sozusagen auf dem Trockenen mit der Faust auszuholen.
    Die Wirkung dieser List war buchstäblich niederschmetternd.
    Im Nu erschlaffte der angespannte Körper meines Gegners und glitt mit mir zurück ins Wasser. Den nunmehr Bewußtlosen mit mir führend, tauchte ich wieder auf. Ich brachte mich aus der Rücken- in die Brustlage und ging in ein halbes Kraulschwimmen über, wie ich es in Schuljungentagen oft geübt hatte.
    So gelangte ich, ungefähr eine Meile flußabwärts, ans Ufer, wo Winnetou schon wartete, um meinen Fang mit eisernen Händen entgegenzunehmen.

    Eine Weile später fanden wir uns auf einer Lichtung wieder.
    Diese war, dem Flusse zu, mit angeschwemmtem Treibholz eingefaßt, doch nach der Ebene hin von einem Mischwäldchen aus Espen und Birken umgeben. In den Rücken konnte uns also niemand fallen, Zugang zum Wasser hatten wir auch, und wer immer sich uns näherte, würde von uns schon von weitem bemerkt werden  – ein idealer Lagerplatz.

    Unseren Pferden hatte sich ein drittes hinzugesellt, was mich wenig überraschte: Während ich den jungen Indianer sowohl gerettet als auch unschädlich gemacht hatte, war Winnetou auf die Suche nach dessen Tier gegangen. Rasch hatte er es aufgespürt, und nachdem er zusätzlich die Umgebung nach womöglich weiteren Indianern abgesucht, aber nur Spuren dieses einen hatte finden können, war er circa eine Meile flußabwärts gezogen, keinen Augenblick darüber im Zweifel, daß ich mich dort wie zu einem Rendezvous einfinden würde.
    Und tatsächlich, wir standen wieder traut nebeneinander. Die Sonne trocknete mich zügig, und ich begann bereits wieder mit dem Ankleiden.
    Nachdenklich ruhten unser beider Blicke auf dem bewußtlosen Jüngling.
    In fast vollständiger Blöße, hingestreckt auf dem Rücken, lag er vor uns im Grase und dämmerte noch. Nun erst sah ich, daß er von der Ausgestaltung seines Körpers her schon nicht mehr unter die Knaben zu zählen war, zu den Männern aber auch noch nicht; in seinem ebenmäßigen, noch etwas weichen Gesichte schien er auf dem Wege dorthin zu sein. Auch ihm leckte die nur mittags noch kräftige Sonne das Wasser von der geschmeidigen, hellbronzenen Haut. Die bereits ansehnlich gewölbte Brust hob und senkte sich dabei gleichmäßig, indes die konkav eingeschnittene Magengrube sich jeweils tief öffnete.
    Sowohl die schmalen Hüften als auch die strammen, sehnigen Schenkel zeigten nicht eine Spur von Fett – dies war ein Körper, wie er zu jener Zeit für die männlichen Eingeborenen Nordamerikas noch typisch war, nebenbei bemerkt auch für viele der Siedler und Trapper unter den »Bleichgesichtern«. Einem Roten glich der Torso eines Weißen aber nur dann, wenn man, wie ich, zu den gleichen Entbehrungen, den gleichen Anstrengungen, den gleichen Schmerzen bereit war, wie das Leben in der Wildnis sie nun einmal forderte. Die Natur nährt ein jedes ihrer Geschöpfe nach Kräften, doch verwöhnt oder mästet sie kein einziges. So etwas wie
einen dicken Kojoten, einen schwergewichtigen Bären oder einen fettleibigen Indianer gab es im Wilden Westen nirgends zu sehen. Welch ein Jammer heute, die von Alkohol und schlechter Nahrung gezeichneten Nachkommen der Eingeborenen zu sehen, die sich in den Reservaten und in den endgültig von den Weißen okkupierten Naturräumen herumdrücken, falls man überhaupt noch von echten Indianern sprechen kann.
    Jener nun, der noch keine Feder in seinem bläulich schimmernden, langen schwarzen Haar trug, keinen Schmuck um den schönen langen Hals oder an den

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