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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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begründen?«
    »Allerdings, Master. Wo sonst als unter Gottes freiem Himmel sollten die Indianer schneller zu mir finden? Der Wohlgeruch meiner fahrbaren Küche wird sie anziehen. Etwas anderes liegt nicht in meiner Absicht.«
    »Dann, lieber Freund, sollten Sie neben Seiher und Schöpflöffel auch Ihre Flinte bereithalten – Sie besitzen doch eine?«
    Anstatt uns eine solche vorzuzeigen, beendete der Koch seine Vorbereitungen. Er nahm die Schürze ab, legte sie weihevoll zusammen, und darüber sagte er:
    »Mögen sie immer kommen, meinetwegen in Haufen, die Indianer. Mich schrecken sie nicht, ich erwarte sie ja. Als Königlich Bayerischer Mundkoch spreche ich eine universale Sprache. Von jedem Menschen, der mit einem Gaumen ausgestattet ist und die Laute Ah und Oh hervorzubringen vermag, wird sie gesprochen und verstanden. Warum sollten ausgerechnet diese Naturkinder ihr nicht lauschen wollen? Zumal ich nicht mit eigenen Creationen zu renommieren gedenke; vielmehr meinen Lehrmeister, Herrn Johann Rottenhöfer, möchte ich hier draußen zitieren! Kommt man nämlich Theobald Hirtreiter mit Waffen, so
kommt er seinen Gegnern mit dessen ›Anweisung in der feineren Kochkunst‹. Wie Ihr wißt, Master, kenne ich diese auswendig, Seite für Seite.«
    »Nun gut«, schickte ich mich ins Unvermeidliche. »Sie wollen also den Indianern die nämliche Rezeptesammlung entgegenhalten, wenn Sie entdeckt werden?«
    »Besser als meine Doppelläufige, mit welcher ich mich natürlich versehen habe. Man hat von Friedens- und Kriegshäuptlingen gehört; auch schätzen die Roten ihre Medizinmänner – weshalb nicht auch mich als Koch? Vieles werde ich sie lehren! Wußtet Ihr, daß der König von Bayern die Renaissance-Küche liebt? Dabei war in früheren Jahrhunderten Fleisch gar nicht sonderlich beliebt. Die Bauern schlachteten die Kuh erst, wenn sie schon alt war und keine Milch mehr gab. Aber die Herrschaft bekam natürlich zu allen Zeiten das Beste! Master, die Rezepte aus jener Zeit sind unvergleichlich, ich kann es Euch beweisen. Zum Beispiel: Jungrindkappe mit karamelisiertem Gemüse! Es beginnt mit einem schönen Stück Rindfleisch; ich verwende Lende ohne Knochen oder gleich die kräftigere Hochrippe. An Gemüse brauche ich Wirsing, Mangold, Zwiebeln, ferner Kohl und Spargelstangen – – – «
    »Nichts leichter als das«, bemerkte ich mit Blick auf die gräserne Einfalt um uns her, aber Hirtreiter war nicht mehr einzufangen.
    » – – – dazu Kräuter der Saison, aus einem hübschen Mönchsgärtlein oder aus dem Haus eines tüchtigen Stadtgärtners – – – «
    »Wir verfügen nur über getrockneten Wapiti.«
    » – – – ferner Pflaumen und Walnüsse, Champagner und reichlich Madeira für das Sorbet – – – «
    »Wasser gibt es in den Flußläufen genug.«
    » – – – und zuletzt: Schlehenschnaps, selbstgebrannt! Ah, Master, das Kochen und alles Drumherum ist eine einzige Freude, die Indianer werden mich lieben!«
    Und mit dem gewitzten Lächeln und der bajuwarischen Ungezwungenheit, die ihm zu eigen war, setzte Hirtreiter zu einer denkwürdigen Rede an:

    »Rote Messieurs und Gentlemen, wo immer ihr steckt! Wir befinden uns in der Heidelandschaft eures unermeßlich weiten Landes, und wie ihr strebe auch ich nach Frieden. Da wird es das Beste sein, wir delektieren uns an dem Köstlichsten, was der Herrgott oder Manitou dem Menschen zu geben haben: der Küche Frankreichs und Bayerns! Voilà, auf geht’s – ich bereite uns, wie neulich im Boarding House, eine zünftige Jagdsuppe mit wilden Tauben, purée de pigeons sauvages à la chasse! Die Zubereitung nach Rottenhöfer ist leicht: Nachdem man auf die Person je drei Wildtauben gut gereinigt, flammiert, ausgenommen und rein ausgewaschen hat, werden die Brüstchen herausgelöst, die Haut abgezogen und von diesen eine feine, aber haltbare Farce gemacht; das Gerippe von den Tauben wird etwas gehackt und mit einem guten Kilo in Stücken geschnittenem Rindfleisch sowie einem weiteren Kilo Kalb- und einem Pfund magerem Hammelfleisch vermengt, ferner – – – «
    »Warten Sie!« unterbrach ich ihn. »Wo soll denn ein Wildläufer, rot oder weiß, exakt diese Fleischsorten und solche genauen Mengen hernehmen? Die Täubchen gibt die Prärie vielleicht her, aber sehen Sie hier ein einziges Stück Rind, erst recht ein Kalb oder einen Hammel? Außer Bisons werden Sie kein solches Tier finden, doch deren Besuch wünschen Sie sich lieber

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