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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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fragen, meine oder unsere Erlaubnis zu Hirtreiters verwegenem Wunsche gegeben hatte.
    Eine Weile verging, und die Liesl wurde abgeschirrt, dafür aufgezäumt und gesattelt. Ein vergleichsweise bescheidenes Bündel auf ihrem Rücken verriet, daß Hirtreiter aus seinen »unverzichtbaren« Kostbarkeiten nur das Nötigste gewählt hatte. Als eine Stunde später die Sonne sank und die Ebene in ein versöhnliches Licht tauchte, sagte ich ebenso versöhnlich zu Hirtreiter, den Winnetou und ich in unsere Mitte genommen hatten:
    »Ich freue mich, daß Sie vernünftig geworden sind, aber vielleicht wäre mir die Entscheidung, Sie von Ihrem Küchenrat zu trennen, schwerer gefallen, wenn Sie mit dem Kochen schon begonnen hätten – wo waren denn die Täubchen, das Rind, das Kalb, der Hammel?«
    »Ach Master, Ihr spottet über mich. Allein esse ich nur kalt. Wie man sich vieles imaginiert, so habe ich mir manches von meinem König abgeschaut. Gedeckt hatte ich ja für die vier größten nur denkbaren Ehrenmänner, selbst wenn ein jeder absent war: für Seine Majestät, für Euch, für Winnetou und nicht zuletzt für einen, ohne den ich nicht hier wäre.«
    »Ich nehme an, dieser vierte wäre niemand anderes gewesen als Ihr legendärer Johann Rottenhöfer?« sagte ich spitz.
    Das war das Zauberwort! Mit der Nennung dieses Namens löste sich aller Kummer über den Verlust von Wagen, Porzellan, Silber und Tafelwäsche auf, und frei nach der alten österreichischen Weise jauchzte der Bayer:
    »Verkaufts mei Gwand, i reit in’ Himmel – Master, ich habe Euch und Winnetou an meiner Seite! Die Liesl hat ihren Kopf noch einmal in den Hafersack gesteckt, meine Gewürze konnte ich retten, und die Spitze meines Hutes zeigt in die richtige Richtung: Führt mich in den Wilden Westen! Helft mir, die Küche der Indianer zu entdecken, und Euer Ruhm soll in allen Töpfen schmurgeln!«

    Weil wir uns vor Einbruch der Dunkelheit noch möglichst weit von der weithin sichtbaren, zurückgelassenen Pritsche entfernen mußten, gaben wir unseren Tieren die sporenlosen Fersen in die Flanken. Hei, wie wir dahineilten! Wohl eine Viertelstunde ging es gestreckt über die Prärie, in die nahe Nacht hinein, ein jeder den Körper tief nach vorn geduckt, mit dem Gesichte beinahe in die Mähne seines Pferdes tauchend; gleich Pfeilen flogen wir dahin.
    Als Winnetou und mir eine genügende Strecke zurückgelegt worden zu sein schien, gaben wir den Galopp auf. Im letzten Büchsenlicht war in einer Senke, die von den Scheitelseiten dreier dichtbewachsener Hügel begründet wurde, ein geeigneter Lagerplatz gefunden. Hier durften wir uns erlauben, ein Feuer anzuzünden, denn obgleich wir kaum auf »Täubchen« rechneten, sollte Hirtreiter doch die Gelegenheit erhalten, uns ein wenig mit seinen Künsten zu verwöhnen. Dies Kalkül hatte ich auch, um Winnetou zu beweisen, daß er seine Nachsicht an keinen Unwürdigen verschwendete.
    Dann kam die Nacht.
    Am Firmament hatte der, der alles lenkt, tausend Kerzen für uns angesteckt, just darunter saßen wir. Ich blickte über die Flammen unseres nur niedrig brennenden Feuers und sah auf Winnetou, dem gegenüber der Mundkoch Platz genommen hatte, so daß wir ein Dreieck bildeten.
    Was da zwischen uns gesprochen wurde, was wir uns zu sagen hatten?
    Menschen, die gemeinsam die Prärie durchstreiften, bedurften nicht vieler Worte, weder in dem kehligen Mescalero-Dialekt, welcher Winnetous ureigenster war, noch in dem weichen Bairisch, dessen Hirtreiter sich befleißigte, noch in der gewiß schönsten aller Sprachen, meinem geliebten Hochdeutsch.
    Wir schwiegen also und genossen, dankbar zu den Sternen aufsehend, einen Zustand reinsten Glücks.

    Ein paar Tage waren vergangen.
    Nachdem Hirtreiter zu uns gestoßen war, hatten wir uns mehr denn je von den Flußufern ferngehalten, was in Wyoming, diesem flußreichen Territorium, kein leichtes war. Dieser war von einem ganzen Aderngeflecht von Flüssen durchzogen, auf unserer Strecke waren das, wie schon erwähnt, zunächst der Cheyenne River und der Lightning Creek, diesen folgte der North Platte River und der Sweetwater. Nun, nach einer längeren gewässerarmen Etappe, hielten wir bereits auf den Bitter Creek zu. Ihm würden wir an den Green River bis zu dessen Zufluß in den sich wiederum teilenden Big Sandy River folgen, den Ocean Lake berühren, um uns mit Washburn zu vereinigen, und dann gemeinsam den Wind River bis an die Ufer des Yellowstone Lake hinaufziehen.
    Seit

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