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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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hoch dieselben hierzulande zu wachsen pflegen?«
    »Ich weiß es, Sir, aber Ihr könnt nicht sehen, daß Ihr Euch aus der Gegend, in der es Bäume gibt, entfernt habt. Wir haben Euch beobachtet, Ihr lieft immerzu im Kreise. Außerdem, der Grizzly ist ein vorzüglicher Kletterer. Nicht Sicherheit hattet Ihr auf Eurem Baume, nur Glück – und den Schutz Gottes!«
    »Oh, geht mir mit Gott! Wie habe ich seinen Schutz eingefordert, erst höflich, dann eindringlich. Gedroht habe ich ihm, mir unverzüglich seine Hilfe zu erstatten, ihn sogar angeschrieen, zu ihm hinaufgetobt in seinen vermaledeiten Himmel! Daß Ihr hier seid, hat mit ihm nichts zu tun.«
    »So, meint Ihr?«
    »Ja, das meine ich. Old Shatterhand, ich verdanke Euch meine Rettung; der Staat Montana wird sich erkenntlich zeigen. Ich ersuche Euch, mich schnellstmöglich zu Mister Washburn zu bringen, ohne mich kommt er nicht zurecht. Selbstverständlich wird Euch Euer Aufwand ersetzt. Doch zunächst, habt Ihr nochmals Wasser, vielleicht auch etwas zu kauen?«
    Man sieht mich nicht leicht verlegen, aber hier war ich es.
    Mit welch groben Worten lästerte dieser Mensch dem Schöpfer, was nahm er sich heraus, ihm wie einem säumigen Schuldner zu drohen! Von sich selbst, der auf Grund seiner Ungeschicklichkeit nur noch Haut und Knochen war, hatte er die irrige Meinung, ohne ihn könne jemand wie Washburn sowie seine Begleiter nicht zurechtkommen, und auch mich, einen freien Mann, der ihm zur Rettung geeilt war, fertigte er ab wie einen Dienstboten! Das
konnte ich nicht zugeben, so schwächlich der Mann auch war. Buchstäblich ins Gesicht sagte ich ihm:
    »Sir, falls Euch nur wenig über mich und Winnetou bekannt ist, so hoffentlich dies, daß wir freie Leute sind. Auf unsere Hilfe darf ein jeder in Not Geratene zählen, doch nicht, damit ein Staat sich erkenntlich zeige, wie Ihr sagt, oder man uns irgendwelchen Aufwand ersetze! Über mich werdet Ihr gehört haben, daß ich gottesfürchtig bin. Eure Ausdrucksweise finde ich daher abscheulich, denn eine größere Hilfe konnte der liebe Gott Euch gar nicht senden als Winnetou und Old Shatterhand, die wir uns Euren Schutz angelegen sein, aber nicht befehlen lassen, dies merkt Euch!«
    Damit ließ ich Everts stehen und ging zurück zu meinem Pferd, nicht jedoch, wie man denken könnte, um auf und davon zu reiten und den Alten seinem Schicksale zu überlassen. Vielmehr löste ich auch noch die zweite Wasserflasche und brachte sie dem vor Erregung oder auch Schwäche Zitternden.
    Wie schon die erste, trank er auch diese meine zweite Flasche auf ein paar Züge leer. Die letzten Tropfen kippte er sich in die aufgehaltene Hand und fuhr sich damit über das sonnverbrannte Gesicht. Zudem zupfte er mit einigen unbeholfenen Bewegungen am Rest seines Gewandes, jedenfalls um sich »offiziell« zu machen. Wie tief mußte das Beamtentum in diesem Menschen stecken, daß er sich, kaum dem Tode entronnen, schon wieder dienstlich gab. Ruhiger, »gemessener« als zuvor sagte er zu mir:
    »Daß ich Kontributionen einsammle, wißt wiederum Ihr von mir?«
    »Ja, Ihr sagtet es schon. Steuereintreiber seid Ihr.«
    Everts’ Gesicht wurde noch röter.
    »Gefällt Euch meine Tätigkeit nicht? Euer Ton legt das nahe!«
    »Wenn man hört, wie das Einsammeln vielerorts vonstatten geht, kann man schwerlich Gefallen daran finden.«
    »Mister Shatterhand, spart Euch das Geschraube! Steuern müssen sein; wer sie nicht oder unpünktlich bezahlt, soll sehen, was er davon hat!«

    »Wie gut, daß Ihr bei mir keine solche Pflichten zu versehen habt.«
    »Meint Ihr?« Auf dem von Anstrengung und Entbehrung gezeichneten Gesicht erschien ein verächtlicher Blick.
    »Mister Everts, nehmt zur Kenntnis, ich bin Deutscher oder vielmehr Sachse.«
    »Oho, Mister Shatterhand, und da glaubt Ihr, der hiesigen Gesetzgebung nicht genügen zu müssen? Bitte nehmt zur Kenntnis, daß auch Ihr für jeden Dollar, den Ihr einstreicht, Steuern zu entrichten habt. Wie man weiß, schreibt Ihr Bücher und Artikel, auch reist Ihr durch die Lande, das muß man sich leisten können. Eure Revenuen 55 würde ich gern einmal prüfen! Ich habe nämlich die Aufgabe übernommen, das fiskalische Element in die Wildnis zu bringen, weil sie erst dadurch zur Zivilisation wird. Der Steuereintreiber, wie Ihr sagt, ist überhaupt viel wichtiger als der Sheriff, der Anwalt, der Richter, wichtiger auch als Bäcker und Schneider, Weber und Maurer, Steinmetz und Tischler! In mir seht Ihr nur die

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