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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Vorhut, meiner Person folgt ein Schwarm tüchtiger Beamter, die genauso denken. Alles in diesem Land, bis hinauf zum Yellowstone, werden wir aufzeichnen. Jedes einzelne Haus kartieren wir, noch die letzte Scheune, den kleinsten Schuppen, denn ich bin das Auge des Steuergesetzes, ohne das kein staatliches Gefüge bestehen kann. Erst wer Steuern eintreibt, verhilft dem Gesetz zur Geltung. Da habt Ihr meine Bedeutung, Old Shatterhand. Indem Ihr mich gerettet habt, macht Ihr Euch verdient, aber Steuern zahlen müßt Ihr trotzdem!«
    Hatte ich richtig gehört – Everts wollte mir Steuern abpressen? Er bezeichnete sich als Auge des Gesetzes, war aber mindestens gegenwärtig blind? Ärgerlicher, als ich es zeigen wollte, entgegnete ich ihm:
    »Sir, vielleicht zieht Ihr es vor, ein wenig auszuruhen, ehe wir über solche Belange sprechen. Meine Revenuen, wie Ihr sie nennt,
sind seit jeher Sache des sächsischen beziehungsweise des Dresdner Schatzamtes. Dieses gehört wohl kaum zu Eurem Sprengel.«
    »Werdet nicht schmallippig«, grinste Everts. »Dazu habt Ihr keinen Grund. Glaubt Ihr, ich wäre undankbar? Ich weiß Eure Hilfe zu schätzen und sichere Euch deshalb zu, daß Ihr zum Ausgleich bis auf weiteres unbehelligt bleiben sollt. Verdient Euch meinetwegen eine goldene Nase, von mir habt Ihr nichts zu befürchten.«
    Ich konnte nicht anders, als mir Everts’ Grinsen zu borgen.
    »Nehmt wiederum meinen Dank, Sir, daß ein Mann, der den Henrystutzen und den Bärentöter, zwei Revolver sowie ein Messer bei sich trägt, von Euch nichts zu befürchten hat.«
    »Ist das eine Drohung? Wollt Ihr einem Beamten der Regierung der Vereinigten Staaten böse Worte geben?«
    »Ob Regierung, ob Beamter, das ist einerlei. Ich gebe nur das Echo zurück, welches Eure Worte in mir auslösen. Ihr habt vom Gelde angefangen, nicht ich.«
    »Ich habe Euch doch gesagt, daß ich zum Dank für Eure Hilfe über alles andere hinwegsehen werde!«
    »Alles andere? In dieser Weise habt Ihr es nicht gesagt. Ich wundere mich, was für ein erstaunliches Amt Ihr bekleidet. Es scheint Euch zu erlauben, nach Gutdünken Steuern zu erheben oder unter den Tisch fallen zu lassen. Da möchte ich nicht derjenige sein, dessen Tisch zu niedrig ist, denn die Steuern, welche Ihr mir zu ersparen gedenkt, gehören doch, wenn alles mit rechten Dingen zugeht, dem Staate. Bei mir wollt Ihr großzügig auf Abgaben verzichten, um Euch von Eurer persönlichen Schuld freizukaufen!«
    »Mister Shatterhand!«
    »Mister Everts!«
    Aus den Ohren und aus der Nase des Alten dampfte es geradezu. Er war nicht nur ein widerwärtiger Zeitgenosse, er hatte auch einen Charakter, der es ihm selber schwermachte aufzustecken. Aber er besann sich oder tat wenigstens so:
    »Ach, wozu streiten? Ihr habt Eure Aufgabe zu erfüllen und ich
die meine. Beiden geht es uns um den Erkundungsauftrag von Mister Washburn. Mag bei Euch Kontributionen eintreiben, wer will; Truman C. Everts läßt sich nicht nachsagen, ein undankbarer Tropf zu sein. Was ist nun? Wollt Ihr mich hier stehenlassen, oder darf ich auf Eure Hilfe hoffen?«
    »Es versteht sich von selbst, Mister Everts, daß Ihr mit uns kommt. Aber bei nächster Gelegenheit trennen sich die Wege.«
    Auf meinen Hatatitla wollte ich den Kerl nicht nehmen. Hirtreiter übernahm es, ihn hinter sich, auf die knochige Liesl zu setzen, wo er sich an ihm festzuhalten hatte. Von Winnetou hörte ich zu dem Vorgefallenen kein einziges Wort, nicht einmal sein typisches »Pshaw!«, wenn er etwas oder jemand verachtungswürdig befand. Wie ich selbst schickte er sich in die Notwendigkeit, Everts mitzunehmen. Auf besonderes Entgegenkommen durfte er aber nicht rechnen.
    So ritten wir weiter, Winnetou wieder voraus.
    Kurze Zeit später, unweit der Stelle, an der wir Everts gefunden hatten, stießen wir auf einen günstig gelegenen, dicht bewaldeten Bachlauf, an dem wir die Nacht lagern konnten. Allerdings steigerte sich der Widerwille von uns dreien gegen Everts, als deutlich wurde, daß er, der seine Gier mit einem Regierungsamt bemäntelte, sich als unfähig erwiesen hatte, Wasser und damit Rettung in einem Umkreise von kaum zwei Meilen zu finden.
    Als erstes wurde beschlossen, daß ich Hirtreiters Wache übernehmen würde, denn er war zu unerfahren, um etwaige Anzeichen von Gefahr zu erkennen. Zusätzlich ging Winnetou auf Spurensuche rund um das Lager. Die Dämmerung und die schnell hereinbrechende Nacht waren ihm dabei nicht Hindernis, sondern Vorteil, weil er

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