Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
Vom Netzwerk:
Gürtel mögen dir fremdartig erscheinen, doch einem Westmanne sind sie vertraut und unentbehrlich; ich werde dir ihren Nutzen und Gebrauch noch erklären. Und anstatt eines Fez trägt man hierzulande Hüte wie diesen. Er besteht aus Kaninchenfilz, hält den Wind und die Sonne ab, kühlt oder wärmt, je nachdem, den Kopf, und man kann damit Wasser schöpfen. Gern verschaffe ich dir auch solch eine Kostümierung.«
    Heftig nickend, nach arabischem Brauch also verneinend, antwortete Halef:
    »Sihdi, deine Rede verwundert mich. Sind nicht Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand ein und derselbe? Ich weiß ja, du sprichst die Sprachen aller Völker, du benennst ein jedes Ding bei seinem Namen; alle Wissenschaften kennst du und bist ein großer Arzt, dazu ein unfehlbarer Schütze, ein gewaltiger Ringer, ein ausdauernder Läufer, ein tüchtiger Schwimmer, der beste Reiter, den ich jemals sah, aber auch ein unerhörter Streiter mit Messer, Säbel, Lanze sowie – – – «
    »Halte ein, Halef, halte ein! Zuviel Lob verdirbt den Menschen. Für jetzt nur soviel: Wenn Kara Ben Nemsi aus der Wüste deiner Heimat nach dem Wilden Westen kommt, übernimmt Old Shatterhand, und umgekehrt. Die Kleidung wechselt, denn sie hat jeweils anderen Anforderungen zu genügen, ebenso Waffen, Ausrüstung,
Pferd und Sattelzeug. Der Mann aber, da sei unbesorgt, bleibt immer derselbe – ich bin auch hier dein lieber Freund und Sihdi! Aber hast du nicht bemerkt, wer sich neben dir befindet, um dich gleichfalls zu begrüßen?«
    Bislang schien Halef tatsächlich nicht der Gegenwart Winnetous gewahr worden zu sein, obwohl er doch schon eine Weile an seiner Seite stand. Jetzt spürte er die Nähe des Apachen, spürte sie mit allen Anzeichen von Ehrfurcht, wie ich sie zuletzt bei Hirtreiter erlebt hatte. Seine Bewegungen verlangsamten sich, er erstarrte geradezu. Er blinzelte wie geblendet in Winnetous Augen, aus denen es ihm warm und sanft entgegenglänzte. Als schließlich Halefs Arme wie nicht länger zu seinem Körper gehörend matt und schlaff von ihm herabhingen, da war er in eine Tagträumerei gefallen, die gewiß der schönsten Fata Morgana gleichkam.
    Und doch bewegten sich Halefs Lippen. Wie wenn ein Kind mit seinem Sprachwerkzeug um die Ausformung einzelner Silben rang, so kämpfte Halef mit ein paar Worten, die er schließlich doch bezwang und aus seinem offenstehenden Munde herauspurzeln ließ:
    »Aber – du – hast – ja – gar – keinen – Schnurrbart!«
    Wie auch immer Halef sich Winnetou vorgestellt hatte, dieser stand nun vor ihm. Der Apache faßte nach einer der herrenlosen, arabischen Hände und drückte sie sanft. »Der Mann namens Halef fürchtet sich nicht. Er ist der Bruder Scharlihs und also auch Winnetous Bruder. Sein Herz ist beglückt, der Wüstenseele von Old Shatterhand zu begegnen. Er ist mir als tapferer Krieger beschrieben worden, und Winnetou hat selbst gesehen, wie ausdauernd er zu kämpfen vermag. Mein Bruder Halef mag uns begleiten, auf daß wir einander beistehen und liebgewinnen!«
    Wie war ich stolz auf Winnetou – »Wüstenseele« hatte er Halef genannt, wohl um auszudrücken, wie sehr er dessen Treue zu jenem Kara Ben Nemsi schätzte, welcher Old Shatterhand in Arabien war, seine Treue zu mir, zu »Scharlih«.

    Gewärmt von so viel Güte, kehrte Halefs Wachheit zurück.
    Sein Gesicht blieb zwar noch für einige Zeit Ausrufe- und Fragezeichen, aber um seiner Gefühle Herr zu werden, wollte er irgend etwas tun, und so begann er, zwischen den Felsen hin und her zu laufen, immer zwischen mir und Winnetou. Als er sich dabei einmal von uns abwandte und gegen die Felsen blickte, bemerkte er, daß das Fräulein Alma, welches sich bisher ferngehalten hatte, neugierig zu uns dreien herübersah. Erlöst lachte er, und stolz wie ein Wiener Kaffeehausbesitzer machte er eine gönnerhafte Gebärde, indem er eine seiner gerade noch teilnahmslos gewesenen Hände auf die junge Frau richtete und sie mit der anderen einlud, uns näher zu treten:
    »Sihdi, Winnetou, darf ich vorstellen: Das ist das Fräulein Alma!« – – – –

VIERTES KAPITEL
Ma-ta-weh
    Ein guter Erzähler, heißt es, darf nichts vor der Zeit verraten. Wie beim Galopp eines Pferdes muß er den Leser von Anfang an in Atemlosigkeit versetzen und mit allen Mitteln in diesem Zustande halten, weil sich nur so das Lesevergnügen steigern läßt – heißt es.
    Ich halte nichts von solchen Regeln. Old Shatterhand wie Kara Ben Nemsi, beide reiten wir,

Weitere Kostenlose Bücher