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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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beglückwünschten wir das Mädchen zu seiner Tat.
    »So ein kuraschiertes Dirndl, und ein so fesches!« freute sich Theobald Hirtreiter.
    »Du Glückliche, du Auserwählte, du Tochter Chadidschas 66 !« freute sich Halef nicht minder.
    »Und ich, ich muß Abbitte leisten«, sagte ich und nickte Alma gleichfalls anerkennend zu. »Ich glaubte Sie schon verloren, weil ich für einen Augenblick zu sehr mit dem Kampf beschäftigt war. Aber Sie bedurften meines Schutzes nicht, denn Sie kämpften wie ein Mann – ich sage: wie ein Westmann. Freut Sie das?«
    Natürlich freute es sie! In ihren Augen glänzte und funkelte es, und ihr Mund zeigte das wärmste, glücklichste Lächeln. Weil wir Männer uns niedergesetzt hatten, um einander die kleinen Wunden, die ein jeder davongetragen hatte, zu verarzten, setzte auch sie sich zu uns, den erbeuteten Bogen in den zarten, unberingten Händen, die eben noch so fest zugepackt hatten. Ob ihr bewußt war, was für ein Mordinstrument diese Indianerwaffe war?
    Natürlich hatte ich nicht im Kalkül, sie zu schulmeistern, aber ich fühlte mich verpflichtet, ihr ein paar erklärende Worte zu sagen.
    »Dieser Bogen besteht aus Hickory, aus dem Holze der Haselnuß«, begann ich. »Die Sehne ist aus fünfzehn bis zwanzig miteinander verzwirbelten Tiersehnen gedreht. Für gewöhnlich
stammt sie vom Rothirschen, aus dessen Haut auch der Köcher gefertigt ist. Es bedarf schon einer Zugkraft von vierzig bis fünfzig Pfund, einen solchen Bogen zu spannen – erstaunlich, Alma, wieviel Kraft Sie haben. Für die Enden der Pfeile werden Bussard-oder Habichtfedern verwendet, für die Spitzen mit Rindenpech eingeklebter Feuerstein. Wo möglich, nimmt man aber Eisenblech, wie hier. Es wird glattgehämmert, um damit zu jagen und den Pfeil mühelos aus dem Fleisch der Beute herausziehen zu können. Der Besitzer dieser Waffe hatte es freilich auf menschliche Beute abgesehen. Trotz allem eine wundervolle Arbeit und eine wertvolle Trophäe. Sie werden sich das gute Stück daheim aufhängen wollen, in der Nähstube, über dem Harmonium, über dem Spinnrad, über der Frisierkommode.«
    »Und warum nicht über dem Waffenschrank?« sagte Alma und lächelte nicht mehr. »Oder über der Hochzeitstruhe? Sie ist schon wohlgefüllt – – – «
    Was sollte ich sagen? Vor kaum einer Stunde hatte dieses Mädchen einen Indianer entwaffnet; jetzt fühlte ich mich selber so, insbesondere weil Alma hinzufügte:
    »Waffen! Mein Vater sammelt sie seit Jahren. Aus aller Herren Länder bringt er sie von seinen Ausgrabungen mit: Schwerter, Säbel, Degen, Macheten, Streitkolben, Wurfäxte, Schilde. Überhaupt sind Hieb-, Stich-, Schlag- und Stoßwaffen seine Leidenschaft, dazu Blasrohre und Armbrüste. Ständig kauft er Gewehre wie das meine und Flinten mit Lunten-, Stein-, Schnapp-, Rad-und Perkussionsschlössern, auch primitive Schleudern, Lanzen und Speere oder Bogen wie diesen. Inmitten solch freundlicher Gerätschaften sind wir aufgewachsen, meine Schwester Erna und ich – erschreckt Sie diese Aufzählung, Old Shatterhand? Sie ist keineswegs vollständig. Zu erwähnen wären auch – – – «
    »Fräulein Alma, gestatten Sie, daß ich Ihre Hand drücke? Mich erschreckt tatsächlich etwas. Etwas, was mich gleichzeitig erfreut. Erraten Sie, was ich meine?«
    Da schwieg nun sie, die Siegreiche, und die Gefährten widmeten
sich eifrig ihren Wunden. Vielleicht war sie auch nur enttäuscht, hatte sich der Ort, auf den sie sich gefreut hatte, doch als wenig romantisch erwiesen. Mehr denn je mußten wir uns sputen und aufbrechen, ehe der Nachmittag zum Abend oder gar zur Nacht wurde. Deshalb stand ich auf und reichte den Bogen zurück.
    »Lassen Sie uns das Gespräch ein andermal fortsetzen. Ob Lunten-, Stein-, Schnapp-, Rad- oder Perkussionsschloß, allzubald werden wir unsere eigenen Waffen gebrauchen müssen. Sie dürfen nicht denken, daß es nächstens auch so günstig für uns abgehen könnte wie neulich und heute. Nur eines wird bestimmt nicht mehr geschehen: daß ich Sie unterschätze.«
    So sprach ich zu Alma, und sie verstand. Obwohl wir uns in Feindesland befanden und bereits Kostproben von den Gefahren erhalten hatten, die noch auf uns warteten, schlug mein Herz wie zwischen Singvögeln und Festtagsglocken: einem solchen Mädel zu begegnen, einer solchen Heldin! Schon die Leichtigkeit, mit der sie sich, als wäre nichts geschehen, auf ihr Pferd schwang, machte mir die Welt zum Theater, zur Oper. Auf dieser

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