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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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diente, gab es zwischen uns die Frage nach Entlohnung. Wir wurden aber Freunde. Seither teilen wir alle Gefahren und Glückseligkeiten. Zum dritten: Die Jacht, auf der er aus Afrika herübergekommen ist, gehört mitnichten mir. Vielmehr steht sie im Eigentume eines Engländers, eines unglaublich reichen Lords. Dieser könnte ein deutscher Graf oder Baron oder Fürst sein, mich kümmert sein Reichtum nicht, folglich bekümmert er mich auch nicht. Und viertens und letztens: die Apachen. Sie leben, wie sie immer lebten, also ohne Geld. Dafür jagen, fischen und sammeln sie, und wenn sie müssen, kämpfen sie auch. Seit jeher sind die Indianer mit den Gaben der Natur zurechtgekommen, wir Weiße doch einst genauso. Dann aber kam das Geld in unser Leben, das ständige Begehren, der so bedeutsame Unterschied zwischen Besitz und Eigentum. Wie viele Seelen hat der Mammon schon verdorben – und wenn es das Schwerste ist, was Sie sich vorzustellen vermögen: Winnetou ist mein Blutsbruder! Zwischen uns gibt es keine Fragen nach Gold oder Geld. Was uns verbindet, ist über jeden Preis erhaben; was er und ich teilen, schwebt weit über den Niederungen der menschlichen Existenz. Freundschaft und Aufopferung sind mit Ziffern nicht zu ermessen. Wenn darum Ihnen, Milton Hayes, erst alles Kupfer gehört, sollten Sie vielleicht doch eines meiner Bücher erwerben. Die kleine Summe, die Sie dafür zahlen, wird postum meine Barschaft nicht mehren; diese ist so klein, daß niemand mich darum zu beneiden braucht. Zu Ihrer Enttäuschung: Old Shatterhand macht sich nichts aus Gulden und Talern, aus Rubeln, Dinaren oder Dollars. Allein die Liebe zu den Menschen und der Glaube an Gott bedeuten mir alles!«

    Mit diesen Worten, dachte ich, würde Hayes, wenn schon nicht bekehrt, so wenigstens belehrt sein. Seine Reaktion indes erstaunte mich aufs neue. Scheinbar gelang weilt, schlug er seine wie stets behandschuhten Hände gegeneinander; ein aufreizend lässiger Applaus, der mich ärgern sollte und es auch tat. Anschließend versenkte er seine Daumen wieder in dem patronenstarrenden Gurte und sah mich mit schiefgelegtem Kopfe an.
    »Ist das Beichthören damit zu Ende? Haben Sie der Welt nun alles gesagt, was es über Sie zu wissen gibt? Sterben Sie jetzt leichter, Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi oder wie immer Sie sich zu nennen belieben? Denn sterben werden Sie, das steht fest. Schade, daß an diesem See nicht ein wohlhabender Westmann sein Leben aushaucht; Ihren Worten zufolge wird es ein mittelloser Schreiberling sein, der hier krepiert, ein Illusionist, ein Tintensäufer, ein Träumer. Und doch – stürbe mit Ihnen nicht der frömmste, reinste Christenmensch, der je gelebt hat, Sie würden irgendwann reich werden. Doch was das Kupfer betrifft: Bedenken Sie, daß aus diesem Material auch Glocken gefertigt werden, für Kirchen und all die Schafe, die darin blöken!«
    Ich drehte den Kopf zur Seite. Ich konnte diesen selbstgefälligen Menschen nicht länger ertragen. »Wohlan, Hayes, denken Sie, was Sie wollen, aber lassen Sie mich jetzt allein. Gönnen Sie mir eine kurze Zeit der Sammlung; früh genug werden Sie sich daran weiden, einen Landsmann sterben zu sehen. In meinem Brustbeutel stecken ungefähr einhundert Dollar. Da Sie auf Geld so versessen sind, greifen Sie zu!«
    In der ihm eigenen Weise streifte Hayes’ Daumen über die höhnisch geschürzten Lippen. »Einhundert Dollar? Was um alles in der Welt soll ich mit einhundert Dollar! Meinetwegen verbrennen Ihre Kröten zusammen mit Ihnen am Pfahle. Mein Maßstab ist ein größerer.«
    »Ja, Hayes, ich sage Ihnen bravo! Stolz können Sie sein, wenn Sie dem Yellowstone die Felsen köpfen, wenn Sie dort die Geysire austrocknen, die Bisons dezimieren und die letzten Indianer
vertreiben, alles des Kupfers wegen. Ich kenne Ihre Pläne nicht, aber das eine weiß ich: Sie haben keinen Respekt vor der Schöpfung.«
    »Respekt?« lachte Hayes. »Umgekehrt ist es nicht anders. Mir hat die Schöpfung auch keinen Respekt bezeigt, nicht einmal Mitleid. Jahrelange Festungshaft hat mich zermürbt, mich zu einem einsamen, mittellosen Manne gemacht. Irgendwann, nach tausend Maskeraden und Verkleidungen, blieb mir nur, mich aus der Alten Welt fortzustehlen. Aber ich nutzte jede Gelegenheit, und deshalb beklage ich mich nicht. Sie sterben als kaum Dreißigjähriger, ich dagegen nähere mich den Sechzig und bleibe am Leben. Anstatt auf Reue setze ich auf Genuß. Mit den Millionen aus dem Kupfer und

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